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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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drei Personen an, daß sie die Kette ernstlich verteidigen würden. Wozu konnte das für ihn führen? Es war am besten, heute zu verzichten und später durch List zu erreichen, was ihm heute mißlungen war. Einen großen Vorteil hatte er übrigens doch davongetragen: er wußte nun genau, daß Robert Bertram die falsche Kette besaß, während sich die richtige, echte, im Besitz der schönen Judith befand. Er beschloß also, für heute nachzugeben, seinen Rückzug aber möglichst ehrenvoll zu unternehmen.
    „Seid Ihr toll?“ antwortete er auf die geharnischte Rede des Alten.
    „Ja“, antwortete dieser, „toll vor Kühnheit!“
    „Mir, dem Hauptmann, zu widerstehen?“
    „Wir fürchten uns nicht!“
    „Wißt ihr nicht, daß ich euch verderben kann?“
    „Wir dich auch!“
    „Oho! Ihr wißt ja gar nicht, wer ich eigentlich bin; ich aber habe euch vollständig in meiner Hand! Zunächst werde ich Bertram mitteilen, daß ihr ihn betrogen habt!“
    „Er mag kommen!“
    „Und sodann zeige ich dem Gericht all eure Missetaten an!“
    „Auch die Gerichte mögen kommen!“
    „So sagt ihr jetzt, aber wenn meine Rache über euch hereinbricht, dann werdet ihr heulen vor Entsetzen!“
    Er wendete sich nach der Tür und ging. Nicht Rebekka ließ ihn hinaus; er selbst öffnete sich, indem er die Riegel entfernte. Die drei blieben unbeweglich stehen, bis er fort war. Dann sagte Salomon Levi: „Rebekka, hast du jetzt gesehen, daß du geheiratet hast einen großen Feldherrn und Helden?“
    „Ich habe es gesehen!“
    „Auch du warst tapfer! Sehe ich doch die Stange des Vorhanges noch jetzt in deinen Händen! Aber am mutigsten ist doch gewesen Judith, unser einziges Kind. Sie hat begonnen die Schlacht mit dem großen Hieb des Siegers, welcher hat gebracht das Kleinod wieder zurück in unsere Hände. Der Feind ist schmählich entflogen und wir stehen hier auf dem Blachfeld des Kampfes wie die Säulen von Marmor, welche man errichtet hat den Siegreichen!“
    Judith horchte gar nicht auf diese Überschwenglichkeit. Sie lehnte die Partisane in die Ecke zurück und ging hinaus, um die Haustür zu verriegeln. Als sie wieder hereinkam, sagte sie:
    „Hatte ich nicht recht, als ich ihm die Kette gar nicht zeigen wollte?“
    „Ja, du hattest recht, mein Tochterleben! Aber habe ich gewußt, daß es war der Hauptmann, aber nicht ein Schwede?“
    „Er wollte uns um unseren Vorteil betrügen. Aber wie hat er wissen können, daß wir die Kette haben?“
    „Und zwar, daß sie Robert Bertram gehört!“
    „Hat dieser selbst es verraten?“
    „Wie kann er das? Er weiß doch nicht, daß wir haben die richtige? Was aber werden wir tun, Judithleben?“
    „Wir behalten natürlich die Kette!“
    „Aber wenn uns der Hauptmann schickt den Bertram?“
    „So leugnen wir.“
    „Und wenn dann kommen die Gerichte?“
    „Wir verstecken alles. Übrigens ist der Hauptmann der einzige, der uns zur Anklage bringen und als Zeuge dienen kann, und er wird sich wohl hüten, das zu tun!“
    „Ja, er wäre ja selbst entdeckt und verloren. Du bist klug und listig, meine Tochter. Aber glaubst du auch, daß das von dem schwedischen Grafen eine Lüge war?“
    „Ganz gewiß!“
    „Warum aber hat er diese Lüge gesagt?“
    „Um uns zu verleiten, ihm die Kette zu zeigen. Oder glaubst du, daß er so unvorsichtig sein wird, uns den richtigen Namen der Familie zu sagen, welcher Bertram angehört?“
    „Weiß er ihn denn?“
    „Sicher! Er weiß den Namen und wir haben die Kette. Das letztere ist vorteilhafter als das erstere. Ohne die Kette kann nichts bewiesen werden, und wir erfahren viel leichter den Namen, als es jemandem gelingen soll, uns die Kette zu entlocken.“
    „Ja, wir können sein ruhig und unverzagt; aber wir müssen auch sein vorsichtig und listig. Der Hauptmann wird wohl wiederkommen in verschiedener Gestalt, um uns abzunehmen die Kette. Wir werden von jetzt an nur sprechen mit Leuten und Personen, welche wir genau kennen!“ –
    Der Baron befand sich, wie leicht erklärlich, in einer zornigen Aufregung. Draußen, als er den Juden verlassen hatte, ballte er drohend die Faust gegen das Haus und murmelte:
    „Der erste Angriff ist abgeschlagen; aber jubelt nur nicht zu früh; es werden noch andere Attacken folgen. Das war nur ein Vorpostengefecht, eine einleitende Plänkelei. Ich komme wieder, mit List oder mit Gewalt, und dann werde ich mich nicht besiegen lassen. Die Kette muß mein werden; ohne sie bin ich unsicher; nur ihr Besitz gibt

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