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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wieviel?“
    „Viel.“
    „Wozu?“
    „Für mich.“
    „Das weiß ich, daß es nicht für den Kirchturm ist. Was willst denn grad jetzt mit dem Geld machen?“
    „Ich will es hinüber zu seinen Eltern tragen.“
    „Zu den seinigen? Himmelsakra, was fällt dir ein! Bist etwa dem Krösus seine Frau oder dem Rothschild seine einzige Tochter, he?“
    „Ich bin reich!“
    „Reich? Jetzt nun bleibt mir alleweil der Verstand im Kopfe stillstehn! Das Dirndl will reich sein! Wieviel hast denn im Vermögen?“
    „Tausend Mark.“
    „So! Und da bist halt reich? Hast wohl Wespen im Kopf? Tausend Mark, das ist ein Quark! Verstanden! Und die willst etwa alle gleich hinübertragen?“
    „Ja.“
    „Schön! Trag sie nüber! Aber von mir bekommst sie nicht. Das sag ich dir gleich. Man sollt gar nicht glauben, was sich so ein Dirndl gleich einbilden tut, wann ihr mal die Lieb verkehrt läuft. Jetzt ist der Anton tot, und nun will sie vor Grimm gleich alles derschlagen; sogar ihr ganzes Geldl will sie totschlagen. Da wird nix daraus! Da bin ich halt auch noch da, der Pat' und Vormund. Heut wird überhaupt nix unternommen, gar nix. Man soll nicht gleich im ersten Augenblick tun, was einem einfällt, sondern man soll sich fein hübsch alles überlegen. Wart bis morgen; dann ist auch noch ein Tag!“
    So sprach er nach seiner kräftigen, halb komischen Manier in sie hinein, und es gelang dem guten Alten wirklich, sie einigermaßen zu beruhigen. Sie erklärte, warten zu wollen, bis man auch auf der andern Seite des Felsengrates gesucht habe. Indessen wurde ein Mädchen, welches grad Zeit hatte, hinauf zur Alm geschickt, um dort einstweilen Lenis Stelle zu vertreten, damit die Kühe nicht eingeschlossen blieben und zur Weide gehen konnten.
    Erst gegen Mittag kamen die Leute zurück. Sie hatten nichts gefunden, da die eine Seite des Abgrundes so unzugänglich war, daß man gar nicht hinabgelangen konnte. Da unten mußte vermutlich der vollständig zerschmetterte Leichnam liegen.
    Als Leni diese Nachricht erhielt, brach sie vor Schmerz fast zusammen. Der Wurzelsepp saß bei ihr und weinte mit. Sein Liebling war ihm so an das alte Herz gewachsen, daß er den Schmerz des schönen Mädchens tief mitfühlte.
    „Wer hätt das gedacht“, sagte er, „weißt, gestern, als wir miteinander jodelten, und der König kam dazu. Hast denn nicht gewußt, daß er es war?“
    „Nein.“
    „Ja, ich kann's mir denken, wie das gewesen ist. Erst hast's nicht gewußt, und nachher, als du es merktest, hast keine Zeit gehabt, an den König zu denken. Jetzt geht's auch ihm zu nahe, denn er ist wohl ein wenig mit schuld daran. Er denkt nicht an die Gamserln und sitzt beim Pfarrer wie ein Einsiedlermönch. Aber du darfst den Kopf nicht sinken lassen. Du bist halt nicht die einzige, die so etwas erlebt. Andere können halt auch davon reden.“
    „Du nicht, Pat' Sepp!“
    „Ich nicht? Was?“
    „Nein, du nicht. Du bist ein alter Junggesell und hast keinen solchen Kummer gehabt.“
    „So, also ich nicht! Sag doch einmal, was schlimmer ist, wenn der Liebste stirbt, oder wenn er einem untreu wird.“
    „Nun, die Untreu ist wohl noch schlimmer als der Tod.“
    „Siehst! Warum bin ich denn Junggesell blieben, he? Ich hab nie nicht gemeint, daß ich ledig bleiben werd. Ich hab auch ein Mädchen gern gehabt, so sehr gern, daß ich glaubt hab, ohne sie gar nicht sein und leben zu können. Da bin ich eingezogen worden zum Militär und hab fort gemußt. Erst hat sie mir geschrieben, dann immer weniger und endlich gar nicht mehr. Und als ich nachher wieder heimkommen bin, ist sie mit einem andern verheiratet gewesen.“
    „Das war schlecht!“
    „Meinst? Es hat da wohl einen Grund gegeben, daß sie mein nimmer hat denken wollen. Ich bin verleumdet worden. Weißt, wie der ihrige Mann nachher geheißen hat?“
    „Nein. Wie?“
    „Berghuber war sein Name.“
    „Herrgott, das ist ja der meinige!“
    „Ja, sie ist deine Mutter gewesen.“
    „Aber davon weiß ich doch gar nix!“
    „Ist auch nicht nötig. Heut aber, wo du tust, als ob du alles Elend der Welt allein zu tragen hast, da hab ich dir's sagen wollen. Damals ist mir's auch gewesen, als ob ich vor Gram und Harm zerfließen soll; aber ich hab mich halt aufgerafft und bin sogar der Freund meines Nebenbuhlers geworden. Er hat mich zu deinem Paten gebeten, und dann, als deine Mutter starb und nachher auch der Vater, da bin ich dir Vater und Mutter gewesen und will es bleiben, bis der Herrgott mich von

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