65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell
Ohr und sagte:
„Zwischen Hofmachen auf Befehl und Heiraten auf Befehl ist denn doch wohl eine gewisse Art von Unterschied!“
„Mag sein, doch ist dieser Unterschied nicht groß. Also du sagst, daß du dich bereits umgesehen habest. Hast du denn etwas Passendes gefunden?“
„Nein.“
„Du, jetzt glaube ich dir nicht!“
„Durchlaucht!“
„Schon gut! Ich will in deine Herzensgeheimnisse gar nicht dringen, sondern dir einfach sagen, daß auch ich mich für dich umgesehen habe.“
Adolf hustete und machte jetzt nun ein ziemlich bedenkliches Gesicht. Die Sache begann ihm immer weniger spaßhaft zu erscheinen.
„Ich hoffe also, daß du mir erlaubst, dir einen Vorschlag zu machen“, fuhr der Herr fort.
„Einen Vor – schlag –!“ dehnte der Diener. „Ja.“
„Aber ohne Vorbehalt, das bitte ich mir aus! Mein Vorschlag hat Gewicht und muß befolgt werden!“
„O weh!“ entfuhr es dem Bedrängten.
„Was hast du zu erschrecken?“
„Wenn sie mir nun nicht gefällt!“
„Das ist Nebensache. Mir gefällt sie.“
„Sapperment! Verzeihung, gnädiger Herr; aber ich denke, daß ich es bin, der sie nehmen soll!“
„Natürlich!“
„Also muß auch ich es sein, dem sie zu gefallen hat!“
„Versteht sich! Sie hat dir zu gefallen! Das bitte ich mir aus! Ich möchte grad in diesem Fall keinen Ungehorsam wissen.“
Das wurde ernst. Adolf hustete wieder, und viel länger und bedenklicher als vorher. Dann gestand er:
„Jetzt weiß ich bei Gott nicht, woran ich bin!“
„Was weißt du nicht?“
„Ob Durchlaucht immer noch nur scherzen.“
„Immer noch? Ich habe überhaupt noch gar nicht gescherzt. Ich meine es sehr ernst. Das Mädchen ist brav.“
„Hm!“
„Hübsch, sehr hübsch!“
„Geschmacksache!“
„In guten Jahren!“
„Vielleicht sechzig.“
„Und ihr Vater ein ein angestellter Mann!“
„Vielleicht Regierungsrat oder Laternenanzünder!“
„Er ist nämlich Kassierer.“
„Ah! Wo?“
„Beim hiesigen Residenztheater.“
„Lieber Himmel, hilf!“
„Was?“
„Die also, die!“
„Kennst du sie?“
„Ja. Es ist die einzige Tochter, die er hat!“
„Nein, er hat mehrere Töchter.“
„Verzeihung, gnädiger Herr! Dieser Mann hat nur eine einzige Tochter. Ich kenne sie sehr genau. Ich habe einen guten Bekannten, der in sehr intimer Geschäftsbeziehung mit ihr steht.“
„Wieso?“
„Er ist Bandagist und hat ihr ihre Bruchbänder und den Rückgrathalter immer zu reparieren.“
„So kennst du sie also. Das ist mir lieb.“
„Um Gottes willen!“
„Scherz beiseite! Ich wünsche, daß du dich der Tochter des Kassierers näherst, und ich denke, daß mein Wunsch so viel Gewicht hat, daß du wenigstens den Versuch machst.“
„Den Versuch, ja, den will ich machen. Aber ich gestehe aufrichtig, daß ich nicht sehr erbaut bin, zumal ich gehört habe, daß es mit der Anstellung ihres Vaters aus ist.“
„Wieso?“
„Er soll in die Kasse gegriffen haben.“
„Das tut ein jeder, wer eine hat! Also nähere dich dieser Dame, und wenn du mit ihr einig bist, so gib ihrem Vater diese paar Zeilen, sie werden deine Absichten auf das Beste unterstützen.“
Er gab ihm das zusammengefaltete Dekret hin, welches er von dem Direktor erhalten hatte. Adolf machte ein Gesicht, als ob der Himmel am Einstürzen sei, und wollte das Papier öffnen.
„Laß nur jetzt zu!“ meinte sein Herr. „Lies es später, und sage der Dame, daß ich euch meinen Segen gebe! So, jetzt kannst du gehen, lieber Adolf!“
Der Diener ging. Als er die Türe hinter sich zumachte, brummte er vor sich hin:
„Lieber Adolf! Auch noch! Na!“
Da erblickte er Anton, seinen Kameraden, welcher lesend in der Ecke saß. Dieser sah auf, betrachtete ihn forschend, lachte kurz vor sich hin und sagte:
„Mensch, was für ein Gesicht machst du da?“
„Ja, ich möchte es auch sehen!“
„Guck nur in den Spiegel! So eine nageldumme Physiognomie habe ich in meinem ganzen Leben nicht gesehen.“
„Das glaube ich. Es ist mir auch noch nie so dumm zumute gewesen wie jetzt!“
„Was hat es denn gegeben?“
„Etwas ganz Verfluchtes! Denke dir, heiraten soll ich!“
„Sapperment!“
„Und er hat eine für mich ausgewählt!“
„Mach dich nicht lächerlich!“
„Ja, das ist es eben, was mich ganz dumm macht! Er hat allen Ernstes das Verlangen an mich gestellt, daß ich seine Kandidatin heiraten soll.“
„Wenn das wahr ist, so hat er seine ganz besonderen, und zwar guten Absichten
Weitere Kostenlose Bücher