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7 Minuten Zu Spät

7 Minuten Zu Spät

Titel: 7 Minuten Zu Spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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schloss die Augen. Sie hatte lange Wimpern, stellte Alice fest.
    Und ihr war eins klar: Auf Mikes Vorwürfe gab es keine Antwort, weil sie berechtigt waren.
    »Sagen Sie uns nur«, bat Alice Frannie leise, »was als Nächstes passiert, damit wir uns darauf einstellen können. Wir müssen es einfach wissen, damit wir unsere Entscheidungen treffen können.«
    Frannie öffnete die Augen. Sie schwieg einen Moment lang, dann sagte sie: »Wir haben uns ein paar Dinge überlegt, aber darüber dürfen wir im Augenblick noch nicht sprechen.«
    Ach, so weit war es also schon wieder! Alice presste die Lippen zusammen. Frustration und Ärger schnürten ihr die Kehle zu.
    »Ich will nach Hause«, flüsterte sie Mike zu.
    »Ich auch«, erwiderte er ärgerlich. »Das geht aber nicht.«
    Alice vermisste ihr altes Zuhause in der President Street und sehnte sich nach dem neuen Zuhause am Third Place. Aber nun, da sie in Simons Haus lebte, hatte sie entdeckt, dass Zuhause immer dort war, wo ihre Familie sich aufhielt. Zuhause, das waren Nell und Peter und Mike und auch die Zwillinge. Zuhause war das dunkle Loch in ihrem Leben, wo sie Lauren vermisste und wo es schmerzte. Zuhause war eine gute Mahlzeit, eine heiße Dusche, ein sauberes Bett. Zuhause konnte überall sein.
    Und dennoch fehlte ihr die Wohnung in der President Street. Obwohl sie sich ein wenig davor fürchtete, wandte sie sich mit einer Bitte an Frannie.
    »Ich muss in unsere alte Wohnung.« Unerschrocken blickte sie Frannie in die Augen. »Ich muss ein paar Sachen dort holen.«
    Und sie musste sich verabschieden.
    Frannie nickte. »In Ordnung. Morgen. Ich arrangiere das.«

KAPITEL 32
    M ike setzte die Kinder an der Schule ab und fuhr in die Werkstatt. Um elf Uhr schloss Alice zusammen mit Dana das Blue Shoes auf. Kurz nach zwei signalisierte man ihnen, die Luft sei rein, und sie fuhren rasch in die Wohnung in der President Street, um Kleider, Spielzeug und ein paar andere Dinge zusammenzupacken. Sylvie hatte sich einverstanden erklärt, die Kinder von der Schule abzuholen, für den Fall, dass Alice nicht rechtzeitig da sein konnte.
    »Das ist er«, flüsterte Dana Alice zu, als sie an einem grauen Ford vorbeikamen, der vor dem Haus geparkt war. Ein einzelner Mann mit einer Yankees-Kappe saß darin und tat so, als ob er Zeitung läse. »Er« war natürlich der Polizist, der das Haus beobachtete, aber er blickte nicht auf, als die beiden Frauen die Treppe hinaufliefen und eintraten.
    Sie waren erst wenige Tage weg, doch das Haus wirkte auf unheimliche Weise verlassen. Alles stand genau, wo es gestanden hatte, als sie so überstürzt gegangen waren. In der Spüle lag schmutziges Geschirr, Alices halb voller Teebecher stand auf der Theke beim Telefon. Überall lag Spielzeug herum.
    Alice blickte auf die Uhr. »Wie viel Zeit haben wir denn?«
    »So viel Sie brauchen.« Dana setzte sich an den Küchentisch und wartete.
    Alice zwang sich, das schmutzige Geschirr und auch den Müll, der bereits zu stinken begann, zu ignorieren. Sie ging direkt nach unten, packte Kleider für alle, einen Stapel Kinderbücher, die Nell noch nicht gelesen hatte, und eine kleine Tasche mit Peters Lieblingsautos und Action-Figuren. Als sie nach oben kam, machte Dana ein komisches Gesicht.
    »Was ist?«, fragte Alice.
    »Pst.« Dana lauschte angestrengt, und jetzt hörte es auch Alice. Über ihnen waren Schritte zu hören.
    »Er ist zu Hause«, flüsterte Alice. »Er sollte doch gar nicht zu Hause sein.«
    »Er ist gerade zurückgekommen. Kommen Sie, wir müssen weg hier. Leise.«
    Als sie durch das Wohnzimmer schlichen, fiel Alices Blick auf Judy Gerstens Pfingstrosenkissen, das sie auf die Couch gelegt hatte. Rasch stopfte sie es in die Tasche. Es war vielleicht die letzte Chance, es noch mitzunehmen. Sie wollte es im Blue Shoes zur Erinnerung an Lauren zu den Pfingstrosen legen, damit es so eine Art Altar wurde.
    Dana öffnete die Wohnungstür so vorsichtig wie möglich und Alice folgte ihr in die Eingangshalle. Abgesehen von den Schritten war alles still. Dann verstummten auch die Schritte, und oben weinte wieder das Baby.
    Alice warf Dana einen eindringlichen Blick zu, als wolle sie sagen: Hörst du das auch? Das musst du doch hören! Da oben schreit ein Baby.
    Aber Dana schüttelte den Kopf. Nicht jetzt, formte sie mit dem Mund und ging zur Haustür.
    Doch, genau jetzt, dachte Alice. Wann sonst? Die Polizei hatte immer noch nichts unternommen, und soweit Alice wusste, gab es auch noch keinen

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