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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dies.“
    „Was sollen wir unterschlagen und gefälscht haben, Durchlaucht?“ fragte Judith.
    „Eine goldene Kette nebst Medaillon.“
    Sie erbleichte.
    „Wer sagt das?“ fragte sie.
    „Der Staatsanwalt.“
    „Wer kann es uns beweisen?“
    „Der Richter.“
    „Er weiß nichts; er kann nichts beweisen.“
    „Oh, es sind Zeugen da!“
    „Wer sind sie?“
    „Robert Bertram.“
    „Der hat seine Kette wieder zurückerhalten.“
    „Auch sein Medaillon?“
    „Ja.“
    „Oder vielmehr ein gefälschtes, ein nachgemachtes.“
    „Das ist eine Lüge!“
    „Es gibt noch einen Zeugen.“
    „Wer ist das?“
    „Der Goldarbeiter Jakob Simeon, welcher in Ihrem Auftrag das Herz verändert hat.“
    „Er lügt.“
    „Er wird sein Geständnis beschwören, und Sie beide wird man arretieren! Sie dauern mich; aber ich kann nichts ändern. Noch wäre es Zeit, sich zu retten!“
    „Wieso retten?“
    „Wenn Sie das Geschmeide freiwillig herausgeben, will Robert Bertram diese Angelegenheit auf sich beruhen lassen. Sie haben das echte Medaillon; man weiß es ganz genau. Sie könnten zwar auf den Gedanken kommen, es zu vernichten, aber das würde Ihre Lage nur verschlimmern.“
    Sie antworteten nicht. Er ließ einige Augenblicke verstreichen; dann fuhr er in wohlwollendem Ton fort:
    „Bertram beschwört, daß er Ihnen das echte Medaillon gegeben und dafür ein falsches erhalten hat. Jakob Simeon beschwört, daß er von Ihnen das echte erhalten hat, um ein unechtes danach anzufertigen; er beschwört ferner, daß er Ihnen das echte zurückgegeben hat und daß dasjenige, welches Bertram von Ihnen erhielt, das von ihm angefertigte unechte ist. Nun mögen Sie gestehen oder nicht, das Zuchthaus ist Ihnen gewiß.“
    „Zuchthaus!“ kreischte die Alte.
    „Zuchthaus!“ murmelte auch Judith vor sich hin.
    „Und nicht bloß das! Robert Bertram will Ihnen wohl. Er rühmt Ihre Freundlichkeit; er denkt gern an Sie und spricht gern von Ihnen. Er nimmt noch jetzt an, daß die Verwechslung der Medaillons nur eine ganz zufällige gewesen ist. Er hält Sie für brav und ehrlich. Aber wenn Sie beim Leugnen bleiben, dann ist er gezwungen, Sie allerdings für Betrügerinnen zu halten. Und das würde ihm leid, sehr leid tun.“
    „Leid, sehr leid!“ flüsterte Judith.
    In ihrem Gesicht sprach sich ein Kampf aus, den sie jetzt in ihrem Inneren durchmachte. Dann aber fuhr sie wie in einem raschen, kräftigen Entschluß von ihrem Stuhl auf und fragte:
    „Würde es ihm wirklich leid tun, Durchlaucht?“
    „Ja, gewiß, herzlich leid.“
    „Und er spricht gern von uns?“
    „Sehr gern! Sie sind doch gut und freundlich gegen ihn gewesen, als er sich in Not befand.“
    „So soll er sein Medaillon haben!“
    „Judith!“ rief die Alte abmahnend.
    „Schweig, Mutter! Es gehört uns nicht; es ist sein Eigentum, und er hält uns für ehrlich! Ich hole es!“
    Sie ging in ihr Zimmer und brachte das Medaillon.
    „Hier, Durchlaucht, ist es“, sagte sie. „Geben Sie es ihm, und sagen Sie ihm, daß Judith Levi dieses Herz hat zurückbehalten, nicht um ihm zu schaden.“
    „Davon bin ich und davon ist auch er überzeugt.“
    Er betrachtete den für die Betreffenden so wertvollen Schmuck. Er hatte ihn früher hundertmal gesehen und erkannte ihn sofort wieder. Es jauchzte in seinem Inneren auf. Er konnte nun doch nicht an die Aussage der Baronin Ella, daß der kleine Robert mit verbrannt sei, glauben.
    „Nun aber werden uns doch nicht die Gerichte arretieren und bestrafen?“ fragte die alte Rebekka.
    „Wegen diesem Medaillon nicht.“
    „Nun, und anderes haben wir uns nicht vorzuwerfen. Das falsche Medaillon erhalten wir wohl wieder zurück?“
    „Ja. Ich werde es Ihnen senden.“
    Da trat Judith einen Schritt näher und sagte:
    „Wäre es nicht möglich, daß er – er – er es uns selbst bringen könnte, Durchlaucht?“
    „Vielleicht. Ich will es ihm sagen.“
    „Und – und – noch eins!“
    Sie senkte den Blick verlegen zu Boden.
    „Was? Fragen Sie immerhin!“
    „Geht er oft zu Hellenbachs?“
    „Zuweilen.“
    „Und Fräulein von Hellenbach zu ihm?“
    „Wer behauptet das?“
    „Ich bin ihnen auf der Straße begegnet. Sie ritten miteinander spazieren.“
    Dem Fürsten tat das verschmähte Mädchen leid. Es war ein Charakter, der durch Liebe zu allem Guten, Schönen und Erhabenen zu bringen war.
    „Sie sehen sich zuweilen. Er hat damals den Riesen Bormann bei ihr überrascht, dadurch sind sie miteinander bekannt geworden.

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