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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bescheinigen.“
    „Es sollte mich aber wundern, wenn er sich zu einem Geständnis bewegen ließe.“
    „So! Warum?“
    „Selbst wenn er nicht gerichtlich eingezogen wird, muß doch unbedingt Sandaus Unschuld klargestellt und rehabilitiert werden. Das hat öffentlich zu geschehen. Dadurch aber wird der Baron moralisch und gesellschaftlich tot gemacht.“
    „Das hat er verdient und außerdem noch viel mehr. Seine Tochter wird wohl sein Leben schonen wollen, sonst aber wird sie in vollem Umfang ihre Pflicht tun, ohne danach zu fragen, ob und daß er ihr Vater ist. Wann wir mit ihr zusammentreffen, werden wir ja hören, was sie beschlossen hat.“
    Der alte Wurzelhändler hatte sich doch geirrt, als er gemeint hatte, daß die Baronesse über Prag und Brunn fahren werde. Es war gleich nach ihrer Ankunft in Prag ein Zug der Franz-Josefs-Bahn abgegangen, welchen sie benutzt hatte. Dieser Zug aber traf mit dem Pilsener in Gmünd zusammen.
    Sepp schaute ganz zufälligerweise zum Fenster hinaus und sah sie mit der Frau Bürgermeisterin aussteigen. Sofort war er zum Coupé hinaus und eilte auf die beiden zu.
    „Suchen 'S sich halt ein Coupé?“ fragte er. „Ich hab bereits eins für Sie.“
    „Sepp, du!“ sagte sie staunend. „Was tust du hier in Gmünd?“
    „Ich wart auf Sie.“
    „Weshalb?“
    „Weil ich mit Ihnen zu Ihrem Vatern muß.“
    „Du! Wieso?“
    „Das werd ich Ihnen sagen. Kommen 'S nur herein in den Wagen, sonst versäumen 'S den Zug. Er geht gleich ab. Sie werden auch noch einen finden, der mitfahren tut.“
    Die beiden Frauen waren über die Anwesenheit des Advokaten ebenso erstaunt wie vorher über diejenige des Sepp. Als der Zug sich wieder in Bewegung gesetzt hatte, erzählte der Alte, was sich nach Mildas Abreise ereignet hatte, und nun erklärte die letztere, daß sie ihren Vater nicht schonen könne und nicht schonen wolle. Das einzige, was sie ihm gewähren könne, sei seine persönliche Freiheit.
    Es wurde beschlossen, ohne lange Einleitungen zu handeln und sich vom Bahnhof weg sogleich zu ihm zu begeben.
    Gegen Abend kamen sie in Wien an. Sie nahmen einen Fiaker und fuhren nach der Wohnung des Barons. Die Leute, denen sie begegneten, machten erstaunte Gesichter, als sie den alten Sepp mit zwei feinen Damen und dem sehr anständig gekleideten Advokaten zusammensitzen sahen. Er bemerkte das mit großem Vergnügen. Den alten Hut im Nacken, den Rucksack auf dem Schoß und den Bergstock wie eine Kosakenlanze grad empor haltend, blickte er lustig die Begegnenden an und schnitt ihnen ironische Gesichter.
    Als sie den Palast erreichten, zeigte sich der Portier nicht wenig erstaunt, als er das gnädige Fräulein erkannte.
    „Ist mein Vater daheim?“ fragte sie.
    „Nein.“
    „Wo ist er?“
    „Ausgeritten.“
    „So kehrt er bald zurück?“
    „Ja. Vielleicht in einer halben Stunde.“
    „Sie schweigen in jedem Fall über unsere Ankunft. Wir wollen ihn überraschen.“
    Denselben Befehl erteilte sie auch den übrigen dienstbaren Geistern. Dann ließ sie sich ihr Zimmer aufschließen, um dort die Rückkehr ihres Vaters zu erwarten. Sie benutzte die Zwischenzeit, das ihr von ihrer Mutter bezeichnete Gesang- und Gebetbuch zu holen und zu untersuchen. Das Testament wurde gefunden. Sie zeigte es dem Notar, ebenso auch den Brief, welchen ihre Mutter an sie noch vor ihrem Tod geschrieben hatte.
    Zu derselben Zeit hörte man unten Pferdegetrappel.
    „Bitte, gehen Sie schnell in das Nebenzimmer“, bat sie. „Mein Vater soll mich zunächst ganz allein treffen. Lehnen sie aber die Tür nur an, damit sie hören, was ich mit ihm verhandle.“
    Die drei entfernten sich. Milda stellte sich wartend an den Eingang. Als sie die sporenklirrenden Schritte des Barons, welcher vorübergehen wollte, hörte, machte sie die Tür auf.
    Er prallte bei ihrem Anblick förmlich zurück.
    „Milda, du hier!“ rief er aus.
    „Ja, ich hier!“
    „Alle Teufel! Warum, wozu?“
    „Bitte, einzutreten!“
    Er kam herein. Sie machte hinter ihm die Tür zu und schob sogar den Riegel vor. Er bemerkte das.
    „Was soll das? Warum riegelst du uns ein?“ fragte er.
    „Weil ich nicht überrascht sein will. Wir haben höchst Wichtiges zu besprechen.“
    „Ach so! Ich errate.“
    Ein triumphierendes Lächeln flog über sein Gesicht.
    „Schwerlich!“ antwortete Milda.
    „O doch! Du hast doch eingesehen, daß es besser ist, Hand in Hand mit mir zu handeln, und bist gekommen, mir das zu sagen und mich um Verzeihung zu bitten.

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