63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
besitzen Zartgefühl, und das wird man am allerhöchsten Ort anzuerkennen wissen. Sie gefallen mir, und so will ich Ihnen einen guten Rat geben.“
„Ich sehe demselben dankbarlichst entgegen.“
„Man ist am angegebenen Ort natürlich nicht gewohnt, zu feilschen und zu rechnen –“
„Oh, gewiß, gewiß!“
„Man würde sich sogar durch die Angabe einer bestimmten Summe vielleicht beleidigt fühlen.“
„Ich nenne keine, gewiß keine!“
„Dagegen weiß man das Talent, das Genie zu belohnen. Überlassen Sie es also lieber den allerhöchsten Herrschaften selbst, den Wert Ihrer Leistung zu taxieren!“
„Dieser Rat ist mir wie der strengste Befehl.“
„Ich bin überzeugt, daß man nicht knausern, sondern Ihnen vielmehr einen hohen Betrag anweisen wird.“
„Danke, danke!“
Der Ballettmeister machte einen tiefen Bückling, als ob er bereits fünfzigtausend Gulden in den Händen halte.
„Und, im Vertrauen, mein bester Herr Ballettmeister und Kunstmaler – vielleicht fällt noch etwas anderes ab!“
„Wie? Was?“
„Pst! Nicht fragen.“
„Nicht? Ah! Warum denn nicht?“
„Still! Man ist schon längst auf Ihre Leistungen aufmerksam geworden; ich meine Ihre Leistungen auf der Bühne und im Atelier. Sie sind ja doppelter Künstler.“
„Doppelter! Oh, ja, ja!“
„Man hat bereits im geheimen an Ihr Knopfloch gedacht.“
„Knopfloch gedacht! Herr mein Heiland!“
„Ja, ja! Aber, pst, still! Gelingt das Portrait, so ist die Sache gemacht! Also, geben Sie sich mit der Proserpina alle mögliche Mühe, mein lieber Freund!“
„Oh, alle, alle Mühe! Welch eine Schickung, daß ich bereits hier eine Proserpina male! Auf diese Weise ist mir das Sujet vertraut. Ich habe mich bereits in die Tiefen derselben versenkt. Ich bin vollständig au fait. Und wenn mir dann sogar das Modell des Höllenhundes allergütigst geliefert wird –“
„Gewiß, gewiß! Man wird Sie sogar ganz besonders auf dieses Modell aufmerksam machen.“
„So bin ich überzeugt, ein Kunstwerk ersten Ranges zu liefern. Ich gebe mein Wort als Mann und Künstler!“
„Schön! Bin vollständig überzeugt! Aber noch eins: Es ist möglich, daß es der betreffenden Dame schwer oder gar unmöglich wird, in Damenkleidern unbemerkt aus ihren Gemächern zu entkommen. In diesem Fall –“
„Werde ich freilich vergeblich warten!“
„O nein. In diesem Fall, wollte ich sagen, wird sie jedenfalls Herrenkleider anlegen. Die Sitzung findet auf alle Fälle statt. Haben Sie noch etwas zu bemerken?“
„Nichts, gar nichts, als mein alleruntertänigstes Glück, den mir erteilten Befehlen gehorchen zu dürfen.“
„Dann adieu, mein Lieber! Also heute abend punkt dreiviertel zwölf Uhr. Lassen Sie nicht warten!“
„Oh, nein, keine Sekunde, keinen Augenblick.“
Er begleitete Holm unter unzähligen tiefen Verbeugungen bis hinaus und dann sogar bis hinunter vor die Haustür, wo er sich noch einige Male hinter ihm verneigte. Und als er dann in die Stube zurückkehrte und seine Frau höchst erwartungsvoll anblickte, nickte er ihr in stolzer Weise, doch ohne ein Wort zu sagen, zu.
„Nun?“ fragte sie.
„Stumm muß ich sein!“
„Stumm? Du mußt doch reden!“
„Und taub!“
„Unsinn, lieber Arthur!“
„Und blind!“
„Bist du übergeschnappt?“
„Nein, mein Liebling. Aber zum Überschnappen ist es!“
„Du machst mir Angst!“
„Nein, nein! Angst brauchst du nicht zu haben, mein Liebling. Dieses Taubstummblind ist ja nur bildlich gemeint. Es erwartet mich ein großes, großes Glück.“
Er setzte den rechten Fuß gravitätisch vor und steckte den Finger bezeichnend in das Knopfloch.
„Was? Ein Band? Einen Orden?“ fragte sie.
„Ja. Ein Kreuz, einen Adler oder gar einen Löwen! Weißt du, wie er mich genannt hat?“
„Nun, wie denn?“
„Mein bester Ballettmeister und Kunstmaler; sodann sagte er lieber Freund zu mir und endlich nannte er mich gar einen doppelten Künstler.“
„Mariajosepp! Das war ein feiner Mann! Und ich habe ihn erst so streng abgewiesen!“
„Welch ein Fehler! Weißt du, was er war?“
„Nein.“
„Ein Inkognito!“
„Du bist des Teufels, liebster Arthur!“
„Oho! Eine Proserpina soll ich malen!“
„Das tust du ja bereits!“
„Ich meine eine andere. Ich soll eine höchste, eine allerhöchste Dame als Proserpina malen. Das Portrait soll ihr hoher Gemahl zum Geburtstag erhalten und darum, da es eine Überraschung sein soll, darf kein Mensch vorher ein
Weitere Kostenlose Bücher