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61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: 61 Stunden: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Patronenschachtel ein und schloss die Schranktür. Er ging wieder die Treppe hinunter und in die Bibliothek, blieb vor Janet Salter stehen, schob ihr Buch und ihren weichen Arm beiseite und zog den Revolver aus der Tasche ihrer Wolljacke. Die Waffe war immer noch voll geladen. Er steckte sie ein, brachte Buch und Arm wieder in die vorherige Lage und verließ den Raum.
    Der Cop, der den Anwalt, Andrew Peterson und Mrs. Salter erschossen hatte, saß in seinem Wagen und starrte durch die Frontscheibe nach draußen. Er befand sich auf seinem Posten innerhalb der Absperrung und war persönlich für zweihundert Meter Schneelandschaft links und zweihundert Meter Schneelandschaft rechts verantwortlich. Allerdings hätte kein Ausbrecher etwas anderes als die Straße benützt. Das Gelände war zu jeder Jahreszeit zu flach, um Schutz zu bieten. Die Hunde hätten ihn in wenigen Minuten aufgespürt. Querfeldein zu fliehen und sich in Gräben und Geländeeinschnitten zu verbergen war etwas aus alten Sträflingsfilmen in Schwarz-Weiß, die spät nachts im Satellitenfernsehen liefen. Nein, heutzutage benutzten clevere Ausbrecher die Straße, indem sie unter einem aus dem Gefängnis kommenden Lieferwagen festgeschnallt flüchteten.
    Nicht dass es tatsächlich einen Ausbrecher gab. Das hatte Plato klargestellt. In einem modernen Gefängnis gab es alle möglichen Hohlräume: Lüftungskanäle unter der Decke, Kabelschächte im Boden, jeweils mit Inspektionsöffnungen. Alle völlig sicher, weil sie nirgends ins Freie führten. Aber sehr nützlich, wenn ein Ausbruch simuliert werden sollte. Mit einem Sandwich und einer Urinflasche konnte ein Kerl es zehn bis zwölf Stunden darin aushalten.
    Was genügen würde.
    Der Cop kontrollierte seine Waffen. Gewohnheit. Instinkt. Erst seine Dienstpistole, die in ihrem Halfter steckte, dann seine zweite Waffe. Durchgeladen. Eine Patrone in der Kammer, vierzehn weitere im Magazin.
    Die vierzehn im Magazin würde er nicht brauchen.
    Reacher unternahm einen letzten Rundgang durch Janet Salters Haus. Er war sich ziemlich sicher, dass er nicht hierher zurückkehren würde, und es gab bestimmte Dinge, die er sich einprägen musste. Er betrachtete die Haustür, die Küchentür ins Freie, die Kellertür, die Küche, die Eingangshalle, die Bibliothek, Janet Salters Position und das Buch auf ihrem Schoß. Sie würde fünf bis acht Minuten gebraucht haben, vermutete er, um es sich so bequem zu machen, nachdem sie zuvor in größter Panik gewesen sein musste. So lange würde es gedauert haben, um sich in der beruhigenden Anwesenheit eines städtischen Cops zu entspannen.
    Rechnete man die eine Minute dazu, die ihre Beschützer gebraucht haben würden, um das Haus fluchtartig zu verlassen, hatte jemand seinen Posten in dem Kordon mit sechs bis neun Minuten Verspätung eingenommen.
    Daran würde sich jemand erinnern.
    Vielleicht.
    Wenn die Anwesenheit kontrolliert worden war.
    Wenn der Kerl überhaupt seinen Platz eingenommen hatte.
    Reacher schloss den Reißverschluss seines Parkas, stülpte sich die Mütze über den Kopf und klappte die Kapuze darüber. Zog seine Handschuhe an, öffnete die Haustür und trat wieder in die Kälte hinaus. Sie fiel über ihn her, nahm ihm den Atem, quälte ihn, ließ ihn zittern. Aber er ignorierte sie. Reine Willenssache. Er schloss die Tür, stieg die Stufen zur Einfahrt hinunter und bog in Richtung Polizeistation ab. Unterwegs blieb er in so hohem Maß wachsam, dass er das Gefühl hatte, tausendmal schneller seine Waffe ziehen und schießen zu können als jeder Gegner.
    Ich fürchte den Tod nicht.
    Der Tod fürchtet mich.
    Angst in Aggression verwandeln.
    Schuldgefühle in Aggression verwandeln.
    In der Polizeistation war nur der zivile Dispatcher hinter der Empfangstheke zurückgeblieben: eine große, hagere Gestalt von ungefähr siebzig Jahren. Er saß missmutig auf seinem Hocker. Reacher fragte, was es Neues gebe. » Nichts«, entgegnete der Mann. Reacher fragte, wie lange die Polizei im Einsatz bleiben werde. Der Kerl sagte, das wisse er nicht. Das Department habe keine Erfahrung mit solchen Dingen. Es habe noch nie einen Ausbruch gegeben.
    »Auch heute Nacht hat’s keinen gegeben«, erklärte Reacher. »Der Kerl hält sich irgendwo versteckt.«
    »Glauben Sie?«
    »Ja, das tue ich.«
    »Auf welcher Grundlage?«
    »Gesunder Menschenverstand«, antwortete Reacher.
    »Dann geben sie wahrscheinlich noch eine Stunde zu. Die Absperrung hat eine Meile Radius. Nach zwei Stunden

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