66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
Dorf.“
„Der Ludwig?“
„Ja.“
„Und der läßt mir ein schönes Kompliment sagen?“
„Ja.“
„Verdimmi, verdammi! Das ist mir all mein Lebtag auch noch nicht passiert. Was soll denn dieses Kompliment zu bedeuten haben?“
„Daß der Krickel-Anton frei wird.“
„Bist bei Trost?“
„Sehr. Hier hat der König einen Brief aufgesetzt an den Amtmann, den zeig ich vor, und da wird der Anton auf derselbigen Stell sofort freigelassen.“
„Das sollt man gar nicht glauben! Und das läßt der König mir kund und zu wissen tun?“
„Der König oder die Leni, ich weiß es halt nicht mehr so genau.“
„Die Leni! Die war im Amt vorhin. Verdimmi, verdammi! Sie sagte es, daß der Anton loskommen werd! Also hat sie recht gehabt!“
„Wahrscheinlich hat sie ein gutes Wörtle für den Anton eingelegt. Sie scheint beim König einen Stein im Sauerkrautfaß zu haben.“
„Schau, da muß ich mit; das muß ich sehn!“
„Was?“
„Den Anton, wann er herauskommt.“
„Meinswegen. Aber es wird wohl ganz derselbige Anton sein, der hineingegangen ist.“
Sie eilten miteinander weiter. Der Wächter blieb vor dem Gebäude stehen, der Ortsschulze aber ging nach dem Wartezimmer und ließ sich bei dem Amtmann melden. Dieser erstaunte nicht wenig, als er den Brief las. Er überflog die wenigen Zeilen zweimal und dreimal. Er prüfte jedes Wort und auch die Siegel. Es war gar kein Zweifel, der Brief war vom König.
Der Gerichtsamtmann ließ den Schulzen abtreten und den Krickel-Anton kommen.
„Kennst du den König?“ fragte er ihn.
„Nein. Ich hab von ihm gehört, ihn aber noch nie gesehen.“
„Hm! Er ist hier in der Nähe.“
„Ich weiß kein Wort davon.“
„Sonderbar. Ich habe soeben hier einen allerhöchsten Befehl erhalten, daß ich dich entlassen soll.“
„Daran liegt mir nix.“
„Nichts? Das ist mir auch noch nicht vorgekommen!“
„Ich will meine Strafe abmachen.“
„Du hast nichts abzumachen. Die Strafe ist dir geschenkt. Ich habe dir mitzuteilen, daß die Untersuchung gegen dich niedergeschlagen ist. Der König hat dich begnadigt.“
Anton starrte den Amtmann sprachlos an.
„Ist's wahr? Begnadigt?“ fragte er nach einer Weile.
„Ja.“
„So erhalt ich gar keine Straf?“
„Nein.“
„Bin frei?“
„Ja.“
„Juch – juch – juchheirassassassassassassa!“
Er stieß einen Jodler aus, daß die Fenster zitterten und die Tür wackelte.
„Pst! Beherrsche dich!“ mahnte der Amtmann wohlwollend. „Wir haben nun noch –“
„Beherrschen? Himmeltausendsakra! Da soll ich mich beherrschen? Ich bin frei, frei, frei! Da kann ich wohl jetzund fortgehen?“
„Freilich haben wir noch vorher –“
„Ich kann – ich kann?“ fragte Anton nochmals.
„Ja, aber vorher mußt du dich unterschreiben –“
„Unterschreiben?“ fragte Anton. „Schreib du selbst mal meinen Namen hin. Ich hab heut keine Zeit und halt auch keine Lust dazu. Behüt dich Gott!“
Wie der Wind war er zur Tür hinaus. Er sprang durch das Vorzimmer, oder vielmehr er wollte durch dasselbe springen; da aber trat der Ortsschulze auf ihn zu und so rannten die beiden zusammen, daß sie wieder auseinander prallten und hüben und drüben an die Wände flogen.
„Herrgottsakra!“ schrie der Schulze.
„Alle Wetter!“ rief Anton.
„Nimm dich doch in acht, und schau auf, wohin du läufst! Du haust mich ja an die Wand!“
„Und du kannst auch die Augen aufmachen, daß du siehst, wem du auf den Leib rennst. Jetzt, wann ich von Glas oder Pfefferkuchen gewesen wär, so könntst mich nur wieder zusammenleimen lassen!“
„Hab ich das von dir verdient? Ich hab dich doch erst frei gemacht. Ohne meiner stecktest noch im Loch!“
„Ohne deiner?“
„Ja.“
„Das machst mir nicht weis.“
„Hab ich doch den Gnadenbrief gebracht!“
„Du?“
„Ja, ich! Ich bin der Schulz vom Dorf!“
Sie schrien sich so laut an, daß es der Amtmann hören mußte. Dieser öffnete die Tür und sagte, als er den Krickel-Anton noch stehen sah:
„Anton Warschauer, wir sind ja doch nicht fertig!“
„Schau, daß du allein fertig wirst!“
„Das ginge wohl, aber du brauchst doch meine Unterschrift.“
„Ich brauch sie nicht.“
„Nun, so lauf fort, und laß dich arretieren!“
„Das fällt mir gar nicht ein!“
„Was willst du dagegen machen?“
„Wer mich halten will, dem geb ich eins auf die Nasen, daß er genug hat.“
„Das wäre Widerstand gegen die Staatsgewalt und würde dich sofort
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