69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
Und wann sie dir den Vatern nehmen, der es schon längst vergessen hat, solange wie er dich kennt, und der dir ein guter und treuer Vatern sein will bis an sein selig End, wannst's ihm nur derlauben willst. Also halt den Kopf hoch, Dirndl! Trockne die Tränen, und verlaß dich auf die beiden Männer, welche jetzt bei dir stehen und es so gut und treu mit dir meinen. Geh jetzunder heim und was auch kommen mag, du darfst's glauben, wir werden sorgen, daß es nicht zu deinem Unglück werden kann. Geh also, geh!“
Seinem Zureden gelang es, sie wenigstens äußerlich zu beruhigen. Es lag eben etwas in seinem Wesen, dem niemand zu widerstehen vermochte. Sie gab beiden die Hände und ging fort, der Mühle entgegen. Die beiden aber stiegen nach dem Hügel des Zigeunergrabes hinauf.
Oben angekommen, sagte der Fex:
„Sepp, heute bin ich gar nicht mit dir zufrieden.“
„Warum?“
„Weilst der Paula einen so großen Schrecken bereitet hast.“
„Ich hab dir meine Entschuldigung bereits sagt. Es war besser, sie vorzubereiten.“
„Nun, du magst recht haben, und so will ich dir nicht zürnen. Aber handelt es sich denn in Wirklichkeit um ein Verbrechen ihres Vaters?“
„Ja. Und das Verbrechen ist viel größer, als ich es ihr hab ahnen lassen.“
„O weh! Was hat er tan?“
„Es bezieht sich auf dich.“
„Wirklich? Du, Sepp, wann es sich auf mich bezieht und die Paula muß darunter leiden, so wollen wir es lieber sein lassen.“
„Das ist nicht möglich. Er hat auch noch anderes tan.“
„Der Unglückselige!“
„Und er hat einen Mitschuldigen, der bereits von der Polizei verfolgt wird. Und wann dies auch nicht der Fall wäre, wenn man es rückgängig machen oder gar ganz verschweigen könnte, so dürfte man doch deinetwegen nicht schweigen, denn es handelt sich um deine Abstammung.“
„Weißt du das genau?“
„Ja.“
„Weißt du, wer meine Eltern sind?“
„Ich glaub es zu wissen.“
„Leben sie noch?“
„Nein.“
„So verzicht ich auf alles, wann nur die Paula nicht betrübt wird.“
„Auch wann dein Vatern ein reicher und vornehmer Mann gewest ist?“
„Ja.“
„Wohl gar ein Baronen?“
„Auch dann. Paulas Seelenruhe und ihr Glück ist mir mehr wert als das Bewußtsein, das Kind eines vornehmen Mannes zu sein.“
„Das ist edel, aber dumm!“
„Pah! Nenne es, wie du willst. Ich werde auf alle Fälle meinen Weg machen, und ich will das, was ich einst sein werde, lieber aus eigener Kraft geworden sein, als dadurch, daß ich diejenigen betrübe, welche ich über alles liebe.“
Der alte Sepp kaute eine ganze Weile an seinem Bart herum. Er war von dem Edelmut seines Freundes außerordentlich gerührt, wollte es sich aber nicht merken lassen und führte nun das letzte Argument gegen ihn in den Kampf.
„Weißt noch damals, daßt dich an dem Talmüllern rächen wolltest?“
„Das weiß ich wohl.“
„Und nun bist auf einmal bei ganz anderer Gesinnung!“
„Weil ich jetzt erkannt habe, daß die Rache nicht nur den Vater, sondern auch die Tochter und also auch mich treffen würde.“
„Na, Fex, ich will dir aufrichtig sagen, daß ich dir nicht Unrecht geben kann; aber an der Sach ist nun nix mehr zu ändern. Sie muß ihren Gang gehen.“
„Wirklich?“
„Ja. Da schau mal nach der Mühlen hin. Wen siehst da sitzen?“
Man konnte, wie bereits früher erwähnt, von hier oben die ganze Mühle überblicken. Der Fex war bis jetzt so mit dem Gegenstand ihres Gesprächs beschäftigt gewesen, daß er für anderes kein Auge gehabt hatte. Auf die an ihm ergangene Aufforderung richtete er den Blick nach der Mühle. Vor derselben, im Vorgärtchen, saßen zwei Männer an einem und demselben Tisch.
„Ist's möglich?“ sagte der Fex. „Dort sitzt ja gar der Müller im Garten!“
„Ja, auch ich erkenn ihn am Gesicht. Er darf also nun die Stub verlassen.“
„Weil es jetzt Sommer ist. Als ich von hier fortging, war es noch Frühling.“
„Aber kann er herauslaufen?“
„Nein. Du siehst ja, daß er auf einem Rollstuhl sitzt. Paula hat mir von einem neuen Badearzt geschrieben, welcher behauptet hat, ihn herstellen zu können.“
„So mag der Arzt nur rasch machen. Dann kann der Müllern, wann er kuriert worden ist, seinen ersten Weg gleich ins Zuchthaus tun.“
„Sepp! Sprich nicht so!“
„Es ist aber so!“
„Ich hoffe doch, daß es sich noch ändern läßt. Was in meiner Macht liegt, dieses Unglück von Paula zu wenden, das soll geschehen.“
„Es kann nix
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