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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Geschäft tätig.“
    „In den Vereinigten Staaten?“ fragte Ludwig, dessen Gesicht einen Ausdruck hoher Spannung angenommen hatte.
    „Ja.“
    „Aber er war kein geborener Amerikaner?“
    „Nein, sondern ein Deutscher.“
    „Ein Offizier in österreichischen Diensten, wie Sie soeben sagten?“
    „Das wollte ich nicht sagen.“
    „Hm! War er adelig?“
    „Nein“ – stieß sie hervor.
    „Und auch Sie stammen aus einer bürgerlichen Familie?“
    Sie errötete tief. Es fiel ihr schwer, die Unwahrheit zu sagen:
    „Ja.“
    „So! Sind Sie nicht eine geborene Sendingen?“
    Da fuhr sie mit dem Kopf empor. Ihr Auge richtete sich mit starrem, erschrockenem Blick auf Ludwig. Dieser fuhr unbeirrt fort:
    „Wollte sagen, eine geborene von Sendingen?“
    „Gott! Woher wissen Sie das?“ kam es leise aus ihrem Mund.
    „Ich habe davon gehört.“
    „So wissen Sie –?“
    „Daß Ihr verstorbener Mann ein Herr von Sandau war.“
    „Und auch das übrige wissen Sie?“
    „Alles! Ich weiß noch mehr als Sie.“
    Da wendete sie das Gesicht ab und begann zu weinen.
    Er trat an ihr Bett, ergriff ihre Hand und sagte:
    „Weinen Sie nicht. Sie haben keine Ursache, Ihren Namen zu verschweigen. Es ist der Name eines Ehrenmannes.“
    Da wendete sie ihm blitzschnell das Gesicht zu und wiederholte:
    „Eines – Ehren – mannes! Herr, mein Gott, was höre ich da!“
    „Ich weiß, daß er unschuldig bestraft worden ist.“
    „Sie – Sie – wissen das?!“
    „Ja. Und ich hoffe, es beweisen zu können.“
    „Beweisen – beweis – bewei –!“
    Ihr Gesicht wurde glühend rot; ihre Brust begann zu arbeiten; sie wogte auf und ab. Ein schweres Ächzen erklang aus ihrem Mund, und dicke Schweißtropfen bildeten sich auf ihrer Stirn.
    „Gott! Was ist Ihnen, liebe Frau?“ rief der König. „Fassen Sie sich, fassen Sie sich doch!“
    Sie stöhnte noch lauter auf; ihr ganzer Körper lag in Zuckungen. Der König fühlte ihr den Puls und sagte:
    „Beherrschen Sie sich doch. Ich gehe, um Hilfe herbeizuholen.“
    Er wollte fort; aber sie hatte sein Handgelenk ergriffen und umklammerte dasselbe so fest, daß er nicht loskommen konnte.
    „Bleiben! Nicht gehen!“ stammelte sie.
    Es war, als ob sie mit einer unbekannten Macht, gegen irgendeinen unsichtbaren Einfluß kämpfe. Sie wand sich hin und her. Sie preßte die Zähne aufeinander. Ihre Augen traten weit heraus, und ihre Finger legten sich wie eiserne Klammern um die Hand des Königs.
    Dieser beobachtete das mit äußerster Besorgnis. Es kam ihm der Gedanke, daß die frohe Botschaft von der Unschuld ihres Mannes von Einfluß auf ihre gelähmten Glieder sein könne. Vielleicht entwickelte sich eine Krise.
    Und diese Vermutung bestätigte sich sogleich. Plötzlich, mitten in den Zuckungen, fuhr sie mit dem Oberkörper empor. Sie blieb in sitzender Stellung, prüfte Arme und Beine, indem sie dieselben bewegte, und stieß dann einen markerschütternden Schrei aus.
    „Was haben Sie? Was ist's mit Ihnen? Sagen Sie es doch!“ fragte Ludwig in heller Angst um sie.
    „Ich – ich – ich bin nicht – nicht – nicht mehr gelähmt!“ jubelte sie auf.
    „Wirklich? Wirklich?“
    „Ja, sehen Sie! Ich kann alles bewegen, jedes Glied, jedes! O mein Herr Jesus, wer hätte das gedacht!“
    „Fassen Sie sich! Auch die Freude ist gefährlich!“
    „Nein, jetzt nicht, mir nicht! Ich bin vor Schreck gelähmt worden, und die Freude hat mich geheilt. Ich kann mich bewegen. Ich kann auf. Ich könnte gleich gehen! Oh, ich möchte es probieren, wenn nicht –“
    Sie blickte ihn bittend an. Er verstand sie gar wohl, warnte sie aber:
    „Es sollte mich herzlich freuen, wenn die Nachricht, welche ich Ihnen gebracht habe, zu einem solchen Heil für Sie geworden wäre. Aber seien Sie ja nicht zu sanguinisch! Die Täuschung würde Sie mit doppelter Bitterkeit treffen.“
    „Es ist ja gar keine Täuschung! Ich konnte nur die Hände mühsam bewegen. Und jetzt, sehen Sie nur, bin ich wieder Herrin jedes einzelnen meiner Glieder.“
    Sie bemühte sich, es ihm dadurch zu beweisen, daß sie alle Glieder einzeln bewegte. Daß sie eine Dame sei und er ein Herr, daß sie im Bett lag, den Oberkörper nur bekleidet, daran dachte sie gar nicht. Er sah an der sich bewegenden Bettdecke, daß sie sich allerdings im Besitz auch ihrer Beine befand, doch mahnte er:
    „Schonen Sie sich! Beherrschen Sie sich! Wie leicht kann ein Rückfall eintreten!“
    „O nein, den befürchte ich nicht, nun nicht!

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