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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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muß ein sehr, sehr vornehmes Aussehen haben, daß du dich durch dasselbe so in Verlegenheit bringen läßt. Nun hast du jetzt das Vergnügen, deinen Mut zu zeigen.“
    „Oh – oh – ich soll ihn fragen?“
    „Ja. Nach seiner Karte oder seinem Namen.“
    „Was wird er für Augen machen.“
    „Frage doch lieber nach meinen Augen. Es ist jetzt nicht die Zeit, in welcher ein Fremder mich sprechen kann. Wenn er zu mir will, so muß er etwas sehr Notwendiges beabsichtigen. Also geh!“
    Die Zofe zog sich verlegen zurück und kehrte dann bald wieder.
    „Er läßt sagen, daß es allerdings so notwendig sei, daß gnädiges Fräulein die Störung wohl verzeihen würden.“
    „Und sein Name?“
    „Herr Ludwig.“
    „Kenne ich nicht. Woher?“
    „Vorübergehend in Hohenwald.“
    Da fuhr Frau Holberg vom Sofa auf.
    „Mein Gott, der Kö –!“
    Sie unterbrach sich, indem sie noch zur rechten Zeit daran dachte, daß sie das Inkognito des Herrschers vor dem Mädchen nicht verraten dürfe. Darum fügte sie, zu Milda gewendet, in ziemlicher Erregung hinzu:
    „Weißt du, jener Herr Ludwig, von welchem ich dir erzählt habe. Er wohnt in der Mühle.“
    Jetzt nun wußte Milda, welch hohen Herrn sie bei sich empfangen solle.
    „Gott, in dieser Toilette!“ war ihr erster Gedanke. „Ich muß fort –“
    Sie wollte nach der Tür; aber Frau Holberg ergriff sie am Arm.
    „Halt! Er blickt nicht auf die Toilette. Dürfen wir ihn übrigens warten lassen, nachdem er bereits zweimal angemeldet wurde?“
    „Keinen Augenblick!“
    „Also der Herr wird ersucht, sich zu uns zu bemühen.“
    Das Mädchen ging und ließ den König herein.
    Dieser hatte wenige Augenblicke vorher eine sehr wichtige Beobachtung gemacht.
    Nämlich nachdem die beiden Damen das Büro verlassen hatten, trat Keilberg von der Tür, seinem Lauscherposten, zurück.
    „Donnerwetter!“ flüsterte er. „Geld und Juwelen! Das wäre ein Fang, wenn man nur diese Tür –“
    Er ergriff die Klinke und drückte. Die Tür ging nicht auf. Nun drehte er den Schlüssel um – sie öffnete sich.
    Es war ihm zumute, als ob er betrunken sei. Einige Augenblicke lang drehte sich das Zimmer im Kreis um ihn. Aber er beherrschte sich. Da stand der offene Schrank vor ihm. Ein Griff –! Sollte er ihn tun?
    Er antwortete weder mit ja noch mit nein. Er handelte. Er eilte zu seiner Tür und schob den Riegel vor; dann tat er dasselbe mit der Eingangstür des Büros. Jetzt konnte er nicht ertappt werden. Kam ja der Diener, um das Speisegeschirr abzuholen, so gab es hundert Erklärungen für den Umstand, daß er die Tür für einen Augenblick geschlossen hatte.
    Und das gnädige Fräulein kam gewiß nicht sogleich zurück. Sie hatte ganz so getan, als ob es sich um etwas sehr Notwendiges handele, was in kurzer Zeit nicht abgemacht sein konnte.
    Nun trat er zum Schrank und öffnete das Ebenholzkästchen, entnahm ihm die sechs darin befindlichen Juwelenetuis und machte es wieder zu. Ein Schubfach aufziehend, um zu sehen, was sich darin befinde, sah er eine Menge Geldrollen, welche jedenfalls Gold enthielten, denn mehrere davon waren aufgebrochen, und die darin gewesenen Goldstücke lagen zerstreut umher.
    Rasch steckte er sich fünf, sechs, sieben, acht dieser Rollen in die Tasche, schob das Fach wieder zu, eilte zur Tür, um den Riegel zurückzuschieben, huschte in sein Zimmer, schloß die Verbindungstür zu, riegelte auch die Eingangstür auf und schob die Etuis alle unter das Bett zur einstweiligen Aufbewahrung.
    Nun stand er in dem Zimmer, hielt sich den Kopf, in welchem er die Pulse fühlte, mit beiden Händen und flüsterte:
    „Millionär, Millionär, bin ich.“
    Er rannte einige Male auf und ab, blieb wieder stehen und sagte:
    „Dummheit! So schlimm ist es nicht. Es sind nicht einmal hunderttausend. Aber wenn es nur fünfzigtausend, nur zwanzigtausend sind, so ist mir schon geholfen. Und zwanzigtausend sind es gewiß, sind es wenigstens. Diamanten und Smaragde und Rubine. Aber was fang ich mit ihnen an? Wie bringe ich sie nur in Sicherheit?“
    Er ging sinnend hin und her und setzte sich dann an den Tisch.
    „Essen muß ich, vor allen Dingen essen, sonst merkt der Diener, daß ich andere Dinge getrieben habe.“
    Er verschlang die Speisen förmlich. Kaum war er fertig, so trat der Diener ein.
    „Nun, haben sie gegessen?“ fragte er in nicht eben freundlichem Ton.
    „Ja.“
    „Wie hat es geschmeckt?“
    „Ausgezeichnet.“
    „Das glaube ich. Solche Leute, wie Sie

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