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64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte

Titel: 64 - Der verlorene Sohn 05 - Jäger und Gejagte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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getan, was verboten ist.“
    „So, so! Ist Ihnen der Waldkönig bekannt?“
    „Nein.“
    „Sie haben wohl nie von ihm gehört?“
    „Sehr viele Male; aber gesehen haben wir ihn nie!“
    „Kennen Sie den Baron Franz von Helfenstein?“
    „Ja; er ist ja unser Schloßherr.“
    „Sie haben ihn nur als Ihren Schloßherrn kennengelernt?“
    „Ja.“
    „Haben Sie vielleicht eine Ahnung, wer der Waldkönig ist?“
    „Nein. Was geht er uns überhaupt an?“
    Da hustete der Fürst im Nebenzimmer. Der Staatsanwalt hörte es und sagte zu dem Schmied:
    „Ich sehe, daß Sie sich hier auf das Leugnen legen. Ich will mich gar nicht mit Ihnen herumärgern. Ich werde Sie von einem anderen Herrn vernehmen lassen, dem Sie wohl besser antworten werden als mir.“
    „Machen Sie, was Sie wollen! Ich kann doch nur das sagen, was wahr ist.“
    „Kommen Sie mit, hier in das Nebenzimmer!“
    Er deutete nach der offenen Tür. Der Schmied gehorchte und ging hinaus. Der Staatsanwalt folgte ihm bis zum Eingang. Er erblickte zu seinem Erstaunen einen vollständig fremden, jungen Mann, welcher mit über das Papier gebeugtem Gesicht am Tisch saß. An der Wand hingen Hut und Pelz. Beide gehörten dem Fürsten. Der Beamte stand bereits im Begriff, eine Frage auszusprechen, da erhob der Fürst langsam sein Gesicht, welches jetzt weder Bart noch Narbe zeigte, und richtete die großen, dunklen Augen mit durchdringendem Blick auf den vor ihm stehenden Schmied.
    „Guten Morgen, Meister Wolf!“ sagte er. „Es ist sehr lange her, daß wir uns nicht gesehen haben.“
    Da fuhr der Schmied zurück und rief aus:
    „Brandt! Herr Brandt!“
    „Sie kennen mich noch? Das ist hübsch von Ihnen.“
    „Tod und Teufel! Was machen Sie denn hier?“
    „Ich habe Sie zu verhören, wie Sie sehen.“
    „Sie sind ja als Mörder –“
    „Unsinn! Gerade Sie wissen am besten, daß ich nicht der Mörder bin!“
    „Ich –?“
    „Ja, natürlich! Sie waren ja dabei!“
    „Ich? Dabei? Wo denken Sie hin!“
    „Machen Sie doch keine solchen Lügen! Wer eine Unwahrheit sagt, der muß sie wenigstens so vorbringen, daß man sie allenfalls glauben kann. Sie haben ja erst gestern Abend dem Baron Franz von Helfenstein erzählt, daß Sie ihn damals beobachtet haben!“
    „Ich –? Ihm –? Wo soll ich mit ihm gesprochen haben, Herr Brandt?“
    „In seinem Arbeitszimmer. Nicht?“
    „Nein.“
    Der Fürst schüttelte den Kopf und sagte in ernstem Ton:
    „Wolf, Wolf! Ich habe Sie für weit klüger gehalten, als Sie sich jetzt zeigen. Sie wissen, daß Sie mir einst einen sehr großen Freundschaftsdienst erwiesen haben, von dem ich allerdings niemals sprechen werde; aber ich bin Ihnen dankbar dafür und will Ihnen meine Dankbarkeit dadurch beweisen, daß ich Ihnen den besten Rat gebe, den es gegenwärtig für Sie gibt: Legen Sie sich nicht auf das Leugnen. Sie verschlimmern sich Ihre Lage außerordentlich.“
    Der Alte hatte seit dem Augenblick, an welchem er Brandt erkannt hatte, eine ganz andere Haltung gezeigt als vorher. Seine Gestalt war zusammengesunken, und sein Auge hatte den Glanz verloren. Er war wie niedergeschmettert, besaß aber genug Widerstandsfähigkeit, um nicht geradezu überrumpelt zu werden.
    „Herr Brandt, sagen Sie mir, wie Sie hierher kommen, hierher, ins Amtsgericht“, bat er.
    „Das muß ich leider verschweigen!“
    „Sie sind nicht mehr flüchtig?“
    „Nein.“
    „Sind Sie begnadigt?“
    „Auch nicht. Man weiß, daß ich unschuldig war.“
    „Wie hat man dies bewiesen?“
    „Der Beweis ist auf verschiedenen Wegen geführt worden. Ich habe auch Sie als Zeugen angegeben.“
    „Mich?“
    „Ja, Sie und Ihren Sohn.“
    „Wir wissen ja von gar nichts!“
    „Ich kann nichts dagegen haben, daß Sie auch jetzt noch das Geschehene in Abrede stellen; es ist das Ihre Sache. Aber die Baronin Ella von Helfenstein hat für mich gezeugt. Ich brauche Sie gar nicht. Um Ihretwillen wäre es mir lieb gewesen, wenn Sie der Wahrheit die Ehre gegeben hätten. Ich hätte Sie der Gnade des Königs empfohlen, und meine Bitte, meine Fürbitte hätte Ihnen Nutzen gebracht.“
    Er sagte das in einem so eindringlichen, freundschaftlichen Ton, daß der Alte sichtlich gerührt wurde. Dennoch aber machte er eine abwehrende Handbewegung und sagte:
    „Ich weiß gar nicht.“
    „Desto mehr weiß ich, Wolf. Also erstens sind Sie dabeigewesen, als der Baron Franz den Obersten von Hellenbach im Wald erschoß.“
    „Nein und abermals nein!“
    „Ferner haben

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