65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
nach, und wir sind ruiniert. Ich muß binnen jetzt und zwei Monaten bare hunderttausend Gulden schaffen.“
„Höchst angenehm!“
„Lassen wir allen Sarkasmus. Die Sache ist wirklich sehr ernst. Kannst du dieses Geld schaffen?“
„Nein.“
„Ich auch nicht.“
„So sind wir eben bankrott!“
„Oho! ein Hagenau macht nicht bankrott. Für ihn, als den Träger eines so wohlklingenden Namens, gibt es stets ein Mittel, in der angegebenen Zeit lumpige hunderttausend Gulden zu schaffen.“
„Du meinst die Heirat?“
„Ja.“
Der Sohn lachte beinahe lustig auf und fragte:
„Wer soll sich dazu bequemen? Du oder ich?“
„Natürlich du!“
„Sieh mich an! Was gibt es so Schönes an mir?“
„Du bist ein Hagenau, das ist genug.“
„Hast du dich vielleicht bereits unter den Töchtern des Landes umgesehen?“
„Natürlich. Ich pflege, wie du ja weißt, in allen Dingen methodisch zu verfahren.“
„Und eine gefunden?“
„Ohne Mühe.“
„Mit diesen Hunderttausend?“
„Mit noch mehr.“
„So bin ich begierig, die Herrliche kennenzulernen.“
„Du kennst sie bereits, wenigstens hast du sie früher gekannt, wenn du ihr auch während der letzten Jahre nicht wieder nahegetreten bis.“
„Wer ist es?“
„Theodolinde.“
„Donnerwetter!“ rief Walther.
„Was sagst du dazu?“
„Es gibt meines Wissens nur eine Theodolinde; das ist Fräulein Theodolinde von Tannenstein.“
„Diese meine ich.“
„Sapperment! Sollte die wirklich anbeißen?“
„Gewiß.“
„Sie soll sich zu einer Schönheit entwickelt haben.“
„Sie ist prächtig, sage ich dir!“
„Hast du sie gesehen?“
„Erst gestern wieder.“
„Und steinreich!“
„Der Kerl ist ein Krösus. Und denke dir, daß er jetzt die ganze Baronie Helfenstein erbt.“
„Wieso?“
„Der Stamm hat den Namen Tannenstein geführt; so heißt ja auch das Dorf, bei welchem Schloß Hirschenau liegt. Später hat sich eine jüngere Linie unter dem Namen Helfenstein abgezweigt. Diese Linie stirbt jetzt aus und alle ihre Besitztümer fallen natürlich nun dem Tannensteiner zu.“
„Das wäre abzuwarten!“
„Darüber gibt es gar keinen Zweifel.“
„Noch lebt Franz von Helfenstein!“
„Er verfällt ganz bestimmt dem Henker.“
„So ist Alma von Helfenstein da!“
„Das ändert nichts. Sie wird einfach hinausbezahlt.“
„Und ferner munkelt man so allerlei von –“
„Was munkelt man?“
„Daß ein verlorener Sohn vorhanden sei.“
„Unsinn! Der Junge ist seinerzeit verbrannt. Ich habe gestern mit dem Tannensteiner gesprochen und alles glatt gemacht. Du brauchst nur zuzugreifen.“
„Was sagt die Tochter?“
„Sie ist einverstanden.“
„Ohne mich zu kennen!“
„Sie sah dich früher, und außerdem nahm ich ihr deine Fotografie mit. Du schienst ihr ganz gut zu gefallen.“
„Freut mich ungeheuer. Du wirst einsehen, daß ich sie mir doch einmal in Augenschein nehmen möchte, ehe ich eine Entscheidung treffe.“
„Meinetwegen, obgleich eine Entscheidung gar nicht zu treffen ist. Wir brauchen Geld, der Tannensteiner gibt es, und seine Tochter ist eine wahre Juno an Schönheit.“
„Du machst mich wirklich neugierig. Wann könnte ich sie wohl zu sehen bekommen?“
„Drüber in Grünbach, wo sie sich jetzt aufhalten.“
„Lieber möchte ich da gleich noch heute hinüber.“
„Das geht nicht. Der Tannensteiner ist nämlich heute hinauf nach Schloß Hirschenau, um seine Ansprüche geltend zu machen, und kommt erst morgen zurück!“
„So muß ich bis morgen warten.“
„Ich betrachte die Angelegenheit als erledigt. Du heiratest die schöne Theodolinde, und wir bleiben im Besitz unserer sämtlichen Güter. Am schwersten hätte mich der Verlust unseres schönen Reitzenhain getroffen. Seit wir die Mineralquelle entdeckt und analysiert haben, geht dieser Ort einer Zukunft entgegen.“
„Die Hauptsache wären eklatante Kuren.“
„Die können wir nachweisen. Da ist zum Beispiel ein Herr Holm, früherer Musikdirektor, vom Schlag gelähmt und von seinem Arzt so weit hergestellt, daß er nach Reitzenhain transportiert werden konnte. Kaum vierzehn Tage hier, ist er bereits beweglich wie eine Lachsforelle.“
„Kennst du ihn persönlich?“
„Ja. Ich spreche gern mit ihm. Er ist ein sehr unterrichteter Mann. Er sitzt gegen Abend vor der Tür. Ich pflege vorüberzugehen und mich da einige Zeit bei ihm zu verweilen.“
„Er hat eine Tochter?“
„Ja. Kennst du sie etwa?“
„Randau kennt
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