66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
erst recht in Strafe bringen.“
„Aber ich bin doch frei!“
„Ja, aber niemand weiß es. Keiner wird es dir glauben, wenn du es ihm sagst. Aber wenn ich dir die Bescheinigung gebe und du zeigst sie vor, so darf sich niemand an dir vergreifen.“
„Schau, das ist sehr gut. So schreib mir doch sogleich die Bescheinigung! Ich will sie gern bezahlen.“
„Du hast nichts dafür zu bezahlen. Komm herein!“
Jetzt nun ging er sehr gern wieder mit hinein. Als er wieder aus dem Zimmer kam, wartete der Schulze noch auf ihn.
„So“, sagte er. „Jetzt kommst wenigstens verständig heraus. Mein Kopf brummt noch von vorhin her.“
„So ist der deinige dümmer als der meinige, denn der brummt halt nicht mehr.“
„Ja, ein Gescheiter bist, und Glück hast auch! Aber daran bist nicht du schuld, sondern die Leni.“
„Die Leni? Wieso?“
„Wieso? Nun, die ist zum König gegangen und hat ein Supplik für deiner gemacht.“
„Was! Die Leni? Wo ist denn der König?“
„Im Dorf beim Pfarrer.“
„Himmelsakra! Da muß ich hin! Der Leni muß ich einen Kuß geben und tausend Dank!“
Er wollte fort. Der Schulze ergriff ihn beim Arm.
„Langsam, Anton, langsam! Wannst zur Leni willst, so können wir halt beide zusammen –“
„Laß mich aus! Was willst noch von mir! Ich hab mit dir nix zu schaffen. Ich muß fort.“
Er schob ihn zur Seite und eilte zur Tür hinaus.
Die Treppe abwärts nahm er zwei oder gar drei Stufen auf einmal. Unten neben dem Eingang stand der Wächter. Er hörte jemand gerannt kommen und trat in demselben Augenblick in den Eingang, an welchem Anton zu gleichen Beinen heraus wollte. Natürlich rannten sie zusammen, und zwar mit solcher Gewalt, daß der Nachtwächter rückwärts herausflog und einen riesenhaften Purzelbaum bis auf die Mitte der Straße schlug.
„Donner und Messer!“ rief Anton, sich die Stirn reibend. „Da rennt halt schon wieder einer an mich heran! Was haben's heut nur vor, daß sie alle nur auf mich einistürzen! Der Wächter ist's, der Wächter! Na, dem kann ich's grad gönnen!“
Der Wächter der Nacht krabbelte sich langsam wieder aus dem Schmutz auf, kam fluchend herbeigehinkt und meinte in zornigstem Ton:
„Ist das denn eine Art und Weisen, auf der Amtstreppen herunterzuspringen, du Luftikus, du! Kannst nicht langsam gehen und verständig und ehrerbietig wie andere Leut!“
„Soll ich etwa ehrerbietig wegen deiner gehen?“
„Ja, das versteht sich; grad das verbitt ich mir! Ich bin auch ein Mann in Amt und Würden!“
„Das sah ich grad, als du da im Dreck lagst.“
„Schweig! Wer ist schuld daran, daß ich da drin gelegen bin? Du natürlich!“
„Ich? Nein, du selbst! Warum trittst mir sogleich vor die Nasen, wann ich aus der Tür will? Was lungerst überhaupt hier herum? Geh nach Haus und leg dich in deine Mausefallen schlafen, damit du dann in der Nacht die Augen offen hast!“
„Komm mir nicht so, sonst – verdimmi, verdammi – sonst nehm ich dich zwischen die Finger und werf dich über alle Berg hinüber!“
„Das möcht ich mir anschaun. Ehst mich aber da hinüber wirst, kannst erst noch mal her zu mir sehen. Du hast mich doch fangen wollen. Jetzt kannst mich leicht derwischen. Greif zu!“
„Dank schön! Wann du nun frei bist, kannst gut so sprechen. Aber wann wir wieder mal nach dir suchen, so nimm dich in acht vor mir. Da wird dir keine Brillen etwas helfen, und kein Ziehharmoniehut, wie du in der Nacht auf dem Kopf hattest. Dir habe ich es getippt, dir und der Leni!“
„Auch der Leni?“
„Ja.“
„Warum?“
„Weil sie mich angeschnauzt hat wie einen Vagalumpazi, als sie vorhin hier war.“
„Was? Sie war hier?“
„Freilich. Sie hat nach dir gesucht. Sie hat halt geglaubt wie alle, daß du dich zu Tod gestürzt habest, und als sie hörte, daß du noch am Leben seist, ist sie herkommen, um zu sehen, ob's auch wahr sei.“
„Das liebe Dirndl! Und da hast's gesehn?“
„Ja.“
„Und mit ihr gesprochen?“
„Ja, und wie!“
„Nicht wahr, sie ist ein herzig Maderl?“
„Herzig? Verdimmi, verdammi! Davon habe ich nun grad gar nix geschaut. Sie hat mich anrassaunt, daß mir Hören und Sehen vergangen ist. Na, die ist eine, welche mal den unstetsten Mann kuriert! Die hat's Maul auf dem richtigen Fleck! Die, wann die mal stirbt, so muß man ihr das Mundwerk noch extra verkrämpeln und derschlagen, sonst schimpfiert sie noch im Grab weiter fort!“
„Meinst?“
„Ja, das mein ich halt. Sogar Watschen hat
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