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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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herbeispaziert, zog den alten Hut und grüßte, als ob er erst jetzt hier ankäme:
    „Gott grüß die Herren! Wie geht's Talmüllern? Ist die Paula gesund, und hat's bereits Hochzeit macht mit dem Fingerl-Franz?“
    „Wannst so dumm fragen willst, kannst nur gleich wieder gehen!“ antwortete der Müller zornig.
    „Ich komm ja eben erst. Hast den großen Topf noch mit denen Fröschen und Kröten?“
    „Halts Maul, Lumpazi, sonst antwort ich dir mit der Peitschen!“
    „Na, hast du aber eine schlechte Launen heut am Tag! Da möcht man sich doch lieber gar nicht mit hersetzen.“
    „Hast's auch nicht nötig. Es sind noch andere Tische da.“
    „Ja, doch am liebsten sitz ich bei dir. Also, mit Verlaubnissen!“
    Er machte Anstalt, sich an den Tisch zu setzen.
    „Halt, nicht hierher!“ gebot der Müller. „Wannst auch vor mir keinen Respekten hast, so siehst doch, daß ein fremder Herr dasitzt!“
    „Ein Fremder? Oh, den Herrn kenn ich bereits besser als du! Der wird mir's schon gern verlauben, mich zu euch zu setzen.“
    „Ist's wahr?“ fragte der Müller den Assessor in verwundertem Ton.
    „Ja“, antwortete dieser. „Ich habe den Wurzelsepp bereits mehrere Male gesehen und gar nichts dagegen, daß er sich her zu uns setzt.“
    „Na, so kann ich's nicht ändern. Aber was wir zu sprechen hatten, das braucht doch kein anderer zu hören, und der Sepp am allerwenigsten.“
    „Warum? Es sind doch keine Geheimnisse, welche wir verhandeln.“
    „Freilich nicht.“
    „Und uns geht die Sache gar nichts an. Oder vielleicht doch Ihnen?“
    „Beileibe nicht! Was denkens von mir!“
    Dem Müller war es außerordentlich unlieb, daß sich der alte Wurzelhändler hatte hinsetzen dürfen. Er konnte nun den Fremden nicht nach dem Silberbauern ausfragen. Und wie nun, wenn der Sepp anfing zu plaudern, zum Beispiel von dem Zigeunergrab? Dann war es ja gleich verraten, wo der andere Müller wohne, welcher vergebens gesucht worden war. Dieser Gedanke versetzte den Talmüller in förmliche Angst.
    Der schlaue Sepp zog, indem er sich setzte, ganz unbemerkt den Brief aus der Tasche, ließ seinen Hut wie aus Versehen fallen, bückte sich, um ihn aufzuheben, und legte dem Assessor den Brief auf die Knie, ohne daß der Müller es sehen konnte. Dann begann er sofort ein Gespräch, um die Aufmerksamkeit des Müllers auf sich zu lenken.
    Der Assessor bemerkte die Absicht, zog sein Messer hervor, schnitt das Kuvert auf, nahm den Brief hervor, las ihn und steckte ihn wieder in den Umschlag; das geschah alles unter dem Tisch und ohne daß der Müller eine Ahnung davon hatte, daß sein Brief sich jetzt noch so sehr in seiner Nähe befand.
    „Ja“, meinte der Sepp im Laufe des Gesprächs, als er bemerkte, daß der Assessor fertig sei, „hier in der Talmühlen kehr ich halt allemalen sehr gern ein. Jetzund fehlt mir freilich der Fex ein wenig. Ich hab immer gar zu gern ein klein wengerl mit ihm plaudert. Weißt's nicht, wie es ihm geht?“
    „Wie soll's ihm gehen? Ferien hat er und lauft in der Welt herum, immer hinter denen Dirndeln her“, antwortete der Müller zornig.
    „Hinter den Dirndeln? Das glaub ich nicht. Der Fex ist ein gar solider Kerl!“
    „Ja, das hab ich heut wieder gesehen! Hier im Wald ist er gewest, und der Paula ist er nachlaufen. Wann ich ihn derwisch, so kann er sich auf etwas gefaßt machen!“
    „Was! Hier ist er? Das ist schön! Das kann mich gefreuen! Da muß ich ihn nachher aufsuchen!“
    „Kannst auch gleich jetzunder gehen! Ich brauch dich hier nicht.“
    Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl; der Sepp aber tat, als habe er ihn gar nicht verstanden. Er antwortete:
    „Nein, erst muß ich was ausruhen. Weißt, Müllern, ich hab heut bereits einen sehr weiten Weg macht. Da bin ich müde. Im Alter wollen halt die Knochen nimmer so gehorchen wie in der Jugend, wo man gleich am liebsten alle Tage durchs ganze Vaterland Bayern einen Walzer oder Galoppern tanzen tät.“
    „Ja, so geht's mir auch. Wo aber kommst denn heut schon her, weilst gar so müd bist?“
    „Droben von Hohenwald her.“
    Das war dem Müller sehr recht. Da konnte er sich doch erkundigen. Das geschah auch sofort, indem er fragte:
    „Bist bloß durch den Ort gegangen oder einen Tag da blieben?“
    Der Assessor warf dem Sepp einen warnenden Blick zu, damit derselbe keinen Fehler machen solle. Der Alte bemerkte diesen Blick, lächelte in seiner eigenartigen Weise, drehte lustig die Spitzen seines Schnauzbartes empor und

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