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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eines Schwindels gefühlt hatte.
    So schritt er weiter und weiter. Er hörte Rufe hinter sich, konnte sie aber natürlich nicht beachten. Sorge machte ihm nur das Wölkchen, welches sich sehr schnell dem Mond näherte. Verdunkelte es diesen so sehr, daß er den Fels nicht mehr erkennen konnte, so konnte er seine Rechnung mit dem Leben schließen.
    Da ertönte das „Halt!“ des Oberförsters hinter ihm.
    Es wurde wiederholt.
    „Wird er etwa gar schießen, wenn er zum dritten Male gerufen hat, und ich gehorche nicht?“ fragte sich Anton.
    Der Oberförster war als ein ausgezeichneter Schütze bekannt. Es stand nicht zu erwarten, daß seine Kugel fehlgehen werde, zumal bei der fast taghellen Mondbeleuchtung. Dennoch durchzuckte den Wilderer ein rascher Gedanke. Er konnte die Beamten täuschen, so daß sie glauben mußten, daß er hinabgestürzt sei. Grad dazu war ihm das Wölkchen höchst willkommen.
    Der Ruf des Oberförsters ertönte zum dritten Mal, dann krachte der Schuß. Anton fühlte etwas, als ob er durch ein Rohr stark angeblasen worden sei; das war vom Luftdruck der hart an seinem Kopf vorübergehenden Kugel. In demselben Augenblick zog das Wölkchen vor den Mond, denselben ziemlich stark verdunkelnd, so daß Anton nicht von der Alm aus gesehen werden aber doch den unter seinen Füßen liegenden Felsengrat noch gut erkennen konnte. Schnell tat er zehn – fünfzehn – zwanzig Schritte vorwärts; dann ließ er sich nieder und legte sich auf den Felsen.
    Schüsse und Rufe ertönten auch von da herüber, wohin er wollte. Das waren jedenfalls Leute, die dorthin postiert waren, um ihm auch jenseits den Weg nach Österreich abzuschneiden. Dann trat eine augenblickliche Stille ein.
    Er nahm an, daß alle dahin blicken würden, wo er sich im Moment des Schusses befunden hatte, und da er zwanzig Schritte weiter vorgerückt war, so sah man ihn wohl nicht, obgleich das Wölkchen den Mond jetzt wieder freigegeben hatte. Er ließ die Steine in die Tiefe fallen. Das Geräusch, welches sie verursachten, mußte die Leute auf den Gedanken bringen, er selbst sei abgestürzt.
    Laute Schreckensrufe waren hinter ihm erklungen, ein Beweis, daß seine Absicht, die Männer zu täuschen, gelungen sei. Nun kroch er vorwärts, den Körper in liegender Stellung haltend, nicht langsam, sondern möglichst schnell, wie ein Wiesel, so gewandt.
    Das mußte er, denn er hörte eilige Schritte von der Höhe, nach welcher er seine Flucht richtete, herabkommen und laute aufmunternde Stimmen erschallen.
    Er mußte eher als diese Leute an dem Rand des Abgrunds ankommen.
    Jetzt erreichte er die Stelle, wo der Schatten des Berges sich auf den Felsengrat legte, doch war dieser letztere noch immer zu erkennen. Er erhob sich und balancierte weiter.
    „Ist er getroffen worden?“ fragte eine atemlose Stimme von aufwärts herab.
    „Weiß nicht“, antwortete eine andere, welche von weiter abwärts und viel näher ertönte.
    „So schnell, schnell, damit wir ihn noch auf dem Grat überraschen!“
    Jetzt galt es! Wohl noch dreißig Ellen waren zwischen Abgründen zurückzulegen. Anton sprang mehr, als er ging. Da – da – noch ein kühner, weiter, tigerartiger Satz, und er hatte den Rand erreicht.
    Zugleich aber tauchte die Gestalt des ersten, ihm entgegenkommenden Feindes auf. Anton sprang seitwärts weiter. Er war gesehen worden.
    „Halt! Halt!“ rief es.
    Die Gefahr verlieh ihm doppelte Schnelligkeit. Er konnte unmöglich den steilen Berg empor, in den Abgrund, dem er soeben erst entgangen war, auch nicht; er mußte also grad vorwärts, seinen Verfolgern entgegen. Er schlug einen kleinen Bogen und warf sich dann glatt zur Erde nieder. Der erste Verfolger rannte in kurzer Entfernung an ihm vorüber. Jetzt erhob er sich und schnellte vorwärts. Vor ihm tauchte das Alpengebäude auf, in welchem die Nachtwandlerin wohnte. Jenseits desselben erklangen die eiligen Schritte der ihm entgegenkommenden Verfolger, und hinter ihm hatte sich der erste derselben wieder umgedreht und kam auf ihn zu. Anton befand sich also grad in ihrer Mitte. Es gab keine andere Rettung als in das Haus. Er zog blitzschnell die Bergschuh aus, um seinen Tritt unhörbar zu machen, und sprang auf das Gebäude zu. Dieses war nicht eine gewöhnliche kleine Almhütte, sondern es bestand aus einem Erdgeschoß mit mehreren Räumen und zwei darüberliegenden Giebelstübchen. Das Dach ragte weit vor.
    Eben wollte er um die Ecke des Hauses biegen, hielt aber den eiligen Schritt noch

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