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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar wohl bemerkt hatte, es so ein, daß er, ihr den Rücken zukehrend, den Stuhl in den Schatten rückte und dann erst sich auf denselben niederließ.
    Trotzdem er nun im Halbdunkel saß, sahen Mutter und Sohn doch deutlich, daß er vornehm gekleidet sei und sie also keinen gewöhnlichen Dorfbewohner vor sich hatten.
    „Kommen Sie vielleicht, eine Bestellung bei meinem Mann zu machen?“ fragte die Frau.
    „Nein. Meine Absicht ist nur, bei ihm eine Erkundigung einzuziehen.“
    „Kennen Sie ihn schon?“
    „Nein. Ich war noch niemals hier. Ein Bekannter von mir, der Wurzelsepp, hat mich hergeschickt.“
    „So ist es, als ob Sie uns bereits ganz gut kennten. Die Bekannten dieses Mannes sind alle gut Freund untereinander.“
    „Das habe auch ich bereits bemerkt. In Ihrer Familie muß er schon seit langen Jahren verkehrt sein. Er hat mir so sehr viel von Ihnen erzählt.“
    Sie errötete ein wenig bei dem Gedanken, daß der Alte wohl auch von ihrem früheren Vergehen geplaudert haben könne. Dieser Gedanke trug die Schuld, daß sie nicht sogleich antwortete; aber sie hielt den Kopf lauschend zu ihm herüber geneigt wie allemal, wenn er seit seinem Eintreten gesprochen hatte. Das benutzte er, indem er fragte:
    „Sie sind doch jedenfalls die Frau des Finken-Heiners?“
    „Ja“, antwortete sie, noch tiefer errötend als vorher.
    „Fällt Ihnen vielleicht an mir etwas auf?“
    „Warum denken Sie das?“
    „Weil Sie mich so eigenartig betrachten und so scharf herüberhorchen, wenn ich spreche.“
    „Sie haben es erraten, mein Herr. Ihre Stimme ist's, die mir auffällt.“
    „Hat das vielleicht einen Grund?“
    „Ja, freilich hat es einen. Ihre Stimme hat nämlich ganz genau den Klang einer anderen, welche ich vor vielen Jahren täglich hörte.“
    „Das ist nichts Auffälliges. Stimmen sind sich häufig sehr ähnlich.“
    „So sehr aber nicht. Es ist nicht nur die Stimme allein, sondern auch die Art und Weise der Betonung und der eigenartige Wohlklang, der sich nicht verkennen läßt.“
    „Wer war die Person, an welche Sie dadurch erinnert werden?“
    „Ein Baron, bei dessen Frau ich diente.“
    „Nun, so ist die Ähnlichkeit eben nur ein ganz gewöhnlicher Zufall.“
    „Das glaube ich auch, denn die Familie wohnte sehr weit von hier, drunten in der Walachei.“
    „So! Wie war der Name derselben?“
    „Gulijan.“
    „Ah! Das Stammschloß derselben lag bei Slatina?“
    Die Frau fuhr zunächst zusammen, als ob sie erschrocken sei. Dann aber fragte sie schnell in freudigem Ton:
    „Wie? Sie kennen diese Familie?“
    „Ich hörte von ihr sprechen.“
    „Von wem?“
    „Von dem Wurzelsepp.“
    „So ist es erklärlich. Der hat von meinem Mann einiges über diese Familie gehört.“
    Da zog der Fex seine Brieftasche hervor und nahm aus derselben die Fotografie seiner Mutter, welche er damals mit den Papieren aus dem Stuhl des Talmüllers entwendet hatte.
    „Oh“, sagte er, „der alte Sepp kennt diese Familie nicht nur vom Hörensagen, sondern auch aus eigener Anschauung.“
    „Das ist unmöglich. Er hat niemals ein Glied derselben gesehen.“
    „In Person freilich nicht, aber im Bild.“
    „Das bezweifle ich. Es ist mir nicht bewußt, daß irgendein solches Bild existiert.“
    „Auch keine Fotografie?“
    „Auch die nicht, denn es ist alles damals bei dem großen Schloßbrand mit zerstört worden.“
    „Das bezweifle ich. Wollen Sie vielleicht einmal einen Blick auf diese Fotografie werfen?“
    Er gab das Bild auf den Tisch, ohne aber sein Gesicht so nahe zu bringen, daß es deutlich erkannt werden konnte. Die Frau nahm es von dort auf und hielt es an das Licht. Kaum hatte sie ihren Blick darauf gerichtet, so stieß sie einen lauten Schrei der freudigsten Überraschung aus.
    „Baronin Etelka! Das ist sie; das ist sie, meine liebe, liebe, gute Herrin! Ja, ja, das ist sie! Es ist gar kein Zweifel möglich! Herr, wie kommen Sie zu dieser Fotografie?“
    „Auf eine etwas geheimnisvolle Weise, von welcher ich Ihnen erzählen muß.“
    Er trat bei diesen Worten an den Tisch, wie um das Bild wieder an sich zu nehmen, in Wirklichkeit aber in der Absicht, das Licht nun auf sein Gesicht fallen zu lassen.
    Und warum diese Prozedur?
    Aus einem sehr guten und lobenswerten Grund. Aus allem Bisherigen mußte er annehmen, daß er der Sohn jenes Barons von Gulijan sei. Und dennoch war er nicht imstande, dies bis zur Evidenz zu beweisen. Die Papiere, welche er besaß, waren zwar die Papiere jenes Kindes, aber ob

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