66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab
sie mir angeboten! Mir, dem Wächter!“
„Sie hat halt wohl gemeint, daß du besser wächst, wann du zuweilen durch eine gute Watschen aufmuntert wirst. Unrecht hat sie wohl nicht.“
„Was? Wie meinst? Ist das dein Ernst?“
„Alleweil red' ich mit dir immer im Ernst.“
„So wag's nur nicht wieder! Ich steh hier vor dir in Amt und Würden, und wann du mir so kommst, so ist das die Beleidigung der königlichen Majestät und Hoheit und eine Zerbrechung des Landfriedensbruchs. Darauf ist halt eine hohe Strafe gesetzt, und wann ich jetzt hineingeh und dich anzeig, so wirst wieder eingesponnen und kommst halt dein Lebtag nimmer wieder heraus!“
„Schau, was du da sagst! Ja, du bist einer, vor dem man genügsam Respekt haben muß. Mir wird ordentlich angst vor dir, und da ist's besser, ich laß dich hier stehen. Kauf dir für zwei Kreuzer Tischlerleim und mach dir den Bruch des Landfriedens wieder ganz. Grüß deine Majestät und schlaf wohl!“
Er ging.
„Verdimmi, verdammi!“ brummte der Wächter. „Da läuft er hin, auf Königs Gnad und Barmherzigkeit. Ich, wann ich König wär, ich wollt ihn schon kuranzen! Aber so ist's in der Welt: Wer ein Amt hat, vor dem hat kein Mensch die richtige Ehrerbietung. Wann man nicht selbst seine Hochachtung für sich hätte, so wär es fast gar aus. Ich danke sehr schön!“
Anton war natürlich außerordentlich entzückt über seine Begnadigung. Er war frei. Er konnte gehen, wohin er wollte, und kein Mensch durfte ihm ein Hindernis in den Weg legen. Er konnte dieses Glück kaum fassen. Und das hatte er seiner Leni zu danken. Natürlich war sein erster Weg hin zu ihr. Er eilte aus der Stadt hinaus und dem Dorf entgegen.
Um möglichst schnell dort anzukommen, ging er nicht die Straße, sondern er schlug einen Fußsteig ein, welcher ihn eher zum Ziel bringen mußte. Dieser Weg führte durch ein kleines Gebüsch. In der Mitte desselben machte er eine Krümmung. In dem Augenblicke, als Anton in diese einbiegen wollte, kam ihm einer von jenseits entgegen, und da wegen der Weichheit des Bodens die Schritte nicht zu hören gewesen waren, stießen die beiden zusammen.
„Sakrament!“ rief Anton. „Rennt denn heut auch alles auf mich ein!“
„Donnerwetter!“ schrie der andere. „Der Krickel-Anton! Hab ich dich! Endlich, endlich!“
Anton wich einen Schritt zurück.
„Der Naz, der Jager!“
„Ja, Bursch, der bin ich! Aber wie ist mir denn alleweil! Ich denk, du bist tot?“
„Ja, das bin ich auch!“ lachte Anton.
„So bist jetzt dein Geist?“
„Ja, ich geh um.“
„Schau, das ist schön! Das ist gut. Ich hab vor Zeiten den Geisterbann gelernt. Vielleicht kann ich auch dich jetzt bannen. Wo hast denn dein Gewehr?“
„Meinst, ich hätt eins?“
„Ja, du hast stets eins.“
„So such's.“
„Werd's schon noch finden. Jetzt aber vorderhand will ich erst mal dich selber festhalten. Schau, wie wunderbar! Wir haben geglaubt, du bist abgestürzt und liegst zerschmettert im Grund, und da trittst du mir leibhaftig entgegen. Dich laß ich nun nicht wieder aus. Du wirst mit mir gehn.“
„Meinst?“
„Ja. Ich verarretiere dich.“
„Wie willst du das anfangen?“
„Siehst hier mein Gewehr? Ich hab es in die Hand genommen. Wann du die Miene machst, mir zu verwischen, so schieße ich dir eine Kugel in den Leib, daß du genug hast.“
„Hab keine Sorg, Jager, ich reiß nicht aus.“
„So gib deine Hände her, damit ich sie dir ein wenig zusammenbind. Es ist besser, ich hab dich fest.“
„Bist wohl nicht bei Trost? Willst mich verarretieren? Warum denn?“
„Nur von wegen der deinigen Wilddieberei.“
„Das gilt nix mehr.“
„Nix? Wer hat das gesagt?“
„Ich sag's.“
„Ach so! Und du meinst, weil du es sagst, so kann es mir verimponieren? Da irrst dich!“
„Der König hat's auch gesagt.“
„Das verimponiert mir erst recht nicht. Das ist eine Lügen, die gar nicht größer gemacht werden kann. Ich werd dich ins Amt schaffen, wo sie dich nach dem Zuchthaus verdefendieren. Dann, wann du dort bist und Wolle zupfst, werd ich mit der Leni Jodler singen, daß die Täler zittern.“
„Bist wohl gut mit ihr dran?“
Der Jäger hatte einen Riemen hervorgezogen, um Anton die Hände zu binden; er ließ dies aber außer acht, vor Eifer, den Wilderer zu ärgern.
„Fein bin ich mit ihr dran, sehr fein.“
„So ist sie wohl gar dein Dirndl?“
„Ja. Auf vierzehn Tag hin ist die Verlobung.“
„Schau, das gefreut mich
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