69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
er mit dem heutigen Tag einen Wendepunkt seines Lebens nahe getreten. Und das war jedenfalls nicht eine Wende zum Guten, zum Glück.
Wurde Gisela gezwungen, den jungen Osec zu heiraten, so war seines Bleibens nicht länger. Ließ sie sich aber nicht zwingen, so gab es dennoch keine Hoffnung für ihn, glücklich zu werden. Auch dann war es für ihn am besten, fortzugehen und nur seiner Mutter und seiner armen Schwester zu leben.
Überall zeigte sich der Himmel trübe und sein Horizont bewölkt. Würde es einmal einen Lichtstrahl geben, dem es gelänge, diese Wolken zu durchbrechen? Wohl kaum!
So saß er eine längere Zeit, ohne von irgend jemand gestört zu werden. Da fiel sein umflorter Blick zufälligerweise nach dem Eingang des Gartens, und da gewahrte er Gisela, welche hereintrat, gefolgt von dem jungen Osec. Beide kamen nach der Richtung, in welcher die Bank stand, auf der er saß.
Sollte er sich von ihnen sehen lassen? Nein! Aber fortgehen konnte er auch nicht, ohne von ihnen bemerkt zu werden. Es gab nur den einen Ausweg, sich hinter die Sträucher zu stellen, bis sie vorüber waren. Er tat dies so schnell wie möglich.
Sie kamen näher. Er hörte des Mädchens helle, fröhliche, neckische und des Burschen scharfe Stimme.
„Du weißt also, weshalb wir kommen?“ fragte der letztere.
„Ja“, antwortete sie.
„So brauche ich es dir nicht zu sagen?“
„Nein. Das hast du nicht nötig.“
„Und was sagst du? Werden wir umsonst gekommen sein?“
„Gewiß nicht.“
„Gott sei Dank. So wird also der Handel gelingen?“
„Auf alle Fälle. Sie ist ja gar nicht teuer“, antwortete sie, sich zur Erde bückend, um eine Blume zu pflücken und dieselbe an ihren schönen, vollen Busen zu stecken.
„Sie ist gar nicht teuer?“ fragte er gedehnt und im Ton der Befremdung.
„Gewiß nicht. Der Vater wird doch von euch nicht mehr verlangen, als von anderen Leuten. Zwei oder drei Gulden.“
„Für wen denn?“
„Das fragst du noch?“
„Freilich! Ich muß doch wissen, von was du redest!“
„Nun, doch davon, wovon auch du sprichst.“
„Das kann doch gar nicht sein!“
„So begreife ich dich nicht. Du hast mich doch gefragt, ob ich wisse, weshalb ihr heute zu uns gekommen seid.“
„Das habe ich gefragt, aber du scheinst es nicht zu wissen.“
„Oh, sehr genau!“
„Nun, weshalb?“
„Wegen der jungen Ziege, die ihr kaufen und mitnehmen wollt.“
„Ziege? Wann wäre denn von einer Ziege die Rede gewesen!“
„Also nicht?“
„Nein. Wir werden doch nicht beide im Wagen herüberkommen, um eine Ziege zu kaufen! Wir haben selbst mehrere.“
„Ach so! Da habe ich freilich falsch verstanden. Also kommt ihr zum Besuch?“
„Ja und auch nein. Unser Besuch hat einen ganz besonderen Zweck.“
„Das ist schön, sehr schön.“
„Meinst du?“
„Ja. Ich liebe die Menschen, welche einen Zweck haben, nämlich wenn es ein guter ist.“
„Der unserige ist ein sehr guter.“
„So wünsche ich, daß ihr ihn erreichen mögt.“
„Ich weiß, daß wir ihn erreichen. Darum ist meine Mutter nicht gleich mitgekommen. Sie wird erst später kommen und da gleich die Verwandtschaft mitbringen.“
„Die Verwandtschaft? Wollt ihr vielleicht ein Erbe eintreiben und untereinander verteilen?“
„O nein, das ist es nicht. Es gibt ein Familienfest.“
„Wohl gar eine Kindtaufe?“
„Auch nicht.“
„Hochzeit?“
„Beinahe.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Beinahe Hochzeit! Was heißt das?“
„Sage du es lieber! Mir fällt das Raten schwer. Weißt du, ich habe in der Schule gar nicht viel gelernt.“
„Du siehst mir aber gar nicht danach aus.“
„Schadet nichts. Es ist besser, man sieht klüger aus, als man ist.“
„Da hast du freilich recht. Also will ich es dir sagen. Eine beinahe Hochzeit, das ist ein Verspruch, eine Verlobung.“
„Ach so! Also einen Verspruch wollt ihr halten. Das ist sehr interessant. Wer soll denn verlobt werden? Etwa gar du?“
„Ja.“
Sie waren an der Bank stehengeblieben. Gisela machte ein sehr erstauntes Gesicht und sagte:
„Du willst dich verloben? Das ist gar kein übler Witz von dir.“
„Wieso?“
„Weil ich weiß, daß du dich nur im Scherz verloben kannst. Im Ernst bringst du das doch nicht fertig.“
„Nicht im Ernste? Warum denn nicht?“
„Weil du nichts, gar nichts hast, was dazu gehört.“
„So! Nun sag doch einmal, was das ist.“
„Zunächst bist du zu dumm!“
Sie sagte das mit solchem Ernst, daß er einen
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