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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stricken zubunden, wie ich sehen tu und dann gar noch mit Siegellacken verklebt. Herrgottle, gibt's denn gar so große Spitzbuben hier?“
    „Man kann's nicht wissen. Es ist allemal besser, wann man vorsichtig ist. Willst's also sehen?“
    „Nein. Nun nicht. Wann's euch solche Mühen macht, so will ich lieber verzichten.“
    „Alles freilich haben wir nicht einischlossen, sondern ein Zwanzigmarkstückerl haben wir aufbehalten. Morgen geht's nach dera Stadt, wo wir uns neue Busentücherl kaufen und eine neue Schürzen, denn wir müssen zum Herrn Ludewigen gehen.“
    „So! Was wollt ihr bei ihm?“
    „Uns natürlich bedanken.“
    „Das ist recht; das wird ihn gefreun. Macht mir aber nur keinen Fehlern.“
    „Was sollten wir für einen welchen machen können?“
    „Ihr dürft ihn nicht falsch nennen.“
    „Das ist ja gar nicht möglich. Wir wissen ja, wie er heißt. Wir nennen ihn den Herrn Ludwigen.“
    „Grad das ist falsch.“
    „Warum?“
    „Ludwig ist nur sein Vorname.“
    „So! Wie wird er denn genannt?“
    „Majestät.“
    „Machst wohl Dummheiten!“
    „Nein.“
    Die vier saßen da und blickten ihn starr an. Da stand er auf, nahm das Königsbild von der Wand, hielt es ihnen vor die Augen und rief:
    „Seid ihr denn blind gewest! Dieses Konterfeium taugt zwar nicht viel, aber zu sehen ist's doch, was für ein Gesichten er hat. Und da hat er bei euch sessen, und ihr habt's wirklich nicht sehen, daß es der König gewest ist! Sollt man das für möglich halten!“
    Jetzt nun gingen die beiden Frauen und auch den andern die Augen auf. Ja, es konnte gar kein anderer als der König gewesen sein. Das war klar. Ein jeder andere hätte ein Schreiben mit der allerhöchsten Unterschrift mitbringen müssen.
    Aber nun das Hallo, die Aufregung, das Fragen und Antworten, welches es jetzt gab; es wollte kein Ende nehmen.
    Ludwig hatte nur zu erzählen und zu berichten. Und als er das heutige Pascherabenteuer erzählte, erreichte die Verwunderung den höchsten Grad.
    Abermals dem König das Leben gerettet! Die vier einfachen Leute blickten den Knecht mit staunender Ehrerbietung an. Er schien ihnen ein ganz anderes Wesen als bisher zu sein.
    So kam es, daß der Tag bereits durch die kleinen Fenster lugte, als die beiden Höhlenbauern Abschied nahmen. Aber ehe sie gingen, nahm Ludwig allen das heilige Versprechen ab, ja noch nicht zu verraten, wer dieser Herr ‚Ludwigen‘ eigentlich sei.
    Eine ähnliche Szene, nur ruhiger, spielte sich in dem Städtchen Eichenfeld ab, als Rudolf Sandau am späten Abend von Hohenwald nach Hause kam.
    Er traute seinen Augen nicht, als er die Mutter außerhalb des Bettes sitzen sah. Sie war feiertäglich angezogen und hatte eine leichte Handarbeit vorgenommen.
    „Mutter!“ rief er ganz erstaunt, indem er unter der offenen Tür stehenblieb.
    „Rudolf, lieber Rudolf!“
    Sie kam ihm entgegen, zwar nicht so schnell wie in gesunden Tagen, aber doch mit sicheren Schritten, und zog ihn an ihr Herz.
    „Du – kannst – gehen!“ stotterte er, außer sich vor glücklicher Überraschung.
    „Wie du siehst.“
    „Das ist ein Wunder, ein wirkliches Wunder.“
    „Ja. Aber es war auch ein ganz ungewöhnlicher Arzt da. Er hat mir geholfen.“
    „Welcher Arzt?“
    „Das errätst du nicht.“
    „So sage es.“
    „Der – König.“
    „Ist's – auch – wahr?“
    „Ja. Er war erst beim Herrn Pfarrer und sodann sehr lange Zeit bei mir. Er gab mir eine Arznei, durch welche ich sofort den Gebrauch der Glieder wieder erhielt.“
    „Sprichst du im Ernst oder im Scherz? Er, eine Arznei!“
    „Ja, ich kann sie dir noch zeigen.“
    Sie öffnete den Tischkasten und gab ihm ein zusammengefaltetes Papier in die Hand. Er schlug es auseinander und rief, nein, schrie fast überlaut:
    „Ein Tausendmarkschein! Herrgott, wem gehört der?“
    „Dir!“ antwortete sie, indem sie ihn aus freudetrunkenem Gesichte mit mütterlich stolzem Blick betrachtete.
    „Mir?“ fragte er. „Wieso mir? Wer hat ihn gebracht? Der König?“
    „Ja.“
    „Ah! Ein Almosen.“
    Sein Gesicht nahm den Ausdruck der Enttäuschung an.
    „Nein, nein, kein Almosen“, sagte sie. „Du hast dieses Geld verdient.“
    „Aber ohne daß ich es weiß.“
    „Es ist der Preis, welchen du mit deiner Kirchenbauzeichnung errungen hast.“
    Er starrte sie an, wurde abwechselnd bleich und rot und sagte mit bebender Stimme, leise, als ob er sich fürchte, seine eigenen Worte zu hören:
    „Ich – hab – den – ersten –

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