69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
keinen Atem nötig, wir beide aber müssen blasen wie mein Schmiedebalg. Über solche Sachen wollen wir uns nicht entzweien. Wir sind Kollegen, und ein jeder muß die Vorzüge und Meisterschaften anerkennen. Trinken wir lieber in Frieden noch ein Bier. Du aber, Ludwig, setz dich mit her zu uns. Wir haben bereits deine Muttern zu uns eingeladen, und weilst mein Landsmann bist, sollst grad da neben mir sitzen.“
„Ich denk, ihr habt keine Zeit mehr, weil der Tanz beginnen muß?“
„Was? Keine Zeit mehr? Wer will einen Musikdirektorn zwingen, anzufangen? Den möcht ich sehen, der das wagt. Setz dich nur nieder. Wir haben noch gar viel Zeit.“
Da antwortete Ludwig höflich:
„Das soll mir eine sehr große Ehre und Reputationen sein, wann's die Herren von der Wenzelei derlauben.“
Diese Schmeichelei gefiel den drei Künstlern gar wohl. Der Schneider Frenzel nahm seine Mütze so schnell ab, daß er sich die Perücke mit vom Schädel riß. Der Schuster Wenzel lachte aus allen Zahnlücken heraus und antwortete:
„Servus, Salvus, Malvus!“
Er sprach nämlich gern in Ausdrücken, welche mit ‚us‘ endigen, weil Musikus ganz dieselbe Endung hat. Auch der Herr Direktor lächelte wohlgefällig und meinte:
„Da merkt man's doch gleich, wer als Unteroffizier bei dem bayerischen Militär standen hat. Dort wird einem die Nasen geputzt, daß man sehr bald die richtigen Höflichkeiten lernt.“
„Bist du auch Soldat gewesen?“ fragte ihn der Schuster.
„Nein. Als ich das richtige Alter hatte und untersucht worden bin, da haben die Herren mir auf die Achsel klopft und sagt, daß ich ein sehr tapferer Soldat werden tät und vielleicht gar ein Offizieren. Aber weil sie es meinem Maul gleich ansehen haben, daß ich ein tüchtiger Künstlern werden könnt und sogar ein Meister auf der Klarinetten, so haben 's halt mein Glück und Scheme nicht stören wollt und mich wieder heimgehen lassen. Da bin ich Schmied blieben und hab bald nachher lernt, die richtigen Klappen auf die Klarinettenlöchern machen. Bist nicht auch irgendwo musikalisch, Ludwig?“
„Hab's noch nicht versucht.“
„So bist's auch nicht. Wer zu der edlen Kunst geboren ist, der versucht's auch bald. Der Instinkt treibt ihn so lange, bis er sich zum Beispiel eine Klarinetten im alten Eisen kauft.“
„Oder eine Posaune auspfändet“, stimmte der Schuster bei.
„Oder ein Violonbaß erbt“, meinte der Schneider. „Ein jedes Talent drückt sich seiner Zeit einmal durch, wenn's nicht vielleicht stecken bleibt. Aber wer kommt dort? Ist das nicht der Kery-Bauer mit den Seinigen?“
Der Genannte kam vom Dorf her. Mit ihm kamen seine Frau, seine Tochter und seine beiden Gäste.
„Holla“, meinte der Schmied, indem er eine finstere Miene zog, „die Osecs sind auch dabei. Da wird's halt nicht viel Freud für uns geben.“
„Warum nicht?“ fragte Ludwig.
„Weil diese Kerlen so protzend und aufbegehrend sind. Das mag ich nicht dulden. Ein Musikdirektoren muß auf Ehr halten. Wann's etwa heut wiederum auf ihren Geldsack pochen, so kommens bei mir gleich an den Unrechten. Paßt mal auf!“
Er hatte ganz richtig geahnt. Als die Genannten herangekommen waren, blieb der junge Osec, um großzutun, am Tisch stehen und sagte:
„Da sitzt ja bereits der Ludwig! Höre, du bist ein armer Teufel. Was du trinkst, das bezahl ich. Kannst dir einen guten Tag machen.“
„Dank schön!“ antwortete der Knecht. „Ich habe bereits zu trinken. Aber was du dir einschenken läßt, das kannst von denen Silberstückerln zahlen, die ich dir vorhin wiederschenkt hab.“
„Tu nicht groß“, nahm da der alte Osec das Wort. „Für einen Dienstknecht ziemt es sich nicht, aufzuschneiden. Wir aber sind reich und können zahlen. Warum sitzt ihr noch hier, ihr Musikanten? Ihr gehört hinauf in den Saal. Hier wird keine Faulheit geduldet. Fangt an!“
Da blickte der Schmied ihn von oben bis unten an und antwortete:
„Was wird hier nicht duldet? Faulheit? Und wer will's nicht dulden? Du etwan? Wer bist denn eigentlich? Ich aberst bin dera Herr Musikdirektor!“
„Ja, der Direktor von der Lausewenzelei!“ lachte Osec.
Aber in demselben Augenblick stand der Schmied vor ihm, faßte ihn mit seinen gewaltigen Händen an der Brust, hob ihn empor, setzte ihn dann wie ein Kind auf den Erdboden nieder und sagte:
„Das soll einstweilen meine Antwort sein. Wannst noch ein Wort weiter sagst, setzt ich dich hinauf auf den Baum, du Lausbub, du! Lern erst mal die Klarinetten
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