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62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen

Titel: 62 - Der verlorene Sohn 03 - Die Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Etage eines Hauses in der Ufergasse wohnt?“
    „Ganz dieselbe.“
    „Und bei dieser, bei dieser ist Marie Bertram?“
    Es war dem Ton des Fürsten anzuhören, daß jetzt seine ganze Teilnahme erregt worden war.
    „Ja, bei dieser“, antwortete der Baron. „Aber sie ist nicht mehr dort. Sie ist in Rollenburg. Sie hat den Bemühungen ihrer Verführerin den ernstlichsten Widerstand entgegengesetzt, und aus diesem Grund ist sie nun nach Rollenburg verkauft worden.“
    „Ah, jetzt beginne ich zu begreifen! Diese Angelegenheit kann allerdings gefährlich werden. Bertram und Fels haben wohl davon erfahren?“
    „Ja, vorhin erst.“
    „Und sind sofort nach Rollenburg aufgebrochen?“
    „Sofort. Sie befanden sich in einer unbeschreiblichen Aufregung, ich möchte sogar sagen, in einer außerordentlichen Wut. Sie schworen Rache. Wer weiß, was sie tun. Ich habe, wie bereits gesagt, so viel wie möglich gewarnt und abgeraten, doch vergebens.“
    „Da muß ich schleunigst nach, um Unglück zu verhüten. Wann sind die beiden hier fort?“
    „Mit dem Fünfuhrzug.“
    „Oh weh, da ist bereits eine geraume Zeit vergangen!“
    „Und es geht leider kein Zug mehr, Durchlaucht.“
    „Ich muß dennoch hin!“
    „Das wäre nur mittels Extrazug möglich!“
    „Ich nehme einen. Wissen Sie vielleicht die Rollenburger Adresse, wo sie zu finden sind?“
    „Ja, bei einem Fräulein Melitta; die Straße und Nummer aber weiß ich nicht.“
    „Hier haben Sie ein Trinkgeld!“
    Er zog die Börse und gab ihm ein größeres Silberstück, welches, um Verdacht zu vermeiden, auch angenommen wurde. Dann befahl er dem Kutscher:
    „Ich steige aus und fahre per Droschke nach Hause. Du aber fährst so schnell wie möglich nach dem Bahnhof und bestellst eine Maschine mit Coupé erster Klasse nach Rollenburg für mich! Beeile dich!“
    Er stieg aus und schritt rasch der nächsten Droschkenstation zu. Der Kutscher fuhr im Galopp davon. Der Baron aber nickte mit dem Kopfe, stieß ein höhnisches Lachen aus und murmelte für sich selbst:
    „Das hat gezündet! Wer weiß, was geschieht?“

SECHSTES KAPITEL
    Das Haus des Elends
    Robert Bertram und sein Freund Fels hatten sich ein Billet zweiter Klasse genommen. Ebenso Petermann. Er wollte allein sein; er befand sich nicht in der Stimmung, andere zu hören oder auch nur zu sehen. Darum fuhr er trotz seiner spärlichen Mittel nicht dritter Klasse, weil er da auf alle Fälle Gesellschaft bekommen hätte.
    Er gab dem Schaffner ein Trinkgeld, und dieser berücksichtigte seinen Wunsch, allein zu sein. Aus diesem Grund kam er auch nicht mit Bertram und Fels zusammen, obgleich diese beiden das gleiche Ziel mit ihm hatten.
    Aber der Zug war stark besetzt, und auf den Zwischenstationen kamen zahlreiche Passagiere hinzu, so daß der Schaffner endlich doch nicht umhin konnte, einen Herrn mit in das Coupé zu lassen.
    Dieser neu Eingestiegene war ein Mann in den reiferen Jahren und besaß ein würdevolles Äußeres. Es war der sogenannte Rentier Uhland, derselbe, welche Magda Weber und Marie Bertram aus der Residenz nach Rollenberg gebracht hatte.
    Nachdem dieser sich bequem in seine Ecke zurückgelegt hatte, begann er, seinen Reisegefährten zu beobachten. Er bemerkte dessen bleiches Gesicht und sein unruhiges Wesen. Petermann hatte ihm noch gar keinen Blick gegönnt und sah überhaupt nicht aus wie einer, mit welchem es geraten ist, eine Unterredung zu beginnen.
    Aber Uhland war gesprächiger Natur, und zudem lag es in seinem heimlich betriebenen Geschäft, keine Gelegenheit, Menschen kennenzulernen, vorübergehen zu lassen. Daher sagte er, nachdem er sich vorher einige Male halblaut geräuspert hatte:
    „Wie langsam das geht!“
    Petermann gab keine Antwort. Er schien die Worte des anderen gar nicht gehört zu haben, darum bemerkte dieser nach einer kleinen Weile in ärgerlichem Ton:
    „Ein wahrer Bummel- oder Schneckenzug!“
    Jetzt wendete ihm Petermann das Gesicht zu, betrachtete ihn flüchtig und fragte in mürrischem Ton:
    „Haben Sie es so eilig?“
    „Ich nicht. Aber Ihnen scheint es zu langsam zu gehen.“
    „Wie kommen Sie zu dieser Vermutung?“
    „Sie rücken auf dem Sitz hin und her und blicken so oft zum Fenster hinaus.“
    „Sie irren sich dennoch! Ich habe Zeit. Was geht es Sie überhaupt an, ob ich das Fenster benutze oder nicht.“
    „Verzeihung! Es war nicht bös gemeint. Ich dachte nur, daß zwei Reisende, welche im Coupé nebeneinander sitzen und aufeinander angewiesen sind, sich

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