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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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faßte ihn bei der Brust, um sich den Weg zu bahnen. Aber er hatte sich in dem jungen Offizier getäuscht, denn dieser versetzte ihm ebenso schnell einen solchen Fausthieb unter das Kinn, daß er nach hinten und zur Erde flog.
    „Widerstand, wie Sie sehen“, sagte er zu den Polizisten. „Jetzt verlange ich, daß beide gefesselt werden.“
    Diesem Befehl wurde augenblicklich Gehorsam geleistet, wie sehr sich auch die Gefangenen sträubten. Noch ehe sie abgeführt wurden, verließen Randau und Zander miteinander das Café, um nach der Polizei vorauszueilen. Dort bedurfte es nur weniger Worte, um einen Polizeisergeanten mit der nötigen Mannschaft zu erhalten. Dann wurde schnell aufgebrochen.
    „Kennen Sie denn das betreffende Haus?“ fragte der Arzt den Leutnant.
    „Ja. Es liegt am Ende der Stadt und war eine Garnbleiche. Es ist zu luftig, als daß es perennierend bewohnt werden könnte.“
    „Kann man uns von weitem bemerken?“
    „Warum?“
    „In diesem Fall steht ja zu befürchten, daß man, bevor wir wirklich ankommen, Vorsichtsmaßregeln treffen werde.“
    „Das wird nicht geschehen. Wir müssen zwischen Gärten hindurch, und das Haus selbst liegt auch in einem Garten.“
    Sie schlichen sich wie Plänkler während des Gefechts vorwärts, um ja nicht bemerkt zu werden. In der Nähe des betreffenden Gebäudes angekommen, scholl ihnen ein lautes Lachen und Schreien, ein wüster Lärm entgegen.
    „Nicht zögern, sondern so schnell wie möglich eintreten!“ meinte der Leutnant, „damit niemand vorzeitig gewarnt werde!“
    Einige Augenblicke später standen sie im Innern des Parterres, welches einen einzigen großen Raum bildete.
    Da sah es bunt genug aus. Altes Geröll von hunderterlei Namen und Bedeutung, wie es bei fahrenden Künstlern vorkommt, bedeckte den Boden oder war an den Mauern aufgestapelt. Dazwischen krochen schreiende, pfeifende und lachende Kinder, ungekämmt und ungewaschen und mit zerrissenen Flicken und Fetzen bedeckt. Männer und Frauen, Burschen und Mädchen waren da, in allerlei, oft rätselhafter Weise beschäftigt. Es war ein Chaos von Sachen und Personen.
    Kaum wurden die Eingedrungenen erblickt, so rief ein geistesgegenwärtiger Bursche mit lauter Stimme:
    „Die Polizei! Schnell losbinden, schnell!“
    Und zu gleicher Zeit nahm er an der morschen Treppe Platz, welche nach oben führte. Zander sah ein, daß es sehr notwendig sei, Zeugen zu haben, welche das arme Mädchen in gefesseltem Zustand gesehen hatten. Darum stieß er dem Menschen die Faust in die Magengrube, daß er ächzend zur Seite flog, und sprang rasch die Treppe empor. Der Leutnant folgte auf dem Fuß, hinter ihm die Polizisten. Nur zwei der letzteren blieben unten, um mit blanken Seitengewehr die überraschten Künstler am Entfliehen zu verhindern.
    Oben angekommen, erblickte man einen weiten, öden Raum, dessen Wände nur aus dünnen Brettern bestanden, welche so schlecht zusammengefügt waren, daß der Wind und der Schnee den Durchgang fand.
    Auch hier lag eine Menge Zeug umher, wie es von dieser Sorte Menschen gebraucht wird. Einige Weiber hockten auf altem Stroh, und zwei halb erwachsene Burschen waren damit beschäftigt, in aller Eile die Stricke zu lösen, mit denen die völlig unbekleidete Gestalt von Emilie Werner an einen der senkrechten Balken befestigt war.
    Nur einen kurzen Blick warfen beide, der Offizier und der Arzt, auf das unglückliche Mädchen; dann drehten sie sich um, und der erstere sagte zu den Polizisten:
    „Hier, mein Mantel! Werfen Sie ihn ihr über! Was wir als Zeugen wissen müssen, das haben wir gesehen. Wenn sie angekleidet ist, so bringen Sie die junge Dame nach dem Hotel Schweizerhaus, wo wir unterdessen alles für sie Nötige bestellen werden.“
    Sie gingen.
    „Gräßlich!“ knirschte Randau vor sich hin. „Sind das Menschen, oder sind es Teufel!“
    „Beides! Denken Sie an das, was wir bei der Melitta erlebten. Wieviel Elend und Jammer mag sich doch hinter dem Flittertand verstecken, in welchen diese sogenannten Künstler der Wahrheit hohnlachen! Kommen Sie! Mir wird ganz unwohl, wenn ich daran denke!“
    Sie begaben sich zunächst nach dem angegebenen Hotel, welches an ihrem Weg lag, und sodann nach der Polizei, um da Bericht zu erstatten und ihre Anzeige und Aussage zu Protokoll zu geben.
    Dann kehrten sie wieder in das Hotel zurück, wo sie erfuhren, daß man die junge Dame in einer Droschke gebracht und in ein geheiztes Zimmer geführt habe.
    „War ein Arzt

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