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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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diesen zweien aufnehmen können, wann's ihn überfallen wollten. Aber das ist nicht möglich, ganz und gar unmöglich. Dieser Gedanke ist ja so gräßlich, daß ihn gar kein Menschenkind haben kann!“
    Er dachte weiter nach, ohne etwas zu finden, woraus irgendeine Klarheit zu schöpfen sei. Sollte er sie jetzt sofort anzeigen und arretieren lassen? Nein, denn es stand in diesem Fall fest, daß sie alles leugnen würden. Und dann konnte ihnen nichts geschehen.
    Nein, er mußte schweigen und sie genau beobachten. Er mußte warten, bis Grund vorhanden war, sich ihrer zu bemächtigen. Das war freilich gefährlich. Sie konnten dabei Zeit finden, ihr Verbrechen auszuführen.
    Aber da dachte er daran, daß sie sich heut abend ja im Heustadel besprechen wollten. Wenn es ihm da gelang, sie abermals zu belauschen, so lernte er wohl besser als jetzt ihre Absichten kennen und konnte danach handeln. Er beschloß also, jetzt noch zu schweigen und sich am Abend zeitig ins Heu zu legen, noch bevor sie es taten.
    „Und das, was ich immer denkt hab, ist also auch richtig. Der Kery-Bauer ist ein Hauptschmuggler, und die beiden Osecs sind seine Kameraden. Darum soll die Gisela den jungen heiraten. Nun, da werd ich wohl meine beiden Hände dazwischen halten. So ein Kerlen soll mein Dirndl nicht unglücklich machen. Wann ich sie auch nicht bekomm, so soll sie doch einer erhalten, der kein Verbrecher ist und den sie gut leiden mag.“
    In diesem Sinnen langte er beim Wirtshaus an. Der Tanz hatte noch nicht begonnen, doch waren schon viele Burschen und Mädchen versammelt. Diejenigen, welche für dieses Vergnügen unentbehrlich waren, nämlich die Musikanten, saßen unter dem Baum, welcher vor dem Haus stand, und Ludwigs Mutter hatte bei ihnen Platz genommen.
    Die Kapelle bestand aus nur drei Personen, welche ihre Instrumente bei sich hatten – einen Violonbaß, eine verbogene und verknillte Posaune und eine alte B-Klarinette. Diese drei Künstler waren in mehreren Beziehungen hochinteressant. Zunächst wegen ihrer fast gleichlautenden Namen. Sie hießen nämlich Menzel, Wenzel und Frenzel. Darum wurde die Kapelle kurz und treffend ‚Wenzelei‘ genannt.
    Die drei waren keineswegs Musiker vom Fach. Der Rumpel-Frenzel, welcher so genannt wurde, weil er den Violonbaß ‚rumpelte‘, hatte sein Instrument von einem selig verschiedenen Vetter geerbt. Er war der Schneider des Ortes und verbrachte einen Teil seiner freien Stunden damit, seinem Baß ein Zahnschmerzen erregendes Grunzen und Stöhnen zu entlocken. Er war sehr lang, sehr dürr, trug eine schauderhaft falsche Haartour auf dem schmalen Schädel, einen blauen Sonntagsfrack mit blanken Knöpfen auf dem Leib und einen kupferroten Hauptüberzug auf der langen Nase.
    Der Posaunen-Wenzel war Schuster. Er hatte einem in der Stadt wohnenden Musikus lange Jahre hindurch die Stiefel geflickt, selten aber seine Bezahlung erhalten. Endlich hatte er die Geduld verloren und seinen Schuldner verklagt. Nachdem er den Prozeß gewonnen und es hier bis zur Pfändung getrieben hatte, war von dem säumigen Musikus nichts zu bekommen gewesen als die unglückliche Posaune. Da sie ihrer Unbrauchbarkeit wegen keinen Käufer fand, so hatte sich der Schuster-Wenzel vor lauter Wut darauf gelegt, sie nun selbst zu blasen. Er verstand es, ihr die unglaublichsten Töne zu entlocken, Töne, welche zwischen dem Quiecken eines Ferkels und dem Brüllen eines wütenden Ochsen hin und her fuhren, ohne auf einem festen Ton haften zu bleiben. Der Posaunen-Wenzel war von starkknochiger, untersetzter Gestalt. Die Haare standen ihm stets zu Berge; sein kleiner Schnurrbart sträubte sich ohne Unterlaß, und was er in seinem Geschäft des Wochentags an Pech übrig behielt, daß pflegte ihm des Sonntags an den Händen und im Gesicht zu kleben.
    Der dritte im schönen Bunde, nämlich der Klarinetten-Menzel, spielte den Musikdirektor. Er war von Geburt und Herzensliebe ein echter Bayer und sprach, obgleich er bereits seit langen Jahren hier in dem böhmischen Dorf als Hufschmied wohnte und lebte, heut immer noch seine vaterländische Mundart. Er hatte ein rotes, dickes Gesicht, war überhaupt sehr behäbig und beleibt und ging grundsätzlich nur in bayerischer Gebirgstracht – Bergschuhen, Wadenstrümpfen, Lodenjoppe, Gurt und einen Hut mit Spielhahnfeder, obgleich er während seines ganzen Lebens keine Henne, viel weniger einen Hahn sich auf das Gewissen geladen hatte.
    Sein Mund hatte eine eigentümliche Lage angenommen.

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