63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes
aufheben die fünf Gulden, um sie zu legen in meine Hand. Ich weiß es genau!“
„Und ich sage, pack dich fort, Dummkopf!“
„Wer ist der Dummkopf, Herr Leutnant? Salomon Levi ist nicht der Dummkopf. Er hat noch etwas mitgebracht für den Herrn Leutnant, worüber dieser wird haben eine außerordentliche, eine grausam große Freude!“
„Was ist es?“ fragte der Leutnant, den die Neugierde doch bewog, stehenzubleiben.
„Wenn Sie mir aufheben und geben das Geld, werde ich sagen, was ich habe mitgebracht für eine Überraschung!“
„Bilde dir nichts ein!“
„Oh, ich bilde mir viel ein, sehr viel! Ich bilde mir ein, daß der Herr Leutnant wird machen sehr große Augen, wenn er liest, was hier auf dem Papier steht.“
Dabei öffnete er die Brieftasche, in welcher sich vorhin der Wechsel befunden hatte, und zog ein zweites Papier hervor.
„Zeig her!“ gebot Scharfenberg.
„Nein, nein“, meinte der Jude. „Dieses schöne Papierchen darf nicht anfassen ein anderer als nur ich.“
„Ich denke, ich soll es lesen?“
„Ich werde es doch lieber lesen vor.“
„Warum?“
„Weil es muß bleiben sicher in meiner Hand.“
„Du bist ein Taugenichts! Also, lies vor! Jedenfalls ist der Inhalt ein solcher, der mich nicht im mindesten interessiert.“
„Mich interessiert er sehr, und so wird er auch den gnädigen Herrn Leutnant interessieren.“
„Na, so mach schnell! Ich habe keine Zeit.“
Salomon Levi trat noch um einen Schritt zurück, um möglichst aus Scharfenbergs Nähe zu kommen, und las:
„Hiermit gebe ich als Offizier und Edelmann mein Wort, daß ich morgen früh punkt neun Uhr dem Vorzeiger dieses die heute Abend an ihn verlorenen zwölfhundert Gulden voll und richtig in guter Münze auszahlen werde.“
Darunter stand ein bereits seit einer Woche verflossenes Datum und des Leutnants Unterschrift.
„Himmeldonnerwetter!“ rief dieser aus. „Mensch, wie kommst du zu diesem Brief?“
„Ich habe ihn gekauft.“
„Von wem?“
„Von dem Herrn, der das Geld gewonnen hatte.“
„Das ist gemein, hundsgemein!“
„Nicht bezahlen ist gemein; nur das ist hundsgemein! Der Herr hatte Ihr Ehrenwort. Als er kam, waren Sie verreist. Er wartete. Sie kamen nicht. Er brauchte Geld. Da kam er zu mir, um mir zu verkaufen diesen Zettel.“
„Wieviel hast du ihm bezahlt?“
„Das ganze Geld.“
„Lügner! Du wirst ohne Profit handeln.“
„Ich habe gegeben soviel, als ich denke, das wert ist das Ehrenwort des Herrn Leutnant von Scharfenberg. Der Tag ist vorüber, aber die Unterschrift gilt noch immer. Wollen der Herr Leutnant bezahlen das Geld?“
„Kerl, ich habe ja soeben den Wechsel eingelöst!“
„Das ist Beweis, daß Sie Geld haben.“
„Aber doch nicht für beides!“
„Der Herr Leutnant hatte vorher kein Geld, weder für den Wechsel noch für das Ehrenwort. Er hat Geld erhalten für das Akzept, nun wird er auch Geld bekommen, um einzulösen das verpfändete Ehrenwort.“
„Keinen Kreuzer erhalte ich.“
„So muß ich verkaufen das Ehrenwort an einen anderen.“
„Spitzbube! Du willst mir doch nur Prozente entlocken.“
„Was heißt Prozente! Ich will haben die angegebene Summe; ich brauche keine Prozente. Ich muß haben das Geld, da ich bin ein armer Mann, der auf sein bloßes Ehrenwort nicht bekommt einen Gulden oder einen Kreuzer.“
„Da magst du sehr recht haben, Bursche! Für heute aber mußt du dich mit den zweitausend begnügen, welche du bereits von mir bekommen hast.“
„Au wei! Ich werde doch denken, daß Sie einlösen das Ehrenwort! Soll ich verlieren mein schönes Geld?“
„Du sollst es nicht verlieren, nur warten sollst du!“
„Kann ich warten? Ich brauche Geld!“
„Donnerwetter! So höre doch endlich einmal, daß ich heute weiter nichts habe!“
„So muß ich tun, was ich bereits gesagt habe, ich muß verkaufen das Papier an einen anderen.“
„So? An wen denn?“
„Ich werde fahren nach der Residenz und gehen zu Ihrem Herrn Obersten, um ihn zu fragen, was er bezahlt für den Ehrenschein des Herrn Leutnants von Scharfenberg.“
„Mensch, das wirst du bleiben lassen!“
„Nein, sondern ich werde es tun!“
„Ich bezahle dich gut! Nimm doch Verstand an!“
„Warum hat denn der Herr Leutnant keinen Verstand, wo nur ich welchen haben soll ganz allein!“
„Ich werde dir zeigen, daß ich welchen habe.“
„Wird einer, der Verstand hat, diese fünf Gulden werfen auf die Erde, um zu ärgern und zu kränken und zu beleidigen
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