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63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes

Titel: 63 - Der verlorene Sohn 04 - Sklaven des Goldes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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konnten. Wir suchten nach einem Quartier bei Mutter Grün, und fanden bei dieser Gelegenheit die hinter dem Petrikirchhof gelegenen Scheunen. Sie waren verschlossen, aber an der Wand der einen war ein Brett los. Wir schoben es zur Seite und zwängten uns durch die Öffnung. Da gab es Stroh genug zu einem weichen, köstlichen Lager.“
    „Suchen Sie sich heute ein ebensolches!“
    „Das habe ich vielleicht nicht nötig, denn ich bin nicht so mittellos, wie Sie denken.“
    „So haben Sie uns vorhin belogen?“
    „Ich wollte sehen, ob Sie ein gutes Herz haben. Doch, jetzt weiter: Wir waren sehr ermüdet, und mein Kamerad schlief rasch ein und wachte erst früh wieder auf. Auch ich war eingeschlummert, wurde aber später durch menschliche Stimmen aufgeweckt. Ich lauschte. Draußen standen Sie mit Ihrer Mutter.“
    „Ich? Wir beide?“
    „Ja.“
    „Da sind Sie freilich sehr im Irrtum!“
    „O nein! Ich habe Sie mir sehr genau angesehen.“
    „Es war doch des Abends, wie Sie sagen!“
    „Aber doch hell genug, um Ihr Gesicht zu sehen. Und in Beziehung auf Ihre Figur kann man sich erst recht nicht irren.“
    „Wie konnten Sie durch die Mauer sehen?“
    „Mauer? Es war nur eine Bretterwand, und da gab es Ritzen und Astlöcher genug. Sie hatten die Wartensleben mit der Leiche erwischt und schlossen den bekannten Handel ab.“
    „Handel?“
    „Ja.“
    „Welchen denn?“
    „Tausend Gulden für Ihr Schweigen.“
    „Sie sind aus Rollenburg entwichen!“
    „Und Sie wird man hinbringen!“
    „Was hindert mich doch nur, Sie hinauszuwerfen?“
    „Die Furcht vor mir!“
    „Oho!“
    „Sie hätten sofort die Polizei auf dem Hals. Ich habe damals das ganze Gespräch gehört und weiß also genau, woran ich bin.“
    „Nun, wenn Sie das so genau wissen, so sagen Sie mir doch einmal, was wir getan haben sollen. Es scheint sich, nach Ihren Worten zu schließen, um ein Kind zu handeln.“
    „Tun Sie immerhin, als ob Sie nichts wüßten. Ich habe meine Beweise. Sie haben das Kind der Wartensleben verstecken und also den Kindesmord vertuschen helfen. Dafür sind Ihnen tausend Gulden bezahlt worden.“
    „Und wenn das wahr wäre, was geht es Sie an?“
    „Oho! Das geht jedem Menschen etwas an.“
    „Damals ging es Ihnen etwas an. Sie hätten Anzeige machen sollen. Warum taten Sie es nicht?“
    „Anzeige? Unsinn! Das hätte mir nichts genützt. Ich wollte viel lieber teilen.“
    „Was?“
    „Die tausend Gulden.“
    „Aha, siehe da!“
    „Ja. Ich wäre sofort aus der Scheune zu Ihnen gekommen; aber da wäre mein Kamerad aufgewacht, und das mußte ich vermeiden. Ich ließ Sie also ruhig das Kind verstecken –“
    „Wohin ist es denn versteckt worden?“
    „Das konnte ich leider nicht sehen; aber unter der Scheune befindet es sich, so viel ist sicher.“
    „Sie müssen damals einen bösen, schweren Traum gehabt haben, mein armer Herr Zwiebel!“
    „Möglich! Jetzt aber bin ich aufgewacht und weiß, was ich zu tun habe. Sie entfernten sich. Am anderen Morgen trennte ich mich von meinem Gefährten, um freie Hand zu bekommen. Ich suchte zwei Tage lang nach der Riesin Aurora Bormann, fand sie aber nicht. Sie war dagewesen; wohin sie dann gegangen, das blieb mir verborgen.“
    „Wie schade!“ klagte die Riesin ironisch.
    „Sodann suchte ich die Wartensleben. Als ich endlich das Haus fand, wo sie gewohnt hatte, war auch sie fort.“
    „Sie armer Teufel! Das war wirklich Pech!“
    „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Ich habe immer gehofft, die Riesin oder die Wartensleben einmal zu treffen. Heute war mir das Glück günstig. Ich sah sie.“
    „Wo?“
    „Sie beobachteten eine Dame, welche dann in das Hotel ‚Zum Kronprinz‘ trat.“
    Die Riesin erbleichte. Wenn er ihr weiter gefolgt war, so mußte er ja auch wissen, daß sie an die Scheune gegangen war.
    Und die Dame, welche er erwähnte, war ja die Wartensleben, welche er suchte!
    „Ich weiß nichts davon.“
    „Ihre Mutter erkundigte sich beim Portier nach dieser Dame. Dann gingen sie fort.“
    „Wohin?“
    „Das werden Sie wohl wissen!“
    „Sie wohl nicht?“
    „Sehr gut.“
    „Nun, wohin gingen wir?“
    „Nach den Scheunen, jedenfalls um ein Paternoster für die Seele des armen, ungetauft gestorbenen oder vielmehr ermordeten Kindes zu beten. Nicht?“
    „Sie lügen!“
    „Ah! Sie sind nicht bei den Scheunen gewesen?“
    „Nein.“
    „Dann darf ich meinen Augen nicht mehr glauben!“
    „Wo sind denn Sie gewesen, daß Sie uns gesehen haben

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