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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dagegen geschehen, denn der Herr Assessor ist bereits da.“
    „Ein Assessor? Ein Gerichtsbeamter? Wo ist er?“
    „Der Herr ist es, welcher mit dem Müllern am Tisch sitzt. Er macht den Staatsanwalt.“
    „Alle Wetter! Der Staatsanwalt bereits bei ihm! Und beide an einem Tisch!“
    „Ja. Diese Herren vom Gericht sind gar kluge Leute. Sie wissen's so einzurichten, daß sie das, was sie hören wollen, ganz gut derfahren, ohne daß sie danach fragen. Schau! Jetzunder kommt die Paula an ihnen vorüber, und ihr Vatern ruft sie.“
    „Und da unten kommt der Fingerl-Franz von der Fähre. Er läuft wie ein Schnelläufer. Und was für ein Gesicht er macht. Er wird auch nach der Mühle gehen.“
    „Natürlich! Nun wird er die Paula bei ihrem Vatern anklagen; aber der Herr Assessor wird sie in seinen Schutz nehmen.“
    „Hat der bereits von ihr gehört?“
    „Von ihr und dir.“
    „Bist nicht klug. Warum hast plaudern müssen!“
    „Weil der Herr Assessorn alles wissen mußt, und nun er es weiß, wird er in der Sach anders vorgehen, mit weit mehr Schonung als es sonst geschehen wär. Die Sach liegt so, daß der Müllern eigentlich ganz kurz vom Gendarm weggeholt werden mußt. Aber weil ich ihm alles derzählt hab, hat er eine Teilnahme empfunden und sich vorgenommen, humaner zu sein, als er es zu sein braucht.“
    „Nach dem, was ich bereits von dir gehört habe, muß ich natürlich gespannt sein, noch mehr zu erfahren.“
    „Sollst es auch derfahren. Dazu bin ich ja da, und deshalb hat dir der Herr Assessorn telegrafieren lassen.“
    „Nicht du?“
    „Nein. Er hat meinen Namen drunter setzt; sonst hab ich mit dera Depeschen nix zu schaffen. Jetzunder aber werd ich dir alles berichten.“
    Sie setzten sich auf die bereits mehrfach erwähnte Bank, welche neben dem Grabhügel stand, und der alte Sepp erzählte, was in Hohenwald geschehen sei, natürlich nur so weit, als die dortigen Ereignisse die Verhältnisse des Fex' näher berührten. Diesen letztem hörte er aufmerksam zu. Die jugendliche Röte wich mehr und mehr aus seinem Gesicht, welches letztere je länger desto mehr den Ausdruck der größten Spannung annahm. Als der Alte geendet hatte, sprang der junge Mann von seinem Sitz auf.
    „Um Gottes willen“, sagte er, „das ist freilich ganz anders, als ich es gedacht habe! Ich habe geglaubt, ein von Zigeunern geraubtes Kind zu sein. Ich habe gemeint, daß in diesem Raub das ganze gegen meine Eltern gerichtete Verbrechen bestehe. Und nun erfahre ich, daß noch weit Schrecklicheres geschehen sei!“
    „Nicht wahr? Jetzunder magst nun wohl keine Nachsicht mehr üben?“
    „Man hat das Schloß angebrannt!“
    „Die beiden, der Talmüllern mit dem Silberbauern.“
    „Das Geld geraubt!“
    „Es ist dasselbe gewest, welches du bei dem Müllern im Kasten sehen hast.“
    „Und meine Mutter getötet! O Mutter, Mutter, meine Mutter!“
    Er faltete die Hände wie betend ineinander und richtete das Auge zum Himmel empor.
    „Nun“, fragte der Sepp, „willst denen beiden Mordbrennern das alles vergeben?“
    „Nein, und abermals nein!“
    „Dort sitzt einer von ihnen. Soll der dort in der Sonnen, die ihn so warm bescheint, sitzen bleiben und die Frucht seiner Verbrechen genießen, Fex?“
    „Nein. Die Gerechtigkeit mag ihn treffen!“
    „So ist's recht! Auge um Auge und Zahn um Zahn. So steht's in der Schrift geschrieben, und das ist dem Herrgott sein Gesetz. Wer da sündigt, den muß die Straf ereilen.“
    „Aber Paula, meine arme, arme Paula!“
    Er ging auf der kleinen Höhe auf und ab, hin und her. Er war voll heiligen Zorns gegen die beiden Männer, die so schwere Verbrechen gegen ihn begangen hatten, und doch liebte er die Tochter des einen mit solcher Innigkeit, daß er gern, sehr gern ihrem Vater verziehen hätte, wenn nur die Verbrechen nicht gar so schwere gewesen wären und der andere Verbrecher dann nicht auch straflos hätte ausgehen müssen. Da kam ihm in dieser inneren Bedrängnis ein Gedanke, vom welchem, wenn er der richtige war, Rettung zu erwarten war.
    „Aber, bin ich denn auch wirklich in jenem Schloß geboren? Bin ich das Kind, von welchem hier die Rede ist?“
    „Wer soll's denn sonst sein?“
    „Wer sonst? Jeder andere kann es sein! Von mir ist es ja noch gar nicht mit unumstößlicher Sicherheit erwiesen.“
    „Was fängst da an, zu schwatzen!“
    „Das ist kein Schwatzen. Selbst meine Papiere beweisen noch nichts.“
    „Welche Papiere meinst denn?“
    „Die, welche wir dem

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