61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)
sagte nichts.
Der alte Kerl fragte: »Ist’s einer von uns?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Chief Holland hat eine Versammlung einberufen. Kurz vor der Sirene. Kann mir sonst keinen anderen Grund vorstellen. Kann mir auch keine andere Methode vorstellen. Wie der Anwalt erschossen worden ist, mein ich, dann Mr. Peterson und nun Mrs. Salter. Alle drei leicht und schnell, einfach so. Das muss einer von uns gewesen sein. Und dann haben Sie gefragt, wer heute Nacht als Letzter in Position war.«
»Waren Sie selbst Cop?«
»Dreißig Jahre lang hier in Bolton.«
»Ihre Vermutung stimmt leider.«
»Ich wollte, ich bekäme den Kerl in die Hände!«
»Sie haben heute Nacht mit ihm gesprochen. Irgendwann. Kurz davor oder kurz danach.«
»Alle haben ganz normal geklungen.«
»Kennen Sie sie gut?«
»Nicht die neuen Männer.«
»War irgendwer besonders gut mit Mrs. Salter bekannt?«
»Das waren viele. Sie gehört zum Inventar … hat zum Inventar gehört.«
Elf Kilometer höher und sechshundertfünfzig Kilometer weiter südlich klingelte Platos Mobiltelefon erneut. Das Geld, das er von dem Russen kassiert hatte, war auf seinem Weg um die Welt. Von einem Staat zum nächsten, zwielichtig und von Mal zu Mal schwieriger zu verfolgen, eine automatische Weltumrundung, die fast sieben Stunden lang dauern würde. Irgendwo gab es immer Banken, die geöffnet hatten. Das Guthaben erschien auf einem Bildschirm in Hongkong und löste einen Code aus, der besagte, der Kontoinhaber sei zu benachrichtigen. Also wählte der Bankangestellte eine Telefonnummer, und sein Anruf wurde über fünf Zwischenstationen weitergeleitet, bevor das Telefon in der Boeing hoch über Nebraska klingelte. Plato meldete sich und nahm die Mitteilung kommentarlos entgegen. Er war schon der reichste Mann, den er kannte. Er war Plato, die anderen waren es nicht. Nicht seine Eltern, nicht der Russe, nicht sein alter Geschäftspartner Martinez, kein Mensch.
Nach dem kurzen Gespräch mit Plato wählte der Bankangestellte in Hongkong eine weitere Nummer. Brooklyn, New York. Dort war es nach drei Uhr morgens, aber der Anruf wurde sofort entgegengenommen – von dem Russen, der besser zahlte als Plato.
Weit besser.
Der Angestellte sagte: »Ich habe ihm mitgeteilt, das Geld sei auf seinem Konto.«
Der Russe sagte: »Machen Sie die Überweisung jetzt rückgängig.«
Der Angestellte klickte und scrollte.
»Fertig«, erklärte er.
Der Russe sagte: »Danke.«
Von Brooklyn aus rief der Russe in Mexico City an – eine Nummer in der Leitung einer dortigen Strafverfolgungsbehörde mit einem langen Namen, den der Russe nicht einmal andeutungsweise übersetzen konnte. Ein Oberst meldete sich. Der Russe erklärte ihm, alles laufe genau nach Plan.
Der Oberst sagte: »Plato befindet sich schon in der Luft. Er ist vor über drei Stunden gestartet.«
Der Russe sagte: »Ja, ich weiß.«
Der Oberst sagte: »Ich will fünfzehn Prozent.«
Der Russe schwieg einen Augenblick. Er gab vor, verärgert zu sein. Er hatte zehn Prozent zugesichert. Sie hatten nie über etwas anderes als eine Beteiligung von zehn Prozent gesprochen. Insgeheim hatte er jedoch damit gerechnet, zwanzig Prozent abgeben zu müssen. Er hatte es auf achtzig Prozent von Platos Geschäft abgesehen gehabt. Fünfundachtzig Prozent wären ein unerwarteter Bonus. Praktisch ein Geschenk. Der Oberst war ein Mann ohne Tiefgang, ohne besonderen Ehrgeiz. In jeder Beziehung beschränkt. Deshalb war er nicht schon längst General.
Der Russe entgegnete: »Sie verhandeln knallhart.«
Der Oberst sagte: »Machen Sie, was Sie wollen.«
»Das klingt, als bliebe mir keine Wahl.«
»So ist es.«
Langes Schweigen, nur um der Wirkung willen.
»Okay«, meinte der Russe. »Sie bekommen Ihre fünfzehn Prozent.«
Der Oberst sagte: »Danke.«
Der Russe legte auf, dann wählte er nochmals – eine Nummer, von der er wusste, dass sie zu einem nicht aufspürbaren Prepaidhandy gehörte, das in Virginia auf einem Nachttisch lag. Dort war es wie in Brooklyn nach drei Uhr morgens. Dieselbe Zeitzone. Das Mobiltelefon gehörte einem zahmen DEA -Agenten, den der Schwager eines Freundes des russischen Cousins in der Hand hatte. Der Kerl meldete sich nach dem ersten Klingeln, und der Russe erklärte ihm, alles laufe genau nach Plan.
Der Kerl fragte: »Geben Sie mir Ihr Wort darauf?«
Der Russe lächelte. Das war DEA -Politik in Reinform. Der korrupte DEA -Agent des Schwagers eines Freundes des russischen Cousins hatte die
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