69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
lustig.“
„Würde mir das Weinen Hilfe bringen? Unglücklich werde ich nicht. Das weiß ich sehr genau.“
„So kann ich dich nicht begreifen. Oder könntest du dich so leicht darein finden, die Frau eines solchen Mannes zu werden?“
„Ich kann mich gar nicht hineinfinden, und grad deshalb fällt es mir nicht ein, zu jammern und zu klagen. Du hast gesagt, was der Vater einmal will, das führt er auch hinaus. Nun, ich habe auch meinen Kopf, welcher dem seinigen sehr ähnlich ist, nur daß ich es noch nicht bewiesen habe. Was ich nicht will, das führt man mit mir nicht aus. Ich weiß ein treffliches Mittel, von dem Osec loszukommen.“
„Wenn es wahr wäre!“
„Es ist wahr, und leicht und probat ist es auch.“
„Welches meinst du?“
„Ich nehme ihn einfach nicht; so komme ich von ihm los.“
„Kind, treib keinen Scherz. Du tust so leicht und sicher; aber du kennst den Vater noch nicht genau.“
„Und er mich auch nicht!“
„So willst du dich also weigern?“
„Ja.“
„Und gleich heut schon?“
„Natürlich! Oder soll ich etwa warten, bis ich seine Frau bin, bevor ich dem Osec sage, daß ich ihn nicht mag? Dann wäre es gar freilich zu spät.“
„Du bringst es nicht fertig.“
„Warte es ab!“
„Wenn du nicht willst, so wird der Vater dich zwingen.“
Da ergriff Gisela die Hand ihrer Mutter und sagte in herzlicher Weise:
„Gräme dich nicht, Mutter! Ich habe mich stets vor dem Vater gefürchtet. Jetzt aber handelt es sich um ein Großes, um das Glück meines ganzen Lebens; da ist alle meine Furcht verschwunden. Ich fühle mich stark und fest genug, ihm zu widerstehen.“
„Ich würde ganz glücklich sein, wenn du vor dem dir drohenden Unheil bewahrt bliebst; aber ich kenne den Vater nur zu gut. Er gibt einen Entschluß, den er einmal gefaßt hat, niemals wieder auf. Er ist ohne alle Rücksicht. Es ist ihm ganz gleich, ob du zugrunde gehst oder nicht, wenn er nur seinen Willen durchsetzen kann. Das habe ich tausendmal in meiner Ehe erfahren.“
„Nimm es mir nicht übel, liebe Mutter! An dieser Erfahrung bist du selbst auch viel mit schuld.“
„Ich? Wieso?“
„Du hättest fester sein und ihm nicht immer seinen Willen lassen sollen.“
„Wo denkst du hin! Wenn ich nicht stets und willig nachgegeben hätte, so wäre wohl gar Mord und Totschlag entstanden.“
„Nein. Du hast mir ja selbst gesagt, daß du stolz gewesen bist auf ihn. Sein gebieterisches Wesen hat dir imponiert. Du hast ihn wohl gar auch in diesem Auftreten unterstützt.“
„Da magst du freilich nicht ganz unrecht haben.“
„Schau, das hättest du nicht tun sollen, denn er hat dann dieses Wesen auch gegen dich selbst gerichtet. Und weil du es zuvor gutgeheißen hast, hast du es nachher nicht tadeln können. Er hat dich doch liebgehabt? Nicht?“
„Ganz gewiß. Freilich ist seine Liebe eine ganz andere gewesen als die Liebe anderer Burschen. Er war eben immer obenauf, auch mir gegenüber.“
„Das hättest du nicht dulden sollen. Du hättest ihm zeigen müssen, daß dir das zuwider ist, und liebte er dich wirklich, so hätte er sich geändert. Und selbst wenn es zu bösen Szenen dabei gekommen wäre, du hättest sie nicht scheuen sollen. So aber hast du stets nachgegeben, selbst wenn du im größten Recht warst, und das ist ein Fehler gewesen, unter dem wir alle nun zu leiden haben.“
In dieser Weise hatte die Tochter noch nicht mit der Mutter gesprochen. Diese fühlte, daß die Tochter wohl recht habe. Darum entgegnete sie nichts. Gisela aber fuhr fort:
„Auch ich habe es bisher stets so gemacht wie du; ich bin ihm Untertan gewesen fast wie eine Sklavin. Ich bin seine Tochter und muß ihm gehorchen, weil er mein Vater und mein Herr ist. Aber Herr meines Glückes, meines Lebens, meiner Seele ist er nicht. Wenn es sich um eins von diesen dreien handelt, so brauche ich ihm nicht zu gehorchen.“
„Danach fragt er nicht!“
„So frage ich auch nicht nach ihm, und wir sind dann fertig!“
Sie sagte das so kurz und entschlossen, daß ihre Mutter erschrak.
„Um Gottes willen, Kind, was hast du vor?“ fragte dieselbe.
„Was ich tun werde, das weiß ich noch nicht. Aber das weiß ich, daß ich nicht die Frau dieses Osec werde. Du hast jetzt auf dem Saal wieder gesehen, was für ein Kerl er ist. Eigentlich müßte ich mich schämen, daß ich in seiner Nähe gewesen bin; aber ich weiß, daß die Leute bald erfahren werden, woran sie mit mir sind.“
„Aber heut schon soll der Verspruch
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