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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verlohnen, eine einzelne Flasche.“
    „Ich dachte, weil die Steuermarke nicht aufgeklebt ist.“
    „Sie ist wieder abgefallen: sie muß da im Tornister liegen.“
    „Dann Entschuldigung!“
    „Oh, bitte!“
    Der Baron hatte wegen des Paschens auf den Strauch geschlagen, um zu erfahren, ob sein gegenwärtiger Kamerad vielleicht ein Mann sei, mit welchem sich etwas anfangen lasse. Jetzt fuhr er, um das Gespräch nicht stocken zu lassen, fort:
    „Sie berauben sich meinetwegen Ihres Mundvorrats.“
    „Schadet nichts.“
    „Dann müssen Sie aber darben!“
    „Das hoffe ich doch nicht. Wir sind ja nicht in der Wüste Sahara oder Gobi!“
    „Aber im hohen Gebirge!“
    „Na, ist das so gefährlich?“
    „Gefährlich gerade nicht, aber weit abgelegen.“
    „Ein Stück Brot wird wohl zu erhalten sein!“
    „Hier in der Nähe nicht.“
    „So! Wie weit hat man bis zum nächsten bewohnten Ort von hier aus zu gehen?“
    „Anderthalb Stunden.“
    „Na, da ist's ja nicht zum Verhungern.“
    „Ob aber Sie den Weg dahin finden würden, daß weiß ich nicht so genau.“
    „Ich auch nicht“, lachte der Fremde.
    „Wie kommt es denn, daß Sie als Amerikaner, der noch niemals in dieser Gegend gewesen ist, nicht auf Eisenbahn oder Chaussee bleiben, sondern gerade den unsicheren, dichten Gebirgswald wählen.“
    „Unsicher? Gibt es hier Räuber? Vielleicht einen Rinaldo Rinaldini oder einen Josef Schobri?“
    „Glücklicherweise nicht.“
    „Warum sprachen Sie da von Unsicherheit?“
    „Ich meinte damit nur die Leichtigkeit, sich zu verirren.“
    „Ah pah! Ein Amerikaner und sich verirren!“
    „Sie sind hier doch nicht bekannt!“
    „Was tut das? Wo Nord und Süd ist, das weiß man. Wenn ich mich stets nach Norden halte, komme ich aus den Bergen heraus und in die bewohnte, volkreiche Gegend. Also von einem Verirren kann gar keine Rede sein! Doch wegen des Räuberhauptmanns darf man doch ein Wort sprechen.“
    „Wieso?“
    „Das wissen Sie nicht?“
    „Was meinen Sie denn?“
    „Na, die Grenze ist ja mit Militärposten besetzt!“
    „Ach so, wegen des Hauptmanns!“
    „Ja. Der muß doch ein ganz verdammter Kerl sein!“
    „Was man hört, ja.“
    „Man hat mir drüben viel erzählt von ihm. Als ich an dem Grenzpfahl vorüber wollte, wurde ich festgehalten. Hätte ich nicht gar so gute Legitimationen besessen, wahrhaftig, ich wäre arretiert worden.“
    „Was Sie sagen! Aber warum denn?“
    „Ich soll eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm haben.“
    „Hm! Was man auch alles Ähnlichkeit nennt!“
    „Ganz recht! Danke für die Ehre!“
    Dem Baron war ein Gedanke gekommen. Er betrachtete sich seinen Nachbarn genauer und sagte dann:
    „Also wirklich nur Ihre guten Papiere haben Sie vor der Arretur gerettet?“
    „Ja.“
    „Also Ihr Paß?“
    „Ja. Der Paß, das Vereinigten-Staaten-Bürgerzeugnis und das Patent als Kapitän der amerikanischen Miliz.“
    „Ah, also Kapitän? Mein Kompliment!“
    „Danke sehr! Ein Kapitän der Vereinigten-Staaten-Miliz hat gar nichts zu bedeuten. Da haben wir noch ganz andere Meriten, hier und hier!“
    Dabei klopfte er auf den Tornister und auf die linke Seite seines Rocks, da, wo man in der Brusttasche das Portefeuille zu verbergen pflegt.
    „Aha!“ nickte der Baron. „Sie sind wohlhabend!“
    „Nicht nur das, sondern reich“, antwortete der Amerikaner mit einer gewissen bescheidenen Selbstzufriedenheit.
    „So reisen Sie jetzt zum Vergnügen?“
    „Ja, und eigentlich doch nicht.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Ich will mich hier niederlassen.“
    „Ach so! Wohl in Ihrer Heimat?“
    „Ja, wenn es möglich ist.“
    „Darf ich erfahren, wo dies ist?“
    „Geboren bin ich in dem kleinen Gebirgsstädtchen Langenstadt. Kennen Sie es?“
    „Ja. Wollen Sie direkt dorthin?“
    „Ja. Wie weit ist es von hier?“
    „Zu Fuß zehn Stunden.“
    „Ach, so weit!“
    „Ja. Sie müssen immer quer durch die Berge. Eine eigentliche direkte Straße gibt es nicht. Sie hätten auf der Eisenbahn bleiben sollen.“
    „Das wollte ich nicht. Ich wollte den ersten Schritt in die Heimat mit meinen eigenen Füßen tun. Daß ich so quer über die Berge steigen muß, ist mir ganz lieb. Auf diese Weise lerne ich die Heimat gleich gut kennen.“
    „Haben Sie Verwandte dort?“
    „Ja. Der Bruder meines Vaters lebt noch dort. Er heißt Weber.“
    „Das ist also auch Ihr Name?“
    „Ja, natürlich. Mein Oheim ist ein armer Holzschnitzer, soll aber jetzt mit Obst handeln. Auch mein

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