69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
kein Vertrauen zu ihm haben kannst.“
Da ergriff sie seine beiden Hände und sagte in flehendem Ton:
„Nun wird er wohl seine Straf erhalten?“
„Wann die Sach genau an den Tag kommt, so kann die Straf nicht abgewendet werden.“
„Und da kommt die Polizeien in das Haus?“
„Freilich wohl.“
Da schlug sie die Hände vor das Gesicht und brach in ein erschütterndes Schluchzen aus.
„Machst du es nicht schlimmer, als es ist, Sepp?“ fragte der Fex, indem er dem Alten einen halb zornigen, halb warnenden Blick zuwarf.
„Ich mach's nicht schlimmer. Und bös darfst mir auch nicht sein, Fex. Es ist besser, die Paula weiß es vorher, als daß es ohne Erwarten über sie hereinbricht und sie desto härter trifft.“
„O Fex! Fex!“ jammerte sie.
„Fasse dich, Paula!“ bat er. „Ich bin ja bei dir!“
„Ja, jetzt bist bei mir, aber wie lange!“
„Immer, stets! Auf mich kannst rechnen!“
„Nein. Wir dürfen nix mehr voneinander wissen!“
„Wie? Was sagst da?“ fragte er betroffen.
„Ich bin die Tochter eines Verbrechers.“
„Aber du hast doch nix tan!“
„Das ändert nix an der Sachen. Die Sünden der Väter werden straft an denen Kindern bis in das dritte und vierte Glied. Wann ich zehnmal unschuldig bin, so werden doch die Leut mit denen Fingern auf mich zeigen und dabei sagen: Das ist die Tochter von dem Talmüllern! Wie kannst da noch was von mir wissen wollen!“
„Du armes, liebes, gutes Mädchen! Wirf doch diese Sorge von dir! Sie ist ganz nichtig und grundlos. Dein Vater mag sein, wer er will und mag tan haben, was es sei, du bist doch die Paula, meine gute, reine Paula! Du bist mein Engel gewest und mein Licht und meine Sonne allezeit, und wast mir gewest bist, das wirst mir sein und bleiben, solang ich leb auf der Welt!“
„Hörst's Paula! Ihm kannst's glauben! Er ist wahr und treu wie Gold!“ sagte der Sepp.
Sie schüttelte leise den Kopf, reichte beiden die Hand und schluchzte:
„Ihr meint's jetzund gut mit mir und wollt mich trösten; aber es wird ganz anderst kommen. Und dann liegt der Fluch auf mir, den der Vatern auf sich geladen hat. Ich will gehen. Lebt wohl, alle beid!“
„Nein, so darfst nicht gehen!“ bat der Fex. „Schau mich an, Paula! Ich hab dich lieb, lieber noch als mein Leben und als alles. Mag geschehen sein und noch geschehen, was da wolle, ich bleib derjenige, der ich bin. Auf mich kannst dich verlassen. Ich will lieber auf alles verzichten und alles von mir werfen, wenn ich nur dich glücklich seh. Wirst mir das glauben?“
„Das sagst nur jetzunder, weil dir sonst dein gutes Herz weh tut, wannst mich weinen siehst.“
„Nein, ich sag's nicht nur, sondern ich fühl es auch, und was ich heut fühl, das werd ich fühlen immerfort und zu aller Zeit. Willst mir vertrauen?“
„O Gott, wann ich das dürft!“
Es war ein Blick voller Jammer und Herzeleid, den sie auf ihn warf.
„Du darfst! Wozu und für wen war ich denn da, wenn nicht für dich. Und wofür hätt der liebe Herrgott uns die Lieb ins Herz geben, wann sie nicht dazu wär, daß sie uns nicht nur in der Freud, sondern auch im Leid vereinigen sollt! Nein, trockne deine Tränen! Ich weiß, daßt mehr Furcht vor deinem Vatern hast als Liebe zu ihm. Wann er die Folgen seiner Tat zu tragen hat, wo wird's dich mit treffen, ins tiefe Herz hinein, weilst doch sein Kind bist, aber zur Verzweiflung kann's dich nicht treiben. Du hast noch anderes zu tun, als um einen Vater zu jammern, der dir niemals ein Vater gewesen ist. Du hast den Fex, der ohne dich nicht glücklich sein kann, der ohne dich gar nicht leben möchte. Daran mußt denken, Paula! Für mich mußt dich erhalten! Und wann heut eine Wolke kommt, aus welcher ein Wetter auf euer Haus niederfällt, so kann sie doch nicht immer bleiben; sie muß vergehen, und nachher gibt's wieder Sonnenschein.“
Da schlang sie die Arme um ihn, legte ihr Köpfchen an seine Schultern und flüsterte:
„O Fex, wie lieb und gut du zu sprechen vermagst. Das kann ich doch nimmer alles glauben!“
„Du kannst's und sollst's glauben!“
„Wie glücklich ich war, als ich dich heut derblickte! Ich hätt mit keiner tauscht in der weiten, weiten Welt. Und nun soll alles, alles ganz vorüber sein!“
„Wer hat das sagt? Wer kann das auch nur denken? Komm, meine Paula! Wein jetzt nimmer! Sei stark und still! Was auch geschehen mag, so bin ich bei dir!“
„Und auch ich!“ sagte der Sepp. „Vielleicht ist's gar nicht so schlimm, wie wir meinen.
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