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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verkaufsladen.“
    „Er hat keinen; er braucht ja keinen“, antwortete sie ganz verlegen.
    „Also keinen Laden? Ich hätte mir gern ein Paar Stiefel bei ihm gekauft. So aber bessert er wohl nur aus? Darf ich erfahren, wo seine Werkstätte ist?“
    Sie blickte erst den Sprecher, dann auch Randau ganz verwirrt an; dann aber zuckte es ganz plötzlich über ihr Gesichtchen wie ein unwiderstehlicher Reiz zum Lachen.
    „Adieu!“ brachte sie noch hervor, dann riß sie ihr Taschentuch heraus und hielt es vor den Mund, indem sie sich eiligst entfernte.
    Die beiden blickten ihr nach, Hagenau mit weit aufgerissenen Augen. Ebenso weit stand sein Mund offen. Randau gab sich Mühe, ernst zu bleiben. Er fragte möglichst unbefangen:
    „Also das war sie?“
    „Ja, das war sie.“
    „Scheint ein kleiner Kobold zu sein!“
    „Habe vom Kobold noch nichts bemerkt.“
    „Aber dieses Lachen?“
    „Kann es auch nicht begreifen. Verflucht! Also ihr Vater hat keinen Laden, ist vermutlich nur Flickschuster!“
    „Das kühlt, nicht wahr?“
    „Hm, ja! Aber wenn man es recht nimmt, so ist es ganz egal, ob er nur flickt oder auch neues Schuhwerk macht. Schuster ist Schuster. Warum aber hat sie gelacht?“
    „Wer weiß es!“
    „Das möchte ich erfahren.“
    „So mußt du ihr nach.“
    „Jetzt freilich nicht. Das war ja gerade, als ob sie mich auslache! Aber dennoch muß ich wissen, ob sie wieder nach dem Hotel geht. Kommst du mit?“
    „Ja.“
    Während sie ihr nachschritten, nahm Randau seine Brieftasche hervor und die Fotografie heraus. Er blieb einen halben Schritt zurück, ließ sie fallen und bückte sich dann, um sie aufzuheben. Die Brieftasche hatte er schon wieder eingesteckt.
    „Etwas gefunden?“ fragte Hagenau.
    „Eine Foto – ah! Kennst du diese hier.“
    „Natürlich!“ sagte Hagenau rasch. „Her damit!“
    Er langte zu.
    „Oho! Sie hat sie verloren, und ich bin der Finder.“
    „Nein, nein! Ich habe sie verloren.“
    „Das ist doch wohl nicht denkbar.“
    „Oh, gewiß. Ich hatte sie da unter die Weste gesteckt, und da ist sie mir herabgerutscht.“
    „Unter die Weste? Ich glaube gar, du trägst diese Fotografie auf deinem treuen Herzen!“
    „Für gewöhnlich nicht. Ich will dir aufrichtig sagen, daß ich das Bild in der Hand hielt als du klopftest. Ich wußte nicht, wer Einlaß begehrte und wollte es nicht sehen lassen. Darum schob ich es unter die Weste.“
    „Und dachtest nicht wieder daran!“
    „Leider! Ich konnte es hier verlieren. Wie gut, daß du bei mir gewesen bist.“
    „Wie aber kommst du zu ihrer Fotografie, da du sie noch so wenig kennst?“
    „Hm! Auf eine sehr schlaue Weise. Ist meine eigene Erfindung, habe es mir selbst ausgedacht.“
    „Nun, wie denn?“
    „Es ist ein Augenblicksbild.“
    „Ah, ich verstehe. Du hast einen Fotografen da postiert, wo sie vorüber mußte?“
    „Ja. Habe ein einfensteriges Zimmer gemietet, kostet für diese fünf Minuten fünf Gulden, der Fotograf dreißig Gulden, macht fünfunddreißig.“
    „Teure Fotografie!“
    „Schadet nichts! Ich wollte sie haben, und ich habe sie; das ist genug. Schau, da tritt sie ins Hotel!“
    „Ja. Was nun?“
    „Hm! Weiß nicht.“
    „Etwa patrouillieren?“
    „Ich möchte doch abwarten, ob sie vielleicht bald herauskommt. Nicht?“
    „Ich verzichte. Du wirst es mir verzeihen, da ich doch kein Interesse dabei habe.“
    „Natürlich! Wo sehen wir uns wieder?“
    „Für heute wohl nicht. Du verreisest, und ich habe noch verschiedene Besuche zu machen.“
    „So willst du dich verabschieden? Na, also, wenn du nicht anders willst. Nochmals herzlichen Dank für –“
    „Pah! Schweig davon! Wenn du glaubst, mir Dank schuldig zu sein, so grüße mir Fräulein Holm. Mehr verlange ich nicht.“
    Sie schieden.
    Hagenau schritt noch eine ganze Weile auf der Straße hin und her, verlor aber dann doch die Geduld und entfernte sich.
    Es war ihm sehr unlieb, jetzt verreisen zu müssen, da er die Geliebte nach vierzehntägigem Warten zum ersten Mal wiedergesehen hatte; doch ließ sich dies leider nicht ändern. Er nahm sich vor, schleunigst zurückzukehren.
    Am Nachmittage fuhr er zum Bahnhof und nahm in einem Coupé zweiter Klasse Platz. Kurz bevor der Zug abgehen sollte, hörte er eine männliche Stimme rufen:
    „Station Wildau! Damencoupé!“
    „Damencoupé ist bereits voll!“ antwortete der Schaffner.
    „Dann Coupé für Nichtraucher.“
    „Hier! Bitte!“
    Der Konduktor machte Hagenaus Tür auf und dieser

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