65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Lachen entgegen.
„Sie haben sich also nach mir erkundigt?“ fragte sie.
„Ja“, sagte er verlegen. „Ich habe mir erlaubt!“
„Weshalb?“
Das klang ganz wie ein neckischer Backfisch.
„Weil – weil – wegen – hm, in der Absicht, von wegen des Grundes, daß die Veranlassung – eigentlich war die Ursache – hm, ich sah Sie zuweilen.“
„Ach so! Sie wünschten zu wissen, wer ich bin?“
„Ja“, antwortete er, erleichtert aufatmend.
„Sagte man es Ihnen?“
„Gewiß.“
„Daß ich dort kochen lerne?“
„Und daß Sie Abends elf Uhr nach Hause gehen.“
„Oh.“
„Leider habe ich Sie aber gerade zu dieser Zeit niemals gesehen. Ich wartete da – wollte sagen, ich befand mich zufällig einige Male in der Nähe.“
Sie lachte wieder halblaut auf und sagte:
„Und welchen Namen hat man Ihnen gesagt?“
„Je – Jet – Jette.“
Jetzt legte sie schnell beide Hände auf den Mund. Ihr Körper zuckte zusammen, doch ließ sie keinen Laut hören; erst nach einer Weile fragte sie:
„Einen weiteren Namen hat man Ihnen wohl nicht genannt?“
„Leider nicht.“
„Warum nicht?“
„Der Kellner wußte ihn selbst nicht. Ihm war nur bekannt, daß Sie in der Küche Jette genannt werden.“
Sie hatte Mühe, ein lautes Lachen zu unterdrücken.
„Ja. Dieser Name ist sehr wohlklingend.“
„Meinen Sie?“
„Ja. Er hat so etwas Schnelles, Rasches an sich.“
„Das finde ich freilich auch.“
„So etwas Saloppes, Gewandtes. Ich habe gerade diesen Namen stets sehr gern gehabt.“
„Ich nicht.“
„Es soll freilich vorkommen, daß es Personen gibt, welche ihren eigenen Namen für unschön erklären. Vielleicht gefällt Ihnen Ihr Familienname besser?“
„Der klingt allerdings hübscher als Jette.“
„Vielleicht höre ich ihn auch einmal?“
„Das ist möglich, da ich ja einige Zeit hier bleibe.“
„Ich hoffe, mich auch länger zu verweilen.“
„Dann ist es möglich, daß wir uns wiedersehen. Aber, bitte, haben Sie noch mehr über mich erfahren?“
„Über Sie selbst eigentlich nicht, aber über Ihren Vater.“
„Was ist es, das Sie erfahren haben?“
„Seine Profession.“
„Ah! Oh, jetzt, jetzt geht mir – welche Profession hat man Ihnen genannt?“
„Er ist Schuhmacher.“
Er ging wieder, wie vorhin, ein Zittern über ihren Körper, aber zum Ausbruch ließ sie ihre Lustigkeit doch nicht kommen. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie diesen Anfall überwältigt hatte, dann sagte sie:
„Darum also fragten Sie heute Vormittag nach dem Laden meines Vaters, Herr von Hagenau?“
„Ja. Wie? Sie kennen mich?“
„Ja, man hat mir Ihren Namen genannt. Auch habe ich Sie einige Male gesehen.“
„Das ist mir sehr interessant!“
„Es war im Winter. Eine alte Frau war gestürzt, eine Bettlerin. Niemand bot ihr Hilfe. Da gingen Sie vorüber, oder vielmehr nicht vorüber, denn Sie halfen ihr auf, führten Sie durch zwei Gassen nach ihrer Wohnung und drückten ihr dort fünf Gulden in die Hand.“
„Woher wissen Sie das?“ fragte er errötend.
„Die arme Frau hat ihr Lob verkündet.“
„Meinerseits ganz unverdient.“
„Dann im vorigen Sommer kamen Sie zufälligerweise in ein Haus des Altmarkts. Im Hof saß ein gelähmter Mann. Er konnte sich nicht bewegen. Man hatte ihn dahin gesetzt, damit er einmal reine Luft atme. Sie blieben bei ihm stehen, betrachtete ihn mitleidig und drückten ihm zehn Gulden in die gelähmte Hand.“
„Ah, woher wissen Sie das?“
„Der Mann war – und ein anderes Mal begegnete Ihnen eine Frau mit fast ganz verhülltem Gesicht. Sie dachen, daß sie krank war. Sie blieben stehen und fragten nach ihrem Leiden. Sie hatte geglaubt, unheilbar krebskrank zu sein; glücklicherweise aber handelte es sich nur um eine Flechte. Sie befand sich auf dem Wege der Besserung, so daß sie bereits ausgehen konnte. Sie gaben auch ihr zehn Gulden, ohne von ihr um eine Gabe gebeten zu sein.“
Er war wirklich schamrot geworden. Sie schob jetzt den Schleier empor. Er blickte in ein rosig schönes, liebes Angesicht, aus welchem zwei milde Augensterne ihm freundlich entgegenstrahlten. Er wußte gar nicht, wie es kam, aber er fühlte plötzlich einen Mut, als ob er jetzt alles tun und sagen könne.
„Wie haben Sie auch das erfahren?“ fragte er.
„Ich kenne diese Frau, sie heißt Werner. Und jener gelähmte Mann ist mein Vater.“
„Ah – o – tausendmal Verzeihung!“ stammelte er.
„Warum Verzeihung?“
„Weil ich es
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