Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
gemacht hat, gegen das menschliche Gefühl?“
    „Du sprichst von einem milderen Wege. Ich glaube nicht, daß ein solcher eingeschlagen werden kann.“
    „Welchen Grund hast du zu dieser Meinung?“
    „Du willst doch diesen Keilberg arretieren lassen. Damit geht die Angelegenheit in die Hände der Staatsanwaltschaft über, und wenn es einmal so weit ist, dann hat das Gesetz zu entscheiden und es kann keine Wahl zwischen einer milderen oder strengeren Form getroffen werden. Das magst du gar wohl bedenken, ehe du zur Arretur schreitest.“
    „Ich habe mich nur einstweilen der Person dieses Mannes versichert. Was ich gegen ihn vornehmen werde, das wird sich entscheiden, wenn ich mit Max darüber spreche.“
    „Aber der kommt vielleicht morgen spät.“
    „Nein, er kommt zeitig in der Frühe. Ich habe es ihm durch den Boten, welcher mir jetzt seinen Brief brachte, sagen lassen, daß ich ganz beizeiten notwendig mit ihm zu sprechen habe. Vielleicht kommt auch Herr Sandau. Er hat mir versprochen, die ihm angebotene Arbeit zu übernehmen und wollte morgen früh zu einer darauf bezüglichen Besprechung wieder da sein.“
    „Sandau. Ein eigentümlicher Zufall.“
    „Ja, wäre er von Adel, so gehörte er vielleicht zur Verwandtschaft jener Familie, der ich so viel schuldig bin. Das beklemmt mich ja am allermeisten, daß alles, was mein Vater begangen hat, grad nur gegen sie gerichtet ist.“
    „Du willst nach ihr forschen?“
    „Ja, gewiß.“
    „Das wird langwierig sein. Wie willst du diese Leute in Amerika finden?“
    „Durch die Konsuls, durch die Blätter, in denen ich annonciere, durch – oh, ich werde alle Mittel ergreifen und alle Minen springen lassen!“
    „Um dein Vermögen hinzugeben.“
    „Mein Vermögen? Es ist nicht das meinige. Ich habe von Rechts wegen den ganzen Betrag der Erbschaft auszuzahlen mit allen Zinsen von dem Tag an, an welchem sie von meiner Mutter angetreten worden ist.“
    „Ein Advokat würde vielleicht ganz anders urteilen.“
    „Ich brauche keinen Anwalt. Mein Herz ist mein Advokat, dessen Rat ich unbedingt befolgen werde. Ich kann das Vermögen zurückzahlen, nicht aber die Zinsen. Die hat mein Vater zum größten Teil verlebt, und der kleinere Teil ist für mich verbraucht worden. Ich werde also ein ewiger Schuldner der Sandaus bleiben.“
    „Und Sandau der deinige!“
    „Wieso?“
    „Meinst du, daß alle Menschen so hochherzig handeln würden wie du?“
    „Ich darf nicht nach anderen fragen.“
    „Wenn du Sandau findest und ihm sein Eigentum zurückgibst, kann er es gar nicht annehmen, wenigstens nicht ganz. Er muß dir einen Teil desselben lassen.“
    „Ich behalte keinen Pfennig.“
    „Aber, Milda! Was willst du dann beginnen?“
    „Irgend etwas. Ich werde Lehrerin, Erzieherin, Gesellschafterin, Vorleserin oder sonst etwas.“
    „Du stellst dir das zu leicht vor.“
    „Gewiß nicht. Es wird mir schwer werden, aus dem gewohnten Überfluß herauszutreten; aber es muß vollbracht werden.“
    „Und wenn du keine solche Stellung findest?“
    „So weiß ich einen Ort, an welchem ich zu jeder Zeit einen Unterschlupf finde.“
    „Wo?“
    „Bei einer gewissen Frau Bürgermeisterin Holberg hier in Steinegg. Oder meinst du vielleicht, daß ich mich darin täusche?“
    „Wie kannst du nur so fragen. Ja, bei mir hast du deine Heimat und sollst da keine Not leiden. Ich bin nicht reich, aber für dich und Max, meinen Sohn, reicht es allemal zu.“
    „Ich danke dir, meine liebe Mutter. Jetzt kommt mir diese Angelegenheit nicht mehr gar so trostlos vor wie vorhin. Wenn man nur erst einen herzhaften Entschluß gefaßt hat, dann werden die Augen hell und der Verstand klar. Das Herz beruhigt sich und es ist dann viel leichter, ein Held zu sein, als man vorher gedacht und geahnt hat.“
    Da trat die Zofe ein und meldete:
    „Es ist ein Herr draußen, welcher das gnädige Fräulein zu sprechen wünscht.“
    „Wer ist es?“
    „Ich – ich weiß es nicht“, antwortete sie in sichtlicher Verlegenheit.
    „Wie? Du weißt es nicht? Hast du nicht gefragt?“
    „Nein.“
    „Warum nicht? Das ist das erste Mal, daß dies geschieht. Ich muß natürlich wissen, wer zu mir will. Ich bin nicht für einen jeden anwesend.“
    „Er – er – ich – ich –“
    „Na, so sprich doch!“
    „Er – er sah so vornehm aus und guckte mich mit solchen Augen an, daß ich gar nicht gewagt habe, ihn zu fragen.“
    „So!“ lächelte Milda. „Du bist doch sonst nicht so furchtsam. Er

Weitere Kostenlose Bücher