63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
Sterbenswörtchen wissen.“
„Was du sagst!“
„Aus diesem Grund sind mir Bedingungen gestellt worden, die eben nur von allerhöchsten Orten ausgehen können.“
„Welche Bedingungen?“
Er sagte ihr alles. Sie schlug die Hände über den Kopf zusammen und rief voller Entzücken:
„Arthur, lieber, heißgeliebter Arthur, ahnst du denn auch, wer diese Dame ist?“
„Ja.“
„Allerhöchst, das ist königlich!“
„Natürlich ist's die Königin! Komm, mein Liebling, bei so einem Glück brauche ich mir die Hosen nicht zusammenzuleimen. Ich ziehe die neuen an!“
Er nahm den Leimtopf vom Herd und warf ihn in den Kohlenkasten. Er hätte vor Freude alle seine Stuben zum Fenster hinauswerfen können. –
Und wohin war Holm unterdessen gegangen? Nach der Wohnung des Chefs der Claqueurs. Er hatte gewußt, daß der Ballettmeister ihn nicht kannte, und ebenso war er überzeugt, daß Frau Staudigel, deren Mann sich so gern Baron nennen ließ, keine Ahnung habe, wer er eigentlich sei.
Er fand ein Stubenmädchen vor und fragte, ob die gnädige Frau zu sprechen sei.
„Was wünschen Sie von ihr?“ fragte das schnippische Ding.
„Daß sie Ihnen kündigen soll, wenn Sie ihr nicht augenblicklich sagen, daß ich sie zu sprechen wünsche.“
Das wirkte auf der Stelle.
„Bitte, Ihren Namen!“ sagte sie.
„Den werde ich der Dame selbst nennen.“
„Aber Madame ist nicht gewöhnt, ungenannte Personen bei sich zu empfangen, mein Herr!“
„Ich bin es nicht gewöhnt, jedermann zu sagen, wie ich heiße.“
Er wußte, daß dies grad die richtige Art und Weise sei, hier aufzutreten. Sie entfernte sich wirklich und kehrte bald zurück, um ihn zu ihrer Herrin zu führen.
Die Frau ‚Baronin‘ Staudigel saß in ihrer samtenen Causeuse und betrachtete sich den Eingetretenen durch das Lorgnon. Er grüßte wortlos, nur durch eine vornehme, elegante Verbeugung. Sie antwortete durch ein kurzes, stolzes Nicken und sagte in strengem Ton:
„Mein Herr, Sie haben sich geweigert, mir wissen zu lassen, wer bei mir Zutritt erwünscht!“
„Verzeihung, gnädige Frau! Nicht ich trage die Schuld. Es geschieht vielmehr auf hohen Befehl.“
Als sie das hörte, fuhr ihr Kopf um einige Zoll empor.
„Auf Befehl?“ frage sie.
„Wie ich sagte.“
„Sagten Sie nicht sogar, hohen Befehl?“
„Allerdings.“
„Dann bin ich gespannt, den Grund Ihres Besuches kennenzulernen, mein Herr.“
„Ich werde Sie sofort über die Ursache meiner Anwesenheit unterrichten, nachdem Sie mir gestattet haben, in Ihrer Nähe Platz zu nehmen, gnädige Frau.“
Er hatte ein wirklich vornehmes Aussehen und nannte sie gnädige Frau. Ihr Gesicht heiterte sich auf, und ihr Ton klang höflicher als bisher, als sie sagte:
„Bitte, setzen Sie sich.“
Er nahm ganz in ihrer Nähe auf einem Fauteuil Platz, warf einen leichten Blick durch das Zimmer und begann:
„Zunächst möchte ich fragen, ob unsere Unterredung eine ungestörte sein kann.“
„Wünschen Sie das?“
„Sehr.“
„Auch auf hohen Befehl?“
„Sogar auf sehr hohen!“
„Ah! Dann werde ich allerdings Sorge tragen, daß niemand Zutritt bekommt.“
Sie klingelte und als das Mädchen eintrat, befahl sie:
„Anna, ich bin für niemand zu Hause.“
„Auch für den gnädigen Herrn nicht?“
„Ich bin für jedermann ausgegangen.“
Jetzt warf die dienstbare Seele, bevor sie sich entfernte, einen sehr respektvollen Blick auf Holm.
„So, mein Herr, jetzt sind wir allein und hoffentlich auch ungestört“, bemerkte dann die Dame.
„Danke. Ich mußte diese Bitte aussprechen, weil mein Besuch bei Ihnen eigentlich ein geheimer sein soll. Ich habe mich in sehr vertraulichen, fast möchte ich sagen, diplomatischen Äußerungen zu bewegen, und das läßt mich erwarten, daß Sie mir diese oder jene unerwartete Wendung nicht in persönlicher Anrechnung bringen. Darf ich fragen, ob ich die Ehre habe, von der gnädigen Frau gekannt zu sein?“
„Näher leider nicht.“
„Von fern also doch?“
„Nun, ich erinnere mich, Sie gesehen zu haben.“
„Wo? Vielleicht in der prinzlichen – oh, ah, vielleicht in einer Theaterloge?“
„Wahrscheinlich.“
Man sah es ihrem Gesichte an, daß sie sich freute, daß er sich versprochen hatte. Sie nahm nun an, daß sie es mit einem Herrn von feinster Distinktion zu tun habe.
„Zunächst eine Frage“, fuhr er in leicht fließendem Konversationston fort, „welche Ihnen vielleicht höchst indiskret erscheinen mag, aber doch sehr
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