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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verschuldet.“
    „Wieso?“
    „Ich werde es dir erzählen. Komm!“
    Sie hatten bis jetzt die Stelle nicht verlassen, an welcher sie zusammengetroffen waren. Jetzt ergriff Max den Freund beim Arm und zog ihn mit sich fort, in der Richtung nach Steinegg zu. Er begann zu erzählen, und Rudolf hörte seinen Bericht mit geradezu unbeschreiblichen Gefühlen an. Sein Atem stockte und seine Pulse flogen. Was er jetzt hörte, war ja ganz geeignet, seinem Leben eine ganz andere Richtung zu geben.
    Und die Hauptsache war, daß die Ehre seines Vaters wieder hergestellt werden konnte. Er hatte oft unter grimmigen Gefühlen gewünscht, den wirklich Schuldigen zu entdecken. Er hatte es sich innerlich ausgemalt, wie unnachsichtlich er die Strafe über ihn hereinbrechen lassen werde. Zermalmen, vernichten hatte er ihn wollen.
    Und nun? Jetzt kannte er ihn. Jetzt konnte er ihn packen. Er konnte ihm und seiner Tochter sogar den Reichtum, das ganze Vermögen abnehmen. Und doch – empfand er weder Freude noch Genugtuung bei diesem Gedanken. Die Liebe – die Liebe!
    Rudolf ging, als Max geendet hatte, neben dem letzteren her. Er sagte kein Wort. Den Blick zu Boden gerichtet, rang er mit sich selbst. Er kämpfte einen harten Kampf. Es wurde ihm schwer, seine Aufregung zu verbergen. Aber das was das wenigste. Schwieriger war es, zu entscheiden, was er zu tun habe. Er war es dem Andenken seines Vaters, er war es seiner Mutter schuldig, hier Gerechtigkeit walten zu lassen. Doch konnte, durfte er die heimlich Geliebte verderben? Er schüttelte den Kopf und warf ihn nach hinten, als ob er einen Feind abzuschütteln habe. Er konnte nicht entscheiden, ohne vorher mit der Mutter gesprochen zu haben.
    „Was hast du?“ fragte Max, welcher ihn heimlich beobachtete.
    „Was soll ich haben?“
    „Du schweigst, während ich denke, daß du vor Erbitterung überfließen sollst?“
    „Ich? Die ganze Sache geht mich doch gar nichts an!“
    „Eigentlich ja; aber bei deiner Verehrung für Milda kannst du doch nicht gleichgültig bleiben.“
    „Meinst du, daß ich es bin?“
    „Ja. Du sagst kein Wort.“
    „Weil ich überlege. Ich halte die Sache noch gar nicht für so unumstößlich wahr wie du.“
    „Es ist kein Zweifel.“
    „Hast du bereits mit Milda darüber gesprochen?“
    „Nein.“
    „Nun, so warte, bis du ihre Meinung hörst.“
    „Oh, die kenne ich bereits.“
    „Du kannst dich irren.“
    „In Milda niemals. Ich weiß sogar bereits, was sie tun wird.“
    „Ah! Was denn?“
    „Sie wird das Vermögen hergeben.“
    „Das darfst du nicht dulden.“
    „Hältst du mich für einen Schwindler!“
    „Pah! Du weißt ganz genau, daß das nicht der Fall ist.“
    „Nun, wenn ich sie aufmuntere, ihre Pflicht nicht zu tun, so würde ich mich zum Mitschuldigen ihres Vaters machen. Das kann mir nicht einfallen.“
    „Ich habe aber doch die Meinung, daß die Sache ganz anders stehen kann, als du denkst.“
    „Nein. Ich habe bereits in meiner gestrigen Zuschrift an sie eine Äußerung getan, aus welcher sie ersehen kann, was ich von ihr erwarte. Sie mag arm aber ehrlich sein.“
    „Max!“
    „Ja, das verlange ich von ihr. Übrigens sollst du dich gleich überzeugen, daß sie grad so gesinnt ist wie ich. Du gehst natürlich mit zu ihr.“
    Sie waren ganz nahe bei dem Schloß angekommen. Man konnte beide von den Fenstern des letzteren aus sehen.
    „Das tue ich nicht“, sagte Rudolf.
    „Warum nicht?“
    „Es ist zu zeitig, wie ich bereits gesagt habe.“
    „Pah! Wenn sie mich empfängt, kannst du auch mitkommen.“
    „Du bist der Bruder.“
    „Und du mein Freund.“
    „Dich hat sie zu sich bestellt, mich aber nicht.“
    „Komm nur mit. Ich verantworte es.“
    „Du kannst es nicht verantworten. In einer solchen Lage, wie diejenige ist, in welcher sich Fräulein von Alberg befindet, ist man nicht in der Stimmung, früh sechs Uhr gleichgültige Leute zu empfangen.“
    „Gleichgültig! Donnerwetter! Ich muß wirklich fluchen.“
    „Ich störe sie. Später werde ich vorsprechen.“
    Er wendete sich ab. Max hielt ihn am Arm zurück. Dabei fiel sein Blick auf die Fenster des Zimmers, welches die Wohnung Mildas war. Sie standen offen. An dem einen war Milda zu sehen. Sie winkte.
    „Rudolf auch mit?“ rief Max.
    Sie nickte.
    „Na, da hast du es. Also komm!“
    „Ich möchte es doch lieber nicht wagen. Sie hat nur aus Höflichkeit beigestimmt.“
    „Unsinn! Oder willst du mich zwingen, Gewalt anzuwenden und mich mit dir zu

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