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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schritt zurückwich.
    „Gisela! Jetzt machst du den Scherz!“
    „O nein! Ich meine es im Ernst.“
    „Ist's wahr? Also ich bin zu – zu dumm?“
    „Ja, zu dumm zur Verlobung.“
    „Bist du bei Trost!“
    „Sehr bin ich bei Trost. Wer sich verloben will, muß doch eine Geliebte haben!“
    Sie blickte ihn von der Seite forschend an, und als er nicht antwortete, fragte sie:
    „Hast du eine?“
    „Ja.“
    „Eine wirkliche Geliebte? Verstehe wohl, eine wirkliche Geliebte, mit welcher du gesprochen hast und die dir auch gesagt hat, daß sie dich haben will?“
    „Nein, so eine habe ich freilich nicht.“
    „Nun, siehst du, wie dumm du bist! Du hast nicht einmal das, was man zur Verlobung am allernotwendigsten braucht, eine Geliebte.“
    „Die brauche ich nicht.“
    „So! Du verheiratest dich wohl mit – mit – der Ziege, die wir zu verkaufen haben?“
    „Spotte nicht. Ein rechter und richtiger Bursch läßt die Eltern für sich wählen.“
    „Das wäre mir ein Bursch! Den Kerl möcht ich nicht haben. Ein Bursch muß einen eigenen Willen und eine Schneid besitzen, dann ist man ihm gut, dann hat man Vertrauen zu ihm. Aber einer, der sich bevatern und bemuttern läßt, der hat bei uns Mädchen kein Glück. Ich wenigstens möcht keinen solchen!“
    „Wirklich nicht?“ fragte er, beinahe erschrocken.
    „Nein. Schau, ich bin ein Mädchen und kein Bube, aber meinen freien Willen habe ich doch. Ich will auch, wenn ich einmal heirate, für mich selbst wählen. Sollte ich einen nehmen sollen, den mein Vater für mich ausgesucht hat, so würde ich ihn grad darum nicht nehmen, selbst wenn ich ihn ganz gut leiden könnte.“
    Er stand still vor ihr und blickte sie forschend an. Sein schon ohnedies häßliches Gesicht wurde noch abstoßender gemacht durch einen Zug von Heimtücke und Hinterlist, welcher jetzt in demselben zu bemerken war. Er mochte ahnen, daß sie diese Worte nur sagte, um ihm die Gelegenheit zu der beabsichtigten Liebeserklärung abzuschneiden, und sann nun nach, wie er sich am besten zu diesem klugen Schachzug verhalten solle.
    „So willensstark wärst du?“ sagte er.
    „Ich bin keineswegs sehr energisch. Aber man heiratet aus Liebe, und wer nicht nach Liebe fragt und nach Liebe strebt, kann auch keine erhalten. Einen Menschen, der mich durch seinen Vater von meinem Vater begehrt, den mag ich nicht, denn er achtet und liebt mich nicht. Er behandelt mich wie eine Ware, wie ein willenloses Tier, welches man kaufen kann. Und ein Bursche, welcher mir schon als Mädchen keinen Willen zutraut oder vielmehr keinen Willen läßt, wie mag der mich erst später behandeln, wenn ich erst einmal seine Frau geworden bin!“
    Er sah sehr wohl ein, wie recht sie hatte. Darum fragte er:
    „Also wenn zum Beispiel ich dich haben wollte und ich schickte meinen Vater zu dem deinigen, um dich von ihm zu fordern, und beide Väter wären einverstanden, was tätest du in diesem Fall?“
    „Das, was ich soeben gesagt habe: Ich mochte dich nicht.“
    „Und wenn dein Vater dich zwingen wollte!“
    „Ich würde mich nicht zwingen lassen.“
    „So! Aber weißt du, ein Vater hat Gewalt und Recht über die Tochter!“
    „Nur so viel, wie ihm das Gesetz einräumt. Zur Heirat kann er mich nicht zwingen. Ich würde mich an das Gericht wenden und den Schutz desselben finden.“
    „Donnerwetter!“
    „Warum fluchst du?“
    „Hm! Davon nachher! Aber dein Vater könnte dich enterben!“
    „Das möchte er tun. Ich fände sogleich eine Stelle oder einen Mann, mit dem ich glücklich sein kann. Aber wir sind von unserem Thema abgekommen. Ich habe gesagt, du seiest zu dumm zum Heiraten. Das ist noch nicht alles, denn du bist auch zu häßlich dazu.“
    „Bist du des Teufels!“
    „Nein, ganz und gar nicht. Ich sage die Wahrheit. Oder hast du dich noch niemals im Spiegel betrachtet?“
    „Sehr oft.“
    „So mußt du doch bemerkt haben, daß du das Aussehen eines Menschen hast, der die personifizierte Häßlichkeit vorstellen soll.“
    Er machte ein Gesicht wie ein Raubtier, welches bereit ist, auf seine Beute loszustürzen. Eine solche Offenheit war ihm noch gar nicht vorgekommen. Er rang förmlich nach Atem und antwortete, vor Ärger stockend:
    „Bin – bin – bin ich denn gar so sehr häßlich?“
    „Ja, ungeheuer.“
    „Alle Teufel! Schön seh ich freilich nicht aus, das weiß ich auch; aber daß ich so ein förmliches Scheusal bin, das habe ich nicht gedacht. Ich habe doch keine Verletzung oder so etwas

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