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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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könnten wir nicht bestehen, und ohne sie würde es sehr bald drunter und drüber gehen. Also warum sollten wir die Polizei nicht leiden können? Wir ehren und achten sie. Da hast meine Antwort.“
    „Nun, wenn das so ist, warum willst du nicht mein Schatz sein? Warum magst mich nicht?“
    „Weil du eine richtige Zuwiderwurzel bist, auf die man Magenschmerzen bekommt, wenn man sie nur anschaut.“
    „Der andere ist wohl besser?“
    Er blickte sie höhnisch von der Seite an. Sie erhob den Kopf, sah im voll in das Gesicht und fragte:
    „Welcher andere?“
    „Nun, der Wilddieb, der Krickel-Anton!“
    Ihre Wangen erbleichten. Ob vor Schreck oder vor Zorn, das war nicht zu bestimmen. Doch zwang sie sich, in ruhigem Ton zu antworten:
    „Was soll mich der Wilddieb angehen?“
    „Was er dich angehen soll? Sehr viel, denke ich. Denkst etwa, man weiß nicht, daß ihr einander kennt?“
    Da stand sie von der Bank auf, stellte sich hoch vor ihn hin und sagte:
    „Was ich denk, das geht dich nix an, und was du weißt, das ist mir ganz egal. Wer bist du überhaupt, daß du zu mir gestiegen kommst und mich Schatz nennst? Nenne so wen du willst, aber mich nicht! Ich habe mit dir nix zu schaffen.“
    Er nickte ihr hämisch zu und antwortete:
    „Meinst? Aber ich habe mit dir zu schaffen. Ich komme aussuchen.“
    „Aussuchen? Was suchst?“
    „Den Krickel-Anton.“
    „Bei mir?“
    „Ja, bei dir! Du bist seine Liebste.“
    Da trat sie so rasch auf ihn zu, daß er zurückfuhr. Ihre kleinen Hände ballten sich.
    „Jetzt laß mich aus! Nennst mich noch einmal so, dann hat es gefehlt! Merk dir es! Der Anton war im Winter auf dem Saal, und keiner hat ihn gekannt. Er hat mit mir getanzt, freilich nur mit mir. Aber hätt ich es gewußt, wer er war, so hätt ich es ihm abgeschlagen. Wer nun aus diesem Grund sagt, daß er mein Schatz sei, der ist ein schlechter Kerl und will mir an meinem Ruf Schaden machen. Ich bin ein armes Waisenkind und hab keinen, der mir hilft. Darum ist es doppelt schlecht, mir solche Lügen nachzureden!“
    „Wie? Du hast keinen?“
    „Nein.“
    „Auch den Wurzelsepp nicht?“
    „Der ist immer fern von hier.“
    „Ja, der ist der richtige Tunichtgut, der echte Landstreicher. Er stiehlt die Pflanzen und Wurzeln und betrügt die Leute damit. Wenn ich ihn einmal mit seinem Rucksack erwische, so kann er sich in acht nehmen!“
    Das Mädchen war im Gesicht feuerrot geworden. Ihre Stimme zitterte, als sie antwortete:
    „Höre, Jäger, tu mir und dir den Gefallen, zu schweigen! Meinen Paten laß ich mir nicht verschimpfieren! Wenn du noch ein solches Wort über ihn sagst, so hole ich aus und gebe dir eine Watschen, daß du von hier ins Tal hinunterfliegst und drüben den Berg wieder hinauf! Wann nur alle Leuteln so brav wären wie der Sepp; dann wäre es gut in der Welt. Braver ist er als du es bist. Merk dir es!“
    „Ja, er ist brav, und du passest sehr schön zu ihm. Denn wenn der Krickel-Anton mit dir getanzt hat, so wird er dich wohl auch heimgeführt haben.“
    „Er ist eher gangen als ich. Überhaupt brauche ich nie keinen Heimführer. Ich würde mich, wenn es sein müßte, schon zu wehren wissen.“
    „Auch gegen mich?“
    Er hatte das Gewehr gegen die Wand gelehnt.
    „Gegen dich erst recht!“
    „Wollen einmal schauen!“
    Er trat auf sie zu! Sie blieb stehen, selbst als er die Arme öffnete.
    „Was willst?“
    „Ein Bussel.“
    „Geh da hinauf und bussel die Rotscheckene! Sie steht ganz so mundgerecht da für dich.“
    Sie zeigte hinauf nach den Kühen und schnippte dabei so laut mit den Fingern, daß der Ziegenbock es hörte. Das war ein Zeichen für ihn. Er spitzte die Ohren und blickte scharf her.
    Die rotscheckige Kuh stand bergan, mit den Vorderfüßen oben, mit dem Hinterteil abwärts.
    Daß dies mundgerecht für den Jäger sein solle, ärgerte ihn ungeheuer. Er wollte nun erst recht auf seinem Willen bestehen und sagte:
    „Nein, ich will dich küssen! Und wenn du nicht willst, so mußt du!“
    Er sah gar nicht, daß der Wurzelsepp nahe hinter ihm den Laden des Heustadels geöffnet hatte und seinen Bergstock heraussteckte, um dem Zudringlichen eine Lehre zu geben. Er ergriff die Leni am Arme.
    „Peter!“ rief sie.
    Der Ziegenbock war wie ein Hund. Er duldete nicht, daß seiner Herrin Gewalt angetan werde. Er kam herbeigesaust, wie aus einer Kanone geschossen.
    Leni riß sich vom Jäger los. Schon dadurch verlor dieser einen Teil seines Gleichgewichtes. In demselben Augenblick senkte

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