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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar nimmer sein. Daß muß man dir mal zeigen. Und weil's dir kein anderer zeigt, so will ich's dir zeigen, und darum hab ich die Türen verriegelt, damit ich nicht dabei gestört werden kann.“
    „Herrgott! Was willst mir tun?“
    „Gar nix, wannst Verstand annimmst. Kopfnüssen hast nun bereits genug erhalten; bezahlt hab ich dich also, und nun brauchst bloß höflich zu sein, so geschieht dir weiter nix. Wannst aber wieder mich provozierst, so regnet's so viel Ohrwascherln, daß du denkst, es graupelt in der Stuben!“
    Was noch niemals vorgekommen war – der Müller fühlte Respekt vor diesem resoluten Menschen.
    „So sag, wast willst!“ sprach er.
    „Ich will wissen, wo die Mureni ist.“
    „Da droben, grad über mir.“
    „So, so! Schau, wast für ein Dummrian bist. Wannst das allsogleich gesagt hättest, so wär mir's gar nimmer beikommen, auf deinem Gesicht Klavier zu spielen. Merk's für spätern und sei andermal gescheiter! Jetzt nun weiß ich, was ich wissen wollt, und werd gehn. Nachher wirst wohl deine Dienstleut auf mich hetzen?“
    Der Müller antwortete nicht; aber in seinem Gesicht stand die Bejahung dieser Frage geschrieben. Das merkte der Anton, und darum sagte er:
    „Ich schau dir's gleich an, daß du so was ausgesonnen hast. Aber denk nur ja nicht, daß du damit zu mir auf den Jahrmarkt kommst. Es hat kein Mensch gesehen, daß ich dir im Gesicht spazieren gangen bin. Niemand kann's beweisen. Und nachher, wann du's selber deinen Leuteln sagst, so wirst ausgelacht. Es wird kein Mensch den andern verzähln, daß er Prügel erhalten hat. Nun mach also, wast willst. Ich hab gar nix dagegen. Du kannst dir die Peitschen nachher von jemand aufheben lassen; ich hol sie dir nicht herbei. Also nimm dir die Lehr, die du heut erhalten hast, fein zu Herzen, und bessre dich, dann können wir wohl gar mal gut Freund mitnander werden. Jetzt aber leb wohl, und laß dir's gut bekommen!“
    Er stand auf, setzte den Stuhl wieder an seinen Ort, schob den Riegel zurück und ging. Kaum war er hinaus, so ertönte die Klarinette des Müllers. Ein Knecht hörte das Zeichen und kam herein.
    „Hast den Kerl gesehn, der jetzt bei mir war?“ lautete die Frage.
    „Ja.“
    „Von den Mägden hat ihn eine zu mir hereingewiesen. Frag mal herum, welche!“
    „Gut, sogleich.“
    „Und gib mir die Peitschen her!“
    Der Knecht hob sie auf und gab sie ihm hin, fuhr aber dann schnell zur Tür hinaus, welche er fürsorglicher Weise offengelassen hatte. Es war schon oft dagewesen, daß jemand für das Aufheben der Peitsche, wenn diese der Hand des Müllers entfallen gewesen war, einen derben Hieb mit derselben erhalten hatte.
    Anton war langsam die Treppe emporgestiegen. Droben stand Paula, beschäftigt, ein Rouleau am Vorplatzfenster aufzumachen.
    „Guten Abend auch!“ grüßte er. „Kannst mich wohl zu dera Sängrin bringen?“
    Sie drehte sich um.
    „Ach, du bist's?“ sagte sie. „Warst nicht heut mit mir übers Wasser gefahren?“
    „Ja, mit dir und dem Fex.“
    „Und zur Sängrin willst? Zur Signora Mureni? Komm da herein!“
    Sie öffnete eine Tür. Da drin stand die Leni, aber mit dem Rücken nach dem Eingang.
    „Sag der's! Die bringt dich zu ihr“, meinte Paula.
    Leni drehte sich um. Die beiden früheren Liebesleute standen einen Augenblick lang ganz bewegungslos. Leni bediente sich zuerst ihrer Sprache.
    „Anton!“
    „Leni!“
    Sie hatte unwillkürlich ihre Arme erhoben und kam auf ihn zu. Ihr Gesicht glänzte vor Freude. Er aber blieb stehen, die Hände schlaff herabhängen lassend. Da hielt sie auch ihren Schritt an. Ihr Gesicht entfärbte sich.
    „Was willst bei mir?“ fragte sie.
    „Von dir? Nein. Zur Sängrin will ich, zur Mureni.“
    Sein scharfes Auge stach förmlich in das ihrige hinein.
    „Die bin ich ja!“ sagte sie.
    Er neigte den Kopf einige Male wie einer, der seine Vermutung bestätigt findet. Hinter ihm aber, wo Paula ganz ohne Absicht stehengeblieben war, fragte diese ganz erstaunt:
    „Was sagst? Du bist die Mureni?“
    „Freilich.“
    „Nicht die Dicke?“
    „Nein, sondern ich.“
    „So bist nicht die Dienerin, sondern die Herrin?“
    „Ich bin nicht Herrin und nicht Dienerin; aber ich bin die, für welche dies Logis gemietet worden ist.“
    „Und das sagst erst jetzt! So hast ein wenig Theatern gespielt mit mir?“
    „Ja, das kann sie, das Theaterspielen“, meinte Anton in anzüglichem Ton.
    „Das werd ich dir schon bald erklären“, lächelte Leni, „erst aber muß

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