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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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haben. Heute will er sich abermals so viel holen.“
    „Für was aber? Wofür?“
    „Für die Kette natürlich und so weiter.“
    „Wahrscheinlich. Sollte sich im Portefeuille hier nicht ein Fingerzeig finden?“
    Holm suchte nach. Er fand mehrere Papiere; sie waren aber wertlos. Endlich, als er bereits die Geduld zu verlieren begann, fand er in einem ziemlich gut verborgenen Fach einen zusammengefalteten Bogen, welcher augenscheinlich neu war.
    „Das ist vielleicht das Richtige!“ meinte er.
    „Bitte, öffnen!“
    „Gleich! Das ist gutes, starkes Aktenpapier. Wie kommt der Mann dazu? Sehen Sie, da ist auch der Wasserstempel, mit welchem das in den Gerichtsämtern gebrauchte Papier gezeichnet ist.“
    „Aber der Inhalt! Bitte, bitte!“ drängte Robert.
    „Gleich, gleich! Hier sind die Zeilen und darunter befindet sich das Siegel des Freiherrn, ja, bei Gott, Freiherrn. Man sieht, daß er hier den Siegelring in Gebrauch genommen hat.“
    „Lesen, lesen!“
    „Gleich, gleich! Hören Sie!“
    „Ich Endesunterzeichneter bekenne hiermit, daß ich Herrn Goldarbeiter Jakob Simeon 25.000 Fl. sage fünfundzwanzigtausend Gulden schulde. Ich mach mich nach Wechselrecht verbindlich, diese Summe bis spätestens übermorgen, den zwölften Juni a.c. Nachmittag sechs Uhr, an ihn zu entrichten und entsage hiermit ausdrücklich aller Weigerung und Ausrede.
    Ernst, Freiherr von Tannenstein
    auf Grünbach.“
    „Also eine Schuldverschreibung“, sagte Robert.
    „Eine Schuldverschreibung in Wechselform. Was meinen Sie, behalten wir das Geld?“
    „Natürlich.“
    „Und diese Verschreibung?“
    „Auch. Wir behalten überhaupt die Tasche nebst Inhalt, um sie der Behörde zu übergeben.“
    „So wollen wir hier das Loch wieder schließen, aber so behutsam und sauber, wie er es getan hatte.“
    „Er wird fürchterlich erschrecken, wenn er zurückkehrt und das Nest leer findet.“
    „Natürlich, denn dann sind im volle fünfzigtausend Gulden verloren. Da müssen wir nun vorsichtig sein. Es ist möglich, daß er schon heute wiederkommt. Findet er das Loch leer, so schöpft er natürlich Verdacht und unser Lauschen heute am Abend ist umsonst.“
    „Sie meinen, wir legen die Brieftasche wieder hinein?“
    „Gott bewahre! Das wäre das Allerdümmste, was wir tun könnten. Nein, die Brieftasche behalten wir.“
    „Aber wenn er zurückkehrt, merkt er ihren Verlust!“
    „Wenn wir es richtig machen, merkt er nichts. Wir müssen es nämlich so einrichten, daß er diesen Ort gar nicht wiederfindet.“
    „Ah, dieser Gedanke ist allerdings sehr gut. Wir machen also das Loch sorgfältig zu.“
    „Nicht bloß das, sondern wir haben es auch mit übergestreutem Laub zu verdecken.“
    „Warum das?“
    „Weil da, wo er mit dem Messer den Rasen zerschnitten hat, das Gras welken wird. Das Viereck würde also sofort in die Augen fallen, wenn wir es nicht durch Laub unsichtbar machten. Nur muß das Laub das Aussehen haben, als ob es hergeweht worden sei.“
    „Aber die Zweige, welche er hier verflochten hat?“
    „Machen wir auseinander.“
    „Schön; dann findet er den Baum nicht leicht.“
    „Oh, er hat sich noch einmal umgesehen. Ich fürchte, er fände diesen Baum trotz alledem, wenn wir nicht noch etwas anderes tun. Wir flechten nämlich die Zweige eines anderen Baums zusammen.“
    „Oder die Zweige zweier Bäume. Das wird ihn ganz bestürzt machen. Er wird gar nicht wissen, woran er ist. Er wird unter diesen Bäumen suchen und doch nur den unverletzten Boden finden. Das wird ihn dermaßen verblüffen, daß er gar nicht auf den Gedanken kommt, der Schatz sei ihm geraubt worden. Kommen Sie. Hier sind wir fertig. Suchen wir uns in einiger Entfernung einen passenden Ort.“
    Der Plan Holms wurde sofort ausgeführt. Eben waren sie damit fertig, und wollten sich entfernen, als sie jemand husten hörten. Sie nahmen rasch eine möglichst unbefangene Haltung an und bewegten sich, wie suchend, unter den Bäumen hin.
    „Halt!“ tönte es ihnen entgegen. „Was gibt es hier in meinem Wald zu suchen?“
    Der Freiherr stand vor ihnen. Er trug eine Doppelbüchse auf der Schulter. Diese Waffe mochte ihm eine ungewöhnliche Sicherheit geben, denn er blickte die beiden jungen Männer wie triumphierend an und fuhr, ohne eine Antwort abzuwarten, fort:
    „Zweifeln Sie nun noch, daß ich der Freiherr von Tannenstein bin?“
    „Ja“, antwortete Holm. „Sie haben sich in der Residenz Moosberg genannt; das wird Ihr richtiger Name

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