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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Magda?“
    „Ja.“
    „Die sich nach der Residenz vermietet hat?“
    „Ja. Man hat sie halb mit Gewalt und halb mit List nach Rollenburg geschleppt. Ich kam gerade zur rechten Zeit!“
    „Frau, hörst du es? Die Magda, die wir immer so gern gehabt haben. Ist das möglich!“
    Die Freifrau schüttelte den Kopf und fragte:
    „Weiß ihr Vater davon?“
    „Nein. Ich gab ihr den Rat, es ihm zu verschweigen, da er sich ja ungeheuer kränken würde.“
    „Recht so! Aber die Schuldigen werden doch bestraft?“
    „Natürlich! Sie befinden sich längst in Gefangenschaft.“
    Da legte ihm der Freiherr die Hand auf die Achsel und sagte:
    „Höre, Edmund, deine Offenbarungen haben mich überrascht, und so kam es, daß ich heftig wurde. Aber du darfst die Sache nicht so romantisch nehmen. Du hast ein schönes und unschuldiges Mädchen gerettet – gut! Du hast ein gewisses Wohlgefallen an ihr gefunden – auch gut. Sie hat unschuldig gelitten und ihr Vater auch, und das hat dein gutes Gemüt in Aufregung gebracht – auch gut, auch! Aber was nun weiter? Warum solche vorübergehende Sachen zu einer Tragik ausarbeiten, welche dir später komisch erscheinen wird?“
    „Es ist jetzt ebensowenig tragisch, wie es mir später komisch vorkommen wird, lieber Vater. Ich nehme es, wie es in Wirklichkeit ist, nicht anders.“
    „Das denkst du jetzt. In der Jugend pulsiert das Blut rascher durch die Adern, als in späteren Jahren. Darum erscheint alles vergrößert, das Glück sowohl wie auch das Unglück. Es mag sein, daß du ein eigenartiger Charakter bist. Du bist ernst, stolz, streng mit dir und tief gegründet. Du hast niemals oberflächliche Gefühle und Regungen gekannt. In diesem Fall wirst du sehen, daß du dich geirrt hast. Ich sehe die Zeit kommen, in der du es einsiehst und an dieses Mädchen nur so denkst wie an jede andere Gleichgültige.“
    „Nie!“
    „Ah, es darf nur die Richtige kommen!“
    „Sie war bereits da!“
    Der Freiherr hatte erkannt, daß er seinem Sohn nichts vorzuwerfen habe; dies gab ihm seine gute Laune zurück. Er lachte fröhlich auf und meinte:
    „Oh, es dürfte nur so ein Püppchen kommen wie die Mutter in ihren jungen Tagen war, oder, ah, Sapperment!“
    Er schnippte mit den Fingern.
    Auch die Freifrau lächelte. Sie fragte:
    „Was ist das für ein Geschnippse mit den Fingern? Hast du denn gar so etwas Delikates gesehen?“
    „Oh, delikat ist gar kein Wort für sie. Sie war ein Engel, eine Göttin, eine Königin!“
    „Sie? Also handelt es sich um eine Dame?“
    „Ja.“
    „Schäme dich! In deinen Jahren noch so begeistert zu sein!“
    „Das darf ich mir bieten, denn durch dich bin ich sicher vor Verführung. Ich wollte nur sagen: Wenn hier unser Edmund diese Dame gesehen hätte – ah!“
    „Was wäre dann?“ fragte der Leutnant.
    „Dann wärst du – kuriert, ja kuriert mit einem Wort!“
    „Das ist viel behauptet!“
    „Aber ich weiß, was ich sage. Sie war schön, schwarz wie die Nacht, stolz, edel, und doch lag in ihrem Gesicht ein Weh, ein unterdrücktes Leiden, ich weiß nicht, was. Sie ging ja auch in Trauer.“
    „Hast du mit ihr gesprochen?“
    „Ja, natürlich. Auch mit ihren beiden Begleitern.“
    „Ah, sie hatte Begleiter? Hm!“
    „Da gibt es nichts zu hm! Der eine schien der Ähnlichkeit nach ihr Vater zu sein und der andere –“
    „Ihr Mann“, fiel Edmund schnell ein.
    „Vorwitz! Großer Vorwitz, mein Junge. Du kannst über solche Sachen gar kein Urteil haben.“
    Er war ganz in Begeisterung geraten. Die Freifrau sah ihn lächelnd an und sagte:
    „Höre, mir wird angst um dich!“
    „Warum?“
    „Und sogar auch um mich! Der Anblick dieser Dame hat dich ja ganz aus dem Häuschen gebracht!“
    „Beinahe, ganz richtig! Übrigens fuhren sie erster Klasse.“
    Da wurde der Leutnant aufmerksam. Er fragte:
    „Wann war das?“
    „Nun, heute.“
    „Ah, so!“
    „Ja. Als ich in Grünthal ins Coupé stieg, saßen sie bereits drin. Ich war in Grünthal bei Barons geblieben und in diesen Zug gestiegen, um zeitig bei euch zu sein. Zwei Herren und eine Dame. Famose Gesellschaft und famose Unterhaltung! Man stellt sich natürlich bei so kurzer Reisestrecke nicht vor; ich weiß also gar nicht, wer sie sind; aber ich bleibe dabei: hättest du die Dame gesehen, so wäre es um dich geschehen gewesen.“
    Das Gesicht des Leutnants hatte sich mit einem Mal gerötet, und seine Augen glänzten fast entzückt.
    „Darum konntest du dich, als du hier in Randau

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