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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sie ist ihm dankbar; das ist alles.“
    Er verabschiedete sich, nahm eine Droschke und fuhr sofort zu Alma von Helfenstein. Sie empfing ihn mit einer innigen Umarmung und zog ihn zu sich auf den Diwan nieder.
    „Bringst du mir vielleicht eine Neuigkeit?“ fragte sie.
    „Sogar einige.“
    „Bitte, laß mich sie hören!“
    „Zunächst hat mir gestern der Hauptmann einen Besuch abgestattet.“
    „Mein Gott! Er war bei dir? Ihr seid doch nicht in Kampf geraten?“
    „Nein; hab keine Sorge! Er war nur auf meiner Veranda und weiß gar nicht, daß ich ihn gesehen und belauscht habe.“
    „Was wollte er dort?“
    „Er suchte seine Frau.“
    „Weiß er denn etwa, daß sie sich bei dir befindet?“
    „Einer seiner Leute hat sie aufspioniert. Sie stiegen miteinander auf die Veranda und blickten in das Zimmer.“
    „O weh! So ist alles verraten!“
    „Noch nicht. Ich hatte die Baronin hinausbringen und die Köchin sich in das Bett legen lassen. Der Baron war allerdings sehr enttäuscht; er ist überzeugt, daß sein Untergebener sich geirrt hat.“
    „Aber ein Verdacht wird dennoch sitzenbleiben.“
    „Ganz gewiß. Darum habe ich die Baronin eine Etage höher und nach der Front heraus plazieren lassen. Die zweite Neuigkeit ist weit wichtiger.“
    „Laß sie hören!“
    „Nicht eher, als bis du mir zweierlei versprochen hast.“
    „Was?“
    „Erstens einen Kuß zum Lohn und zweitens, daß du nicht erschrecken willst darüber.“
    „Ist es so schrecklich?“
    „Nein; es gibt auch einen freudigen Schreck!“
    „Oh, seit ich dich wiederhabe, bin ich stark. Den Kuß sollst du recht gern pränumerando erhalten.“
    Sie umschlang seinen Nacken und küßte ihn innig.
    „So! Nun erzähle!“ sagte sie dann.
    „Zunächst werde ich dir nichts erzählen, sondern dir nur etwas zeigen. Kennst du vielleicht diesen Gegenstand?“
    Er zog das Medaillon hervor und gab es ihr. Sie warf einen Blick darauf, stieß einen lauten Schrei aus und griff mit den Händen nach ihrem Herzen.
    „Siehst du, daß du sehr erschrocken bist!“ sagte er.
    „Vor Freude, vor Freude! Vor Wonne, mein geliebter Gustav. Mein Gott und Herr! Das ist ja Roberts Medaillon!“
    „Ja, gewiß!“
    „Es ist nicht mitverbrannt. Man hat es jedenfalls unter dem Schutt gefunden.“
    „Ich denke anders. Nicht nur das Medaillon ist erhalten worden, sondern auch der kleine Robert.“
    „Du meinst, daß er noch lebe?“
    „Ja.“
    „Aber Ella sagte das Gegenteil!“
    „Das beweist noch nichts. Ich werde mit den beiden Schmieden sprechen. Vielleicht bringe ich sie zum Geständnis. Erst dann können wir sagen, ob er tot sei oder nicht.“
    „Wer aber ist jetzt Eigentümer des Medaillons?“
    „Robert Bertram.“
    Sie blickte ihn mit großen, weitgeöffneten Augen an, dann schlug sie plötzlich vor Entzücken die schönen Händchen zusammen, sprang wie elektrisiert vom Sitz auf und rief:
    „Er ist's! Er ist's! Er und kein anderer! Mein Herz sagt es mir, und das wird recht behalten.“
    „Auch ich stimme dir bei.“
    „Auch du? Siehst du! Siehst du! Und was sagt Bertram dazu? Ich muß sofort hin, um ihn zu umarmen!“
    „Warte, warte, liebes Kind! Er weiß kein Wort.“
    „Kein Wort? Warum nicht?“
    „Ich muß erst meiner Sache sicher sein, ehe ich die Gemütsruhe des braven Jünglings so gewaltig störe. Komm, setz dich; ich will dir die Geschichte dieses Medaillons erzählen.“
    Als er später die Geliebte verließ, war er mit ihr einig geworden, Robert Bertram noch nichts zu sagen, sondern erst mit den Schmieden zu sprechen und die erforderliche Erkundigung im Findel- und Waisenhause einzuziehen.
    Um vielleicht dieselbe Zeit saß in der betreffenden Kellerrestauration der Agent Bauer, welcher der Leutnant des Hauptmanns war. Er wartete auf den letzteren, welcher bekanntlich unter der Maske eines emeritierten Kantors und Organisten hier zu verkehren pflegte.
    Dieser letztere erschien auch baldigst und setzte sich zu ihm. Das Gespräch, welches sie führten, drehte sich um die Unterredung, welche der Hauptmann gestern nach Mitternacht mit dem Diener Leonhardt gehabt hatte.
    „Dieser Mensch“, sagte der Agent, „scheint ein ehrlicher Kerl zu sein. Wenigstens ist er mir ganz so vorgekommen.“
    „Mir auch. Er ist dummehrlich.“
    „Hm! Vielleicht doch nicht so dumm, wie Sie meinen. Er scheint denn doch ein Gutteil Verschlagenheit zu besitzen. Er kommt mir ganz so vor wie ein dummer Bauer!“
    „Mir allerdings nicht. Und wie reimt sich das

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