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7 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 2te Folge

7 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 2te Folge

Titel: 7 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 2te Folge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hrsg Arnulf D Helmuth W & Krauß Mommers
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kauerte in der abgelegenen Ecke der Höhle und lauschte dem fernen Wind, der über den nächtlichen gefrorenen Planeten orgelte. Seine Augäpfel schimmerten weißlich.
    Sims Mutter zuckte von Zeit zu Zeit zusammen, wenn sie den Mann ansah. Sie fütterte Sim mit den Beeren des Strandes, mit den Gräsern des Tales und mit Eiszapfen, die sie vom Höhleneingang brach. Und er aß, verdaute, aß wieder und wuchs und wuchs.
    Der Mann im Höhlenwinkel war sein Vater. Nur die Augen lebten noch in seinem Gesicht. Er hielt einen groben Steindolch in den verkrümmten Händen. Sein Kinn hing schlaff herunter.
    Dann, als Sims Sichtbereich größer wurde, sah er die alten Leute, die im Tunnel jenseits dieses Raums hockten. Und während er sie beobachtete, starben sie.
    Ihr Todeskampf erfüllte die Höhle. Sie schmolzen wie Wachsbilder, ihre Gesichter sackten nach innen, bis nur noch die scharfen Backenknochen und die Zähne vorstanden. Vor einer Minute waren ihre Gesichter glatt, lebendig und spannungsgeladen gewesen. Jetzt verfielen sie wie Staub. Sim wand sich unter dem Griff seiner Mutter. Sie hielt ihn fest. »Na, na«, besänftigte sie ihn ruhig und ernst. Sie warf einen Blick auf seinen Vater. Würde ihn das Schreien aus seiner Lethargie erwecken?
    Mit schnellen Schritten kam Sims Vater quer durch die Höhle. Seine nackten Sohlen patschten auf dem Steinboden. Sims Mutter schrie auf. Er fühlte, wie er ihren Händen entglitt. Er fiel auf die Steine, rollte ein Stück weiter und brüllte mit der ganzen Kraft seiner neuen Lungen.
    Das gefurchte Gesicht des Vaters beugte sich über ihn. Über seinem Kopf schwebte das Messer. Es war wie einer der Alpträume, die er immer wieder im schützenden Leib der Mutter erlebt hatte. Während der nächsten Sekunden zuckten Fragen durch sein Hirn. Das Messer stand über ihm, bereit, auf ihn herabzustoßen. Und in Sim stieg machtvoll die große Frage nach Existenz und Leben in dieser Höhle auf, die Frage nach den sterbenden Menschen, nach der Ursache dieses Wahnsinns. Weshalb konnte er verstehen? Kann ein neugeborenes Kind denken, sehen, Schlüsse ziehen? Nein! Es war unmöglich. Und doch geschah es. Er spürte es. Er lebte erst seit einer Stunde. Und starb vielleicht in den nächsten Minuten.
    Seine Mutter umklammerte den Vater von hinten und entriß ihm die Waffe. Sim fing den raschen, schrecklichen Gedankenaustausch zwischen ihnen auf. »Laß mich ihn töten!« schrie der Vater schluchzend. Seine Stimme war rauh. »Was hat er vom Leben?«
    »Nein, nein!« beharrte die Mutter, und ihr alter gebrechlicher Körper warf sich gegen den schweren Körper des Vaters, um den Sohn vor ihm zu schützen. »Er muß leben! Vielleicht gibt es für ihn eine Zukunft. Vielleicht lebt er länger als wir und bleibt jung.«
    Der Vater fiel gegen eine Steinkrippe. In ihrem Innern sah Sim eine andere Gestalt. Ein kleines Mädchen, das still seine Gräser knabberte und mit den zarten Händchen dauernd nach neuer Nahrung suchte. Seine Schwester Dark.
    Die Mutter hatte den Dolch aufgehoben und strich schluchzend das lange graue Haar aus dem Gesicht. Ihr Mund bebte. »Ich werde dich töten«, rief sie und starrte ihren Mann an. »Laß meine Kinder in Frieden!« Der alte Mann spuckte müde und bitter aus. Er sah mit leerem Blick auf die Steinkrippe. »Ein Achtel ihres Lebens ist bereits vorbei«, keuchte er. »Und sie weiß es nicht einmal. Was hat das alles für einen Sinn?«
    Unter Sims Augen schien sich seine Mutter zu verändern. Ihr Gesicht wurde grau und gequält. Ein Gewirr von Runzeln zog sich über das schmale, hagere Gesicht. Sie wurde vom Schmerz geschüttelt und mußte sich neben ihn niedersetzen. Mit fiebrigen Händen drückte sie das Messer an die eingefallene Brust. Sie verfiel, wie die alten Leute im Tunnel.
    Sim heulte. Wohin er sah, erblickte er Schrecken. Fremde Gedanken drangen in ihn ein. Instinktiv sah er zur Steinkrippe hinüber. Dark, seine Schwester, erwiderte seinen Blick. Ihre Gedanken suchten einander wie tastende Finger. Er entspannte sich ein wenig. Er begann zu lernen.
    Der Vater seufzte und schloß die Lider über den grünen Augen. »Füttere das Kind«, sagte er erschöpft. »Beeil dich. Die Sonne geht bald auf. Es ist unser letzter Tag, Frau. Füttere ihn, damit er wächst.«
    Sim beruhigte sich, und neue Bilder durchströmten ihn.
    Sie lebten auf einem Planeten nahe der Sonne. Die Nächte waren beißend kalt. Die Tage brannten wie Fackeln.
    Es war eine brutale, unwirtliche Welt.

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