69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
Müller mit der Fotografie aus dem Stuhl genommen haben.“
„Nun, diese Fotografien war doch richtig das Bildnis deiner Muttern?“
„Ja. Ich erkannte sie sofort.“
„Schau, da müssen doch auch die anderen Papieren dir gehören!“
„Das steht nicht so fest, wie du meinst.“
„Ja, wenn wir doch nur einen funden hätten, der es lesen kann.“
„Solange ich mich auf dich verließ und gar zu sehr in meine Studien versunken war, fand sich allerdings niemand; aber als du fort warst und ich nicht gar so viel mehr zu arbeiten und zu üben brauchte, begann ich selbst zu suchen.“
„Hast einen funden?“
„Ja. Es kam ganz zufälligerweise ein Rosenölhändler nach München, um sich die dortigen Kunstschätze anzusehen. Mit ihm traf ich zusammen. Er wohnte in Sofia und war in sämtlichen Sprachen der Türkei und der Donauländer bewandert. Er verstand die Dokumente zu lesen und hat sie mir übersetzt.“
„Sappermenten! Das ist gut! Nun sag mir aber auch, was für Papiere es gewest sind!“
„Der Geburtsschein eines walachischen Edelmannes namens Samo von Gulijan; der Geburtsschein seiner Frau, einer geborenen Etelka von Toregg, und der Geburtsschein ihres Sohnes, welcher Curty, also Curty von Gulijan getauft wurde. Dabei lag auch der Trauschein der beiden Eltern.“
„Himmelsakra! So ist ja alles gut!“
„Noch nicht.“
„Du bist der Curty von Gulijan.“
„Beweise es!“
„Du hast ja die Papieren!“
„Ich hab sie dem Müller gestohlen!“
„Auf rechtmäßige Weise!“
„Wie wollte ich das beweisen? Wenn der Müller sich irgendeine Geschichte darüber aussinnt, wie diese Papiere in seine Hände kamen, so haben sie für mich nicht den mindesten Wert.“
„Da sollte doch gleich der Teuxeln dreinschlagen! Das will ich mir verbitten! Etwas aussinnen darf er sich nicht!“
„Verbiete es ihm. Es wird nichts helfen.“
„Oho!“
„Und mir macht es das Herz leichter. Paula soll meinetwegen nicht unglücklich werden.“
„Ganz richtig! Unglücklich werden soll sie nicht. Aber du sollst was werden, nämlich derjenige Curty von Gulijan, von welchem wir sprochen haben. Und ich werd dafür sorgen, daßt's auch wirst.“
„Gib dir keine Mühe.“
„Papperlapappen! Ich geb mir Mühe! Jetzunder wirst hier sitzen bleiben.“
Der Alte nahm den Sack und den Bergstock auf, welche beide er auf den Rasen gelegt hatte.
„Wo willst du hin?“
„Zum Herrn Assessorn. Du aber bleibst hier sitzen und paßt fein auf, wann ich dir das Zeichen geb. Nachher kommst mir nach.“
„Welches Zeichen?“
„Ich schwenk mit dem Hut, aber so, daß der Talmüllern es nicht bemerken kann.“
„Bleib lieber da, und laß den Assessor mit dem Müller tun, was ihm beliebt!“
„Fallt mir nicht ein! Ich hab vor wenigen Tagen aus einem Schulmeistern den Sohn eines Barons macht; da werd ich wohl auch aus einem dummen Geigenfexen den Curty von Gulijan machen können. Was der Sepp will, das tut er, und was er tut, das kann er. Also hier wartest und gehst nicht fort. Und wann ich mit dem Hut schwenk, so kommst zu uns hin. Kannst ja so tun, als obst ganz zufällig kämst.“
Der Alte war ganz Flamme. Er eilte davon. –
Nachdem der Assessor, wie er zu dem Sepp gesagt hatte, die betreffenden hiesigen amtlichen Personen aufgesucht und sich mit ihnen verständigt hatte, war er nach der Mühle herausspaziert.
Er hatte eigentlich noch keinen festen Plan darüber, wie er sich dem Müller unauffällig nähern wollte. Er vertraute dem Zufall, und dieser war ihm wirklich günstig. Als er die Mühle erreichte, saß der Müller auf einem Rollstuhl vor dem erwähnten Tisch im kleinen Vorgärtchen. Er hatte wie gewöhnlich die Peitsche in der Hand.
Er betrachtete den langsam und mit der unbefangenen Miene eines Spaziergängers herbeitretenden Assessor und erwiderte dessen Gruß in seiner unfreundlichen Weise, die ihm zur zweiten Gewohnheit geworden war.
„Erlauben Sie, bei Ihnen Platz zu nehmen?“ fragte der Beamte.
„Dort ist ja auch Platz“, antwortete der Gefragte, indem er nach einem andern Tisch deutete.
„Ich ziehe es vor, mich zu unterhalten.“
„Ich nicht.“
„Nun, so können wir ja auch still nebeneinander sitzen“, lächelte der Assessor.
„Das Stillsein geht noch besser, wann wir an verschiedenen Tischen sitzen.“
Der Beamte ließ sich aber nicht irremachen. Er zog sich einen Stuhl so an den Tisch, daß er dem Müller gegenüber saß und sagte:
„Hier ist doch wohl eine
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