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65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell

Titel: 65 - Der verlorene Sohn 06 - Das letzte Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Straße gar nicht zu machen. Wir gehen den Waldpfad, der gleich stracks zur Försterei führt.“
    Sie war einverstanden. Sie fürchtete sich nicht. Sie hätte sich auch nicht gefürchtet, wenn sie diesen Weg jetzt bei Nacht hätte allein gehen müssen. Wer so lange Jahre im Wald wohnte, der wird vertraut mit allen Schatten desselben.
    So schritten sie still hintereinander her. Sie hatten bereits drei Vierteil des Weges hinter sich und wollten eben über einen Quergang gehen, als der Alte plötzlich stehenblieb und aufmerksam horchte.
    „Was ist's?“ flüsterte sie.
    Er faßte sie bei der Hand.
    „Pst, leise, leise! Komm zurück, da hinter diese buschige Kiefer, aber schnell, schnell!“
    Er drückte sie hinter den dichten Zweigen nieder und kauerte sich neben sie hin.
    „Ich hörte da rechts drin einen Fuß über ein Wurzel stolpern“, raunte er ihr zu.
    „Wer weiß, was es gewesen ist!“
    „Oh, dieses Geräusch weiß Unsereiner von jedem anderen zu unterscheiden. Horch!“
    „Wahrhaftig, es kommt einer!“
    „Nein, es sind zwei.“
    Die Schritte näherten sich. Gerade vor der niedrigen, aber dichten Kiefer, hinter welcher das alte Ehepaar steckte, kreuzten sich die beiden Pfade. Dadurch entstand am Kreuzungspunkt ein offenes Plätzchen, in welches das Licht des Mond zu dringen vermochte. Und gerade da blieben die beiden Kommenden stehen. Der Förster konnte ihre Gesichter sehen und auch ihre Worte hören, obgleich sie nicht laut, sondern mit gedämpfter Stimme sprachen.
    „Hm!“ sagte der eine. „Ich glaube, ich bin irre.“
    „Das wäre dumm! Es wird bald Tag, und wir dürfen nur des Nachts hin. Wir verlieren dadurch einen Tag.“
    „Leider! Ich muß mich besinnen.“
    „Ich denke, Sie kennen die Gegend.“
    „Freilich kenne ich sie; aber man irrt sich doch einmal. Hierher kommen wir. Geradeaus geht es nach der Försterei, an welcher wir vorüber müssen, wenn wir nach dem Zechenhäuschen wollen.“
    „Daß wir auch nicht eher mit dieser verteufelten Strickleiter fertig wurden! Wir könnten längst wenigstens das Geld aus dem Schacht geholt haben!“
    „Na, dazu haben wir noch Zeit, ehe es Tag wird. Ich besinne mich. Wir sind auf dem richtigen Weg. Also hier weiter, immer gradaus!“
    Sie gingen in derselben Richtung weiter.
    „Wer war das?“ fragte die Försterin.
    „Komm schnell, schnell!“ antwortete er, ihren Arm ergreifend und sie mit sich fortziehend.
    „Herrgott, was gibt's denn? Warum diese Eile?“
    „Das sage ich dir unterwegs. Nur vorwärts, bis der Weg wieder breiter wird!“
    Als sie diese Stelle erreicht hatten und nun nebeneinander gehen konnten, sagte er:
    „Hast du den einen, den langen, erkannt?“
    „Nein.“
    „Der fromme Seidelmann.“
    „Gott stehe uns bei!“
    „Ja. Er steht in den Blättern. Zweitausend Gulden für ihn, und ebensoviel für den andern!“
    „Willst du ihn etwa fangen?“
    „Natürlich!“
    „Du, das wage ja nicht!“
    „Warum denn nicht?“
    „Die werden sich wehren!“
    „Wollen sehen, ob sie etwas vermögen. Wollen sehen, ob die beiden Burschen zu Hause sind. Leider wollten sie nach dem Haingrund, der Holzdiebe wegen, die jetzt dort ihr Wesen treiben. Lauf nur, lauf! Ich darf nicht zu spät kommen. Ich muß eher dort sein, wie sie.“
    „Wo denn?“ fragte sie, ganz atemlos neben ihm hereilend.
    „Nach dem Zechenhäuschen natürlich. Es muß von der Pascherzeit her dort Geld und noch anderes stecken, was sie holen wollen.“
    „Da sind sie aber doch auf falschem Weg!“
    „Freilich! Und das ist gut. Der Seidelmann hat sich doch geirrt. Sie müssen an unserem Haus vorüber, sind aber auf dem falschen Pfad fortgegangen. Sie geraten viel zu weit links in den Wald hinein, und ehe sie dies merken, bin ich bereits beim Schacht.“
    Jetzt mündete der Pfad auf die Straße, welche an der Försterei vorüberführte. Sie sahen das Haus liegen und hörten zugleich abermals Schritte und die Stimmen zweier Männer, welche laut miteinander sprachen.
    „Wer mögen diese sein?“ fragte Barbara.
    „Jedenfalls ehrliche Leute! Sie gehen auf der Straße und sprechen laut. Das tun keine Spitzbuben. Komm!“
    Sie gingen weiter, über die Straße hinüber, auf das Försterhaus zu. Sie sahen die beiden Männer, welche näher kamen und vorüber wollten.
    „Wer kommt denn da?“ fragte der eine von ihnen. „Ich glaube gar, das ist unser Förster!“
    „Ja, ich bin's“, antwortete der Genannte.
    „So lange sind Sie geblieben? Wir haben meinen Bruder

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