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66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab

Titel: 66 - Der Weg zum Glück 01 - Das Zigeunergrab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewesen, ein Schlag, den man der schlanken Gestalt dessen, der ihn gegeben hatte, nie zugetraut hätte, und der Kopf brummte dem Getroffenen auch dermaßen, daß er ihn mit beiden Händen hielt und nicht gleich zu einem Entschluß kommen konnte. Seine Augen schienen aus ihren Höhlen treten zu wollen. Das Weiße derselben war mit roten, drohenden Adern unterlaufen.
    „Hund!“ brüllte er. „Das wagst!“
    „Das hast verdient“, antwortete der Fex in aller Ruhe.
    „So bekommst sofort den Zahlaus dafür!“
    Er hatte jetzt die vorübergehende, halbe Betäubung überwunden und sprang auf den Fex ein.
    Dieser wich zur Seite aus und warnte:
    „Daß laß sein, sonst bekommt dir's schlecht!“
    „Mir? Nein dir!“
    Er holte zu einem fürchterlichen Hieb aus.
    „Fex, flieh, flieh!“ rief Paula voller Angst.
    „Warum? Da schau!“ antwortete er.
    Der Hieb des Viehhändlers war danebengegangen; dafür aber hatte er selbst einen empfangen, einen Fausthieb von unten herauf, an den Mund und die Nase, daß er um mehrere Schritte zurückgeschleudert wurde. Das Blut drang ihm sofort aus den beiden getroffenen Teilen. Da, seiner nicht mehr mächtig, griff er in die Tasche.
    „Jetzt, jetzt ist's aus mit dir!“ brüllte er.
    Er hatte einen mit Stacheln versehenen, eisernen Schlagring hervorgezogen, welchen er als gefürchteter Raufer immer bei sich trug. Dieser Ring an die Hand gesteckt und dann mit der geballten Faust einen Hieb auf den Kopf, mußte die stärkte Hirnschale zerschmettern.
    „O Gott, o Gott, flieh, Fex!“ rief Paula, indem sie vor Entsetzen die Hände faltete und in die Knie sank.
    „Hin, schnell hin!“ rief die Dichterin.
    Der Wurzelsepp aber faßte sie beim Arm und sagte:
    „Noch nicht. Noch ist's nicht gefehlt. Ich kenn den Fex!“
    Und er hatte recht.
    Der Fex hatte einen Sprung zum nächsten Baum getan, an dessen Stamm er sich lehnte, um den Feind leuchtenden Auges zu empfangen. Dieser sprang ihm nach, holte aus und führte einen Hieb nach seinem Kopf, welcher einen Ochsen niedergeworfen hätte – stieß aber in demselben Augenblick einen fürchterlichen Schrei aus und ließ den Arm sinken. Der Fex war im richtigen Moment, sich niederbückend, zur Seite gewichen, und der Hieb hatte den Baum getroffen.
    Eine kleine Weile war alles still. Paula kniete entsetzt im Moos; der Fex stand hoch aufgerichtet neben dem Baum, und Franz hielt vor dem letzteren, ganz bewegungslos, als ob ihn der Schlag gerührt hätte. Dann stieß er einen unartikulierten Schrei aus und wandte sich wieder gegen den Feind. Aber er setzte den bereits erhobenen Fuß wieder nieder, fuhr mit der linken Hand nach dem rechten Arm, und ließ einen gräßlichen Fluch hören. Er konnte den Arm nicht erheben.
    „So, da hast den Lohn!“ sagte der Fex in aller Ruhe. „Jetzt kannst zum Bader gehn und dir den Arm neu flicken lassen. Wirst wohl nicht gleich wieder eine küssen wollen, die nix von dir wissen mag! Oder willst's nun vielleicht auch noch mit der linken Hand gegen mich versuchen?“
    Franzens Gesicht war vor Grimm zu, einer förmlichen Fratze verzerrt. Er erhob den linken Arm und tat einen Schritt gegen den Fex zu; aber er besann sich, ging zu seiner Jacke, welche am Boden lag, hob sie auf und schritt langsam weiter, dem Rand der Lichtung zu. Dort angekommen, drehte er sich um, erhob die geballte Linke und drohte:
    „Das bezahlst teuer, Fex! Dich zertret ich wie einen Wurm. Merk dir's gut!“
    Dann verschwand er hinter den Sträuchern. Der Fex ging ihm eine kurze Strecke nach, um sich zu überzeugen, daß er sich auch wirklich entferne. Dann kehrte er zurück.
    Paula hatte sich wieder erhoben. Mit ausgestreckten Armen eilte sie auf ihn los. Es war ganz so, als ob sie ihn umschlingen wolle. Er war stehengeblieben und erwartete sie mit schlaffen herabfallenden Armen, indem seine großen, blauen Augen ihr wonnig entgegenleuchteten.
    War es dieser große, mächtige erwartungsvolle Blick, oder war es etwas anderes? – Paula ließ die Arme sinken und blieb, ihre Gefühle beherrschend, vor ihm stehen.
    „Gott sie Lob und Dank!“ sagte sie, tief aufseufzend. „Das war die größte Gefahr, in der ich mich in meinem Leben befunden hab. Und du auch?“
    Als sie die Arme vor ihm sinken ließ, verloren seine Augen den leuchtenden Glanz, und sein Gesicht erhielt einen Ausdruck, als ob eine schwere Wolke eine sonnige Landschaft verdunkle.
    „Ich auch?“ fragte er beinahe leise.
    „Ja. Er konnte dich ja erschlagen!“
    Da zuckte es

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