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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meines Assistenten.“
    „Dieses Doktor Zander?“
    „Ja.“
    „Sollte dieser Sie in Ihren Entschlüssen und Handlungen beeinflussen können?“
    „Ganz gewiß. Zander ist zwar noch sehr jung, aber es geht ihm ein bedeutender Ruf voraus. Er hat sich an mehreren Irrenanstalten treffliche Kenntnisse erworben und ist ganz der Mann, sich nicht zu täuschen.“
    „Er hat meine Frau bereits gesehen?“
    „Einmal, als ich ihn herumführte.“
    „Hat er irgend eine Bemerkung gemacht?“
    „Er zog die Augenlider der Patientin empor und meinte dann, daß dieser Fall vielleicht nicht nur vor den Arzt gehöre. Sie sehen, wie scharfsinnig er ist.“
    „Hm! Er mag nur vorher beobachten, ehe er ein solches Urteil fällt! Ich befand mich im Coupé bei ihm und fragte ihn nach seiner Ansicht.“
    „Was antwortete er?“
    „Daß es ihm jetzt noch an Kenntnissen fehle.“
    „Das ist keineswegs der Fall. Übrigens bin ich ja, wie ich bereits sagte, ganz seiner Meinung.“
    „Aber wie wollen Sie Beweise bringen? Sie können nur behaupten.“
    „Oh“, lächelte der Arzt, „ich habe mich nach solchen Beweisen bereits umgesehen.“
    „Aber jedenfalls ohne Erfolg.“
    „Sie irren sich. Ich behaupte, daß man der Patientin irgendein Mittel beigebracht hat. Dieses Mittel ist von einem Chemiker zubereitet worden; ein Laie bringt so etwas nicht fertig. Und im ganzen Land und weit über die Grenzen desselben hinaus gibt es nur einen einzigen, der so in die Geheimnisse der Gifte eingedrungen ist, daß es ihm gelingen kann, eine solche Apathie hervorzubringen, ohne daß das Mittel nachzuweisen ist.“
    „Wer ist das?“
    „Der, welcher in unseren Fachkreisen seit langer Zeit als Giftvirtuose bekannt ist. Vielleicht haben Sie seinen Namen auch einmal gehört.“
    Der Blick des Arztes wurde immer stechender und durchdringender. Der Baron fühlte, daß er auf der Hut sein müsse.
    „Ich kenne keinen Chemiker“, antwortete er. „Unsereins steht diesen Kreisen viel zu fern, als daß man sich einen gleichgültigen Namen, den man zufälligerweise einmal hörte, merken sollte.“
    „Und doch kehrt zuweilen ein solcher Name in das Gedächtnis zurück. Der Mann wohnt nämlich in der Residenz.“
    „So, so!“
    „Ihrem Ausdruck nach scheint Ihnen das freilich nicht von Belang zu sein; mir aber und dem Strafrichter muß es auffallen, daß beide, nämlich die Patientin und der alte Giftmischer, an demselben Ort wohnen. Ursache und Wirkung sind da viel leichter in Beziehung zu bringen, als wenn die Personen räumlich mehr getrennt wären.“
    „Ihre Schlüsse scheinen mir sehr gewagt zu sein.“
    „Nicht so sehr als Sie denken. Ich kenne den Betreffenden sogar persönlich. Er war Lehrer der Chemie an dem Gymnasium, welches ich besuchte.“
    „Das interessiert mich nicht.“
    „Aber mich. Und der vorliegende Fall berührt Sie persönlich ja weit mehr als mich. Der Mann war aus irgendeinem für ihn nicht sehr ehrenvollen Grund gezwungen, seine Lehrstelle aufzugeben, und wurde Apotheker. Auch das ging nicht sehr lange Zeit; dann begann er, sich durch Quacksalberei zu ernähren. Er heißt Horn.“
    Sosehr der Baron bemüht war, sich in der Gewalt zu behalten, er fuhr doch höchst bestürzt zurück, als er diesen Namen hörte.
    „Horn! Ah!“ rief er aus.
    „Ja, Horn. Ich sehe, daß der Name Ihnen also doch bekannt ist. Das ist mir höchst interessant!“
    „Pah! Ich habe ihn vorübergehend gehört. Er ist mit der Krankheit meiner Frau unmöglich in Beziehung zu bringen.“
    „Wir werden sehen. Sobald ich Anzeige erstatte, werde ich zugleich den Antrag stellen, diesen Horn zu arretieren. Man mag ihm die Kranke vor Augen führen.“
    „Sie dichten, Herr Doktor!“
    „O nein! Zufälligerweise nämlich liegt ein zweiter Fall vor, welcher ganz geeignet ist, mich nachdenklich zu machen.“
    „Welcher Fall?“
    „Ist ihnen der Name Bormann bekannt?“
    Der Baron wurde immer unruhiger.
    „Nein“, antwortete er.
    „Das wundert mich!“
    „Wieso?“
    „Weil vor kurzem die ganze Residenz durch diesen Menschen in Aufregung versetzt wurde. Man nennt ihn den Riesen Bormann. Er ist ein sehr gefährlicher Einbrecher und steht mit dem sogenannten Hauptmann in Verbindung. Von diesem letzteren haben Sie doch gehört?“
    „Allerdings.“
    „Nun, der Hauptmann hat sich alle Mühe gegeben, diesen Bormann zu retten, doch vergebens. Da plötzlich wurde der Riese wahnsinnig. Man traute ihm nicht, sondern man nahm an, daß er simuliere.“
    „Das

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