66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
Was sagt ihr dazu?“
Die Gehilfen schwiegen; da aber doch eine Antwort erfolgen mußte, sagte endlich einer:
„Das ist freilich Pech!“
„Pech? Schafskopf! Was heißt Pech! Es ist um meine Stelle, um mich selbst, um alles geschehen. Nun sitzt noch die Sennerin da drin und tut, als ob sie wahnwitzig sei. Sie spricht kein Wort, gibt keine Antwort – hört ihr, wie der König in sie hineinredet? Nun ist es für mich am besten, ich stürze mich auch in den Abgrund, in welchem jetzt der Halunke liegt!“
Statt dessen aber setzte er sich auf die Bank und stemmte den Kopf in die Hände. Seine Leute blieben wortlos daneben stehen.
Nach einiger Zeit trat Ludwig heraus und befahl:
„Aus unserm Pirschgang wird nun nichts. Wir steigen abwärts, und es wird sofort nach dem Leichnam des Unglücklichen gesucht. Die Sennerin will es so, und es hat zu geschehen.“
In kurzem waren alle unterwegs, Ludwig, die vier Forstbeamten und Leni, welche wortlos an der Seite des Königs hinschritt.
Hätte der Mond weniger hell geleuchtet, so wäre dieser Abstieg höchst gefährlich gewesen; aber er wurde ohne Unfall zurückgelegt. Der König begab sich zum Pfarrer, um bei diesem den Rest der Nacht zuzubringen. Die anderen gingen nach der Schenke und zum Ortsvorstand, um Leute aufzubieten, welche sich an der traurigen Suche beteiligen sollten.
Leni schloß sich natürlich denjenigen an, welche nach der Schenke gingen. Sie wußte, daß ihr Pate dort übernachtete. Als dieser hörte, was geschehen war, wollte er es gar nicht glauben. Sie erzählte ihm alles. Es wurde ihm angst um sie.
„Herr Jesses“, sagte er, „laß doch nur derohalben den Kopf nicht sinken. Es ist halt einer erschossen worden; das ist alles.“
„Alles?“ erwiderte sie tonlos. „Erschossen worden! Ist das nichts?“
„Nun ja! Aber wie geht's im Krieg, wo in einer einzigen Schlacht gleich dreihundert Mann erschossen werden oder wohl gar zwanzigtausend!“
„Aber der Anton ist da nicht dabei!“
„Der Anton? Himmelsakra! Was hast denn grad mit diesem zu schaffen?“
„Er ist mein Bräutigam.“
„Dein – wa – wa – waaas?“
„Mein Bräutigam.“
„Das sagst du so ernsthaft!“
„Soll ich dazu lachen?“
„Nun, lächerlich ist's eigentlich. Wie kommst denn zu einem solchen Bräutigam?“
„Aus Liebe.“
„Aus Lie – Sternhageldonner! Das weiß ich schon beinahe, daß man nicht aus Haß und Rache zu einem Bräutigam kommt!“
„Hast etwa was dagegen?“
„Nein, gar nix, wann er noch lebte. Er war halt ein braver Bub; das weiß ich besser als die andern alle. Aber nun da er tot ist, so – ah, ich möcht noch gar nicht daran glauben, daß er wirklich tot ist.“
„Er ist's!“
„So ein Kerl und tot! Das will sich halt gar nicht aufeinander reimen. Na, wir werden gar bald Gewißheit haben. Hörst, da sind die Leut alle beisammen; da geht's nun fort. Du willst doch nicht auch mit?“
„Ich gehe mit.“
„Ein Dirndl auf der Such? Sei gescheit, und bleib da!“
„Es kann mich nix abbringen!“
„Auch meine Bitte nicht?“
„Nein.“
„Aber denk an deinen guten Ruf. Was müssen die Leut sagen, wann du bei Nacht und Nebel kommst und zu ihnen meinst: Er war mein heimlicher Schatz; er ist diese Nacht bei mir gewest und darum erschossen worden? Es ist aus mit dir, ganz und gar aus. Bleib hier in der Schenk in meiner Stub, die mir der Wirt geben hat. Ich komm bald wieder und sag dir, was wir gefunden haben.“
Sie sah doch ein, daß er recht hatte und fügte sich in seinen Willen. Als die Bewohner des Ortes mit Laternen, Leitern und Seilen abgezogen waren, begab sie sich in die Kammer, aber nicht um zu ruhen; das war ihr unmöglich. Sie schritt in dem Raum auf und ab. Sie fand weder Worte noch Tränen. Als bei Tagesanbruch die Wirtin kam und sie fragte, ob sie etwas essen wolle, schüttelte sie den Kopf. Ihr Kopf brannte. Sie hatte Fieber.
Endlich, endlich kehrte der alte Wurzelhändler zurück. Sein Bericht lautete:
„Wir haben nix gefunden, gar nix. Er muß drüben auf der andern Seiten abgestürzt sein. Nun sind sie hinüber, um da zu suchen; ich aber bin schnell herbeigelaufen, um dir zu sagen, wie die Sachen steht.“
Sie blickte starr vor sich hin; dann plötzlich den Kopf hebend, fragte sie:
„Hast Geld?“
Er fuhr bei dieser so unerwarteten Frage förmlich zurück.
„Geld! Himmelsakra! Wie kommst zu dieser Fragen?“
„Hast Geld?“
„Nun ja, freilich!
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