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aber immer wenn das Verhältnis zwischen uns angespannt war, verfielen sie wieder auf »Ken-bo«. Vielleicht wollten sie mir damit instinktiv zeigen, dass sie die guten, alten Zeiten vermissten, als ich noch ein kleiner Junge war. Jedenfalls wusste ich, dass die Barrikade in den Nachrichten war, sobald ich hörte, dass er mich so nannte.
»Ken-bo, schau mir in die Augen«, sagte er.
Mein Vater war seit zwanzig Jahren Kunstlehrer. Er runzelte die Stirn und sah mich an, er war sich seiner Fähigkeit sicher, sagen zu können, wann Kinder logen. Ich schaute übernächtigt zurück, und die Nachwirkungen der enormen Aufregung der letzten Nacht standen mir deutlich ins Gesicht geschrieben, aber offensichtlich kam er zu dem Schluss, dass ich unschuldig sei. Sogar ein altgedienter Lehrer kann daneben liegen, wenn es um seine eigenen Kinder geht. Die Tatsache, dass eine Menge von Ultra-Radikalen die Söhne und Töchter von Lehrern waren, wurde oft auf ihre strenge Erziehung zurückgeführt, aber in Wahrheit geht diese oberflächliche Strenge mit der Tendenz einher, sie fürchterlich zu verwöhnen. Lehrer ist ein seltsamer Beruf. Es ist wie mit Offizieren der Armee oder Polizisten. Obwohl die meisten Menschen in diesen Positionen auch nur durchschnittliche Drecksäcke sind, behandelt sie der größte Teil der Öffentlichkeit immer noch - zumindest in der Provinz - beinah mit Ehrfurcht. Das haben sie sich nicht etwa selbst verdient, sondern das ist nur ein Rückfall in die Vorkriegszeit, als Respekt der Lohn für ihre Kooperation mit dem faschistischen Regime war; und alte Gewohnheiten sterben nur langsam aus. Als Lehrer hatte mein Vater immer schnell zu körperlichen Strafen gegriffen. Auch waren es nicht nur die Schüler, mit denen er ruppig umging: Es war bekannt, dass er dem Rektor an seiner Schule und dem Vorsitzenden vom Lehrer-Eltern-Ausschuss eine geknallt hatte. Aber mich schlug er nie. Ich hatte ihn mal gefragt, warum nicht, und er hatte gesagt, dass seine eigenen Kinder so verdammt liebenswert seien, dass er es einfach nicht fertig bringe, sie zu schlagen. Er war ein aufrichtiger alter Knabe.
»Okay«, sagte er, »du warst es nicht, oder?«
Ich rieb mir die Augen und tat so, als wäre ich noch im Halbschlaf.
»Wovon redest du?«
»Jemand hat die Nördliche verbarrikadiert.«
Ich riss die Augen weit auf und sprang aus dem Bett. Ich streifte in drei Sekunden meine Hosen über, mein Hemd in vier und die Socken in zwei. Als er sah, wie aufgeregt ich war, schien mein Vater noch mehr von meiner Unschuld überzeugt. Ich schoss die Treppe hinunter, rief meiner Mutter zu, dass ich kein Frühstück brauchte, und rannte ungefähr hundert Meter in Höchstgeschwindigkeit die Straße entlang, dann schraubte ich mein Tempo zu einem langsamen Schlendern herunter.
Als ich am Fuß des Hügels vor der Schule ankam, sah ich das Transparent.
»Alle Macht der Fantasie.«
Es war ein bewegender Anblick. Wir ganz allein hatten es geschafft, die Szenerie zu verändern.
Mit klopfendem Herzen stieg ich den Hügel hinauf. Der Physiklehrer und ungefähr ein Dutzend Schüler standen am Vordereingang und versuchten, die Graffiti abzuschrubben. Der Geruch von Verdünner erfüllte die Luft. Der Eifer dieser Kids, den Schauplatz wieder in den Normalzustand zu versetzen, hatte etwas geradezu Ekelerregendes. Sie wurden soeben von einem Radiosender interviewt:
»Wer, glaubt ihr, könnte das getan haben?«
»Das war niemand von hier. Schüler von der Nördlichen Oberschule würden so etwas nie tun«, sagte ein widerliches Mädchen, unter dessen Fingernägeln vertrocknete blaue Farbe klebte. Ihre Stimme war tränenerstickt.
Als ich in den Klassenraum kam, lächelte Adama mich an und zwinkerte mir zu, und als keiner guckte, schüttelten wir uns die Hände. Halb neun kam und ging, und die tägliche Klassenversammlung hatte immer noch nicht angefangen. Über das Lautsprechersystem wurde uns befohlen, in unseren Klassenräumen zu warten, aber die ganze Schule war in heller Aufregung. Hubschrauber schwebten in der Luft. Eine Gruppe von widerlichen Schülern half den Sportlehrern, das Zeug auf dem Dach abzubauen. Ein anderes ekliges Subjekt - der Vizepräsident des Schülerrats - bearbeitete mit einem Lappen, der mit Verdünner getränkt war, das rote »Kill!«, das ich in der Nähe des Haupteingangs gepinselt hatte, und versuchte, es abzuwischen. Als er mich entdeckte, schoss er auf mich zu. Seine Augen waren gerötet, er hatte weinend dagekniet
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